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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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und Nephthys flankiert wird. Ich denke, daran sollten wir nichts ändern. Das wäre zu viel Aufwand. Einzig Ramses’ Namenskartuschen müssen entfernt und durch unsere Namen ersetzt sowie die Bilder entsprechend umgeändert werden.« Sie sah zu Amunhotep, der nachdenklich nickte.
    »Und wie hast du dir den zweiten Gang vorgestellt?«
    »Im zweiten Korridor hatten die Steinmetze bereits mit der Arbeit an der rechten Seite begonnen, als Ramses den Bau der Grabanlage stoppen ließ. Er sollte mit Texten aus dem
Buch vom Herausgehen am Tage
geschmückt werden. Das sollten wir ebenfalls fortführen.«
    Sie griff nach einem Papyrus und entrollte ihn. Er zeigte eine genaue Wandabwicklung des Korridors, so wie sie sich die künftige Ausgestaltung vorgestellt hatte.
    Interessiert begutachtete Amunhotep die Zeichnung und nickte anerkennend. »Sehr schön«, meinte er. »Und was ist mit diesen beiden Räumen hier?« Seine Hand wies auf die beiden Kammern am Ende des zweiten absteigenden Gangs.
    »Ich habe mich lange und intensiv mit den Plänen befasst und bin letztlich zu dem Schluss gekommen, dass der Vier-Pfeiler-Saal zwar größer, der seitliche Anbau aber geräumiger ist. Er eignet sich bedeutend besser als Sarkophagkammer, denn es gibt nur zwei Säulen, die weit genug auseinander stehen, um Platz für zwei Särge zu bieten. Da diese Kammer zudem noch nicht dekoriert wurde, plane ich, sie einzig mit Szenen aus unserem Leben auszuschmücken. Es sollen dort all unsere Erlebnisse und Taten niedergeschrieben werden.« Sie entrollte einen weiteren Papyrus, um Amunhotep alles bildlich erklären zu können. »Die dem Eingang gegenüberliegende Wand möchte ich dem Großen Gott Osiris weihen, dem wir unser gemeinsames Glück zu verdanken haben.« Sie griff nach der dritten Rolle, die die Wandabwicklung des Vier-Pfeiler-Saals enthielt. »In dieser Kammer soll nach meinen Vorstellungen all den Göttern gehuldigt werden, die in unserer Grabstätte vonnöten sind. Ich dachte an die göttliche Isis und ihren Sohn Horus, an den Sonnengott Re, natürlich auch an Amun, Anubis und ... aber sieh nur selbst.«
    Während sich Amunhotep eingehend mit den Wand- und Deckenabwicklungen beschäftigte, ließ ihn Meritusir nicht aus den Augen. Würde es ihm gefallen?, fragte sie sich besorgt. Immerhin war es das erste Grab, bei dem sie für die Dekoration verantwortlich zeichnete. Bei der königlichen Grabstätte war sie mehr für die bauliche Umsetzung verantwortlich gewesen, hatte sich aber auch sehr für die Ausgestaltung interessiert.
    »Und was soll im Bereich des begonnenen dritten Ganges geschehen?«, fragte Amunhotep, ohne eine Äußerung zu den Plänen von sich gegeben zu haben.
    »Den Zugang wollte ich durch eine gemauerte Wand verschließen lassen«, erwiderte sie und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, da sie bereits befürchtete, er wäre mit ihren Vorschlägen nicht ganz einverstanden.
    »Ja, so soll es sein«, antwortete er und schenkte ihr ein zufriedenes Lächeln. »Es ist wunderschön, was du dir ausgedacht hast, Meritusir. Es gibt nichts daran zu verändern.«
    Meritusir fiel ein Stein vom Herzen. »Ich hatte schon befürchtet, dass es nicht deinen Vorstellungen entspricht«, gab sie zu, und ein fröhliches Grinsen stahl sich in ihr Gesicht. »Dennoch war ich mir die ganze Zeit sicher, dass es dir gefallen wird, denn wir beide gehören zusammen. Niemals würde der eine etwas tun, was den anderen verletzen würde. Auch wenn uns Jahrtausende voneinander trennen sollten, so werden wir doch immer vereint sein, Amunhotep, sowohl körperlich als auch geistig.« Sie trat auf ihn zu und legte ihm die Arme um den Hals. »Es ist doch so, wie ich sage, oder?«
    »Ja, Meritusir, so ist es. Wir werden auf ewig vereint sein im Reich des Osiris, selbst wenn ich über dreitausend Jahre auf dich warten muss.« Er schlang die Arme um ihre Taille und zog sie zu sich heran. »Doch ich bete, dass ich dich niemals verlieren werde.«

NEUNUNDZWANZIG
     
     
     
     
     
     
     
    Eine Woche später brach der Pharao nach Per-Ramses auf, um endlich auch seine Familie nach all der langen Zeit wieder in die Arme zu schließen.
    Isis war überglücklich, ihn gesund und wohlbehalten wiederzusehen, und auch Ramses’ Nebengemahlin Sitamun fiel ihm freudestrahlend um den Hals, als er sie in ihren Gemächern besuchen kam. Ihr gemeinsamer Sohn war inzwischen sechs Jahre alt und besuchte zusammen mit den anderen königlichen Kindern die Palastschule. Zudem
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