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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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wurde er von seinen Lehrern gelobt, was Ramses mit väterlichem Stolz erfüllte.
    Seine beiden anderen Söhne, die er mit Isis gezeugt hatte, waren nun fast schon Männer. Hori, der Thronfolger, war noch immer ein fleißiger Schüler und hatte für seine fünfzehn Jahre einen immensen Wissensstand, wohingegen sich sein jüngerer Bruder zu einem hervorragenden Soldaten zu entwickeln begann. Wie kein anderer in seinem Alter, führte er Schwert und Bogen und hielt sicher die Zügel des Streitwagens in seiner Hand.
    Einzig Titi, Ramses’ älteste Tochter, bereitete dem Herrscher Sorgen.
    Titi war zu einer wunderschönen, ruhigen Frau von dreizehn Jahren gereift, die die Blicke der jungen Männer auf sich zog, doch ihr Vater hatte beschlossen, sie mit Hori, dem zukünftigen Pharao, zu vermählen. Titi hatte davon nie etwas hören wollen. Sie liebte zwar ihren Bruder, doch auf eine völlig andere Art. Während seiner Abwesenheit hatte Titi ihr Herz an Amuni, den jüngsten Spross von Chaemwaset, verloren und war über beide Ohren in ihn verliebt. Ramses schluckte zunächst, als er davon erfuhr, doch konnte er sich nicht länger beherrschen, als ihm Isis gestand, dass Titi nun schwanger sei. Ein gewaltiger Wutanfall ließ die königlichen Gemächer erzittern.
    »Wie konnte das geschehen?«, brüllte er außer sich vor Zorn, und Isis zuckte merklich zusammen. »Titi war Hori versprochen und sollte ihn heiraten, wenn sie zur Frau gereift ist!«
    »Aber Ramses«, wagte Isis einzuwenden, »sie liebt ihn nicht.«
    »Das ist mir egal. Sie wird lernen, ihn zu lieben. Titi ist aus reinstem Blut. Mit ihr bekäme Amuni bei Weitem höhere Ansprüche auf den Thron der Beiden Länder als unser Sohn. Hast du mal darüber nachgedacht?«
    »Ja, Ramses, das habe ich. Doch du weißt genau, dass das heute nicht mehr zählt. Es gab genug Herrscher, die nicht einmal die Tochter einer Nebenfrau geheiratet haben und trotzdem ihren Anspruch auf die Doppelkrone legitimieren konnten. Denke an Osiris Ramses II. und denke auch an dich selbst. Auch du bist nicht mit einer deiner Schwestern vermählt, sondern mit mir. Und ich bin nur die Tochter einer Nebenfrau unseres Vaters«, erinnerte sie ihn.
    Verärgert knirschte Ramses mit den Zähnen. »Das stimmt zwar. Was aber geschieht, wenn Amuni und Titi auf ihre Rechte bestehen?«
    Isis lächelte fein. »Bis jetzt bist noch du der Herr der Beiden Länder. Du bestimmst, wer dir auf dem Doppelthron nachfolgen wird. Chaemwaset, der deine Schwester zur Gemahlin nahm, hat auch niemals auf dieses Recht gepocht, sondern Vater hat bestimmt, dass du sein Nachfolger wirst. Warum also sollte es nun anders sein?«
    Ramses schien etwas besänftigt, doch so schnell wollte er dieser Heirat nicht zustimmen. Er rief seine Tochter zu sich und machte ihr schwere Vorwürfe.
    Die Prinzessin bot ihrem Vater die Stirn, sodass dessen Zorn erneut aufloderte. Irgendwann sah er dann ein, dass selbst er gegen die Liebe machtlos war, und stimmte der Heirat zu. Das Kind, das seine Tochter unter ihrem Herzen trug, wurde ein Knabe, den sie Cha nannte und dem die Priester bei seiner Geburt eine glorreiche Zukunft voraussagten.
    Nachdem Ramses seine familiären Angelegenheiten geregelt hatte, befasste er sich mit Ramose, doch auch er konnte dem ehemaligen Sehenden des Re keine Mittäterschaft bei dem Anschlag des Priesters Thut nachweisen. Der geflohene Arbeiter war ebenfalls nicht aufgespürt worden, und so gab es als einzigen Zusammenhang zwischen Ramose und Thut, dass sich beide aus dem Re-Tempel kannten. Das allein war jedoch nicht ausreichend, um dem entmachteten Hohepriester den Prozess zu machen.
    Erleichtert zog sich Ramose nach seiner Freilassung auf sein Anwesen vor den Toren von Memphis zurück und vermied tunlichst jeglichen Kontakt zu Sethi.
    Der Prinz war indes auch weiterhin damit beschäftigt, Verbündete um sich zu scharen. Er hatte sich entschieden, in der Stadt des Amun zu bleiben, weit weg vom Königshof im Delta. Er war ein Meister der Täuschung geworden und spielte allen den verliebten Prinzen vor, obwohl eingeweihte Kreise wussten, dass er seiner jungen Gemahlin keinerlei Beachtung zumaß. Sie hatte ihm eine Tochter geboren, für die er genauso viel empfand wie für das Kind einer seiner Dienerinnen. Senehat war todunglücklich über sein Desinteresse, doch mit der Zeit lernte sie damit umzugehen und sonnte sich im Glanz seiner königlichen Abstammung. Sie wurde ein gern gesehener Gast auf allen Festen, wo man ihr
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