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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied
Autoren: Terry Pratchett
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Küchenfeuer angewandt, das ihre kalten Füße wärmte. Rein theoretisch sollte es mit einem großen Feuer und viel Schnee ebenso leicht sein, oder?
    Oder?
    Die Flammen loderten auf. Ihr Vater legte ihr die Hand auf die Schulter, und Tiffany zuckte zusammen. Sie hatte vergessen, wie leise er sein konnte.
    »Was war das mit dem Entscheiden?«, fragte er. Sie hatte auch vergessen, wie gut er hörte.
    »Das ist... eine Hexensache«, antwortete sie und mied seinen Blick. »Wenn dies... nicht klappt, so ist es allein meine Schuld.« Und ich bin schuld daran, dachte sie. Es ist nicht fair, aber niemand hat gesagt, dass es fair sein würde.
    Die Hand ihres Vaters fasste sie am Kinn und drehte ihren Kopf. Wie weich seine Hände sind, dachte Tiffany. Groß und kräftig, aber weich wie die eines Babys, wegen des Fetts in der Schafwolle.
    »Wir hätten dich nicht darum bitten sollen...«, sagte er.
    Doch, hättet ihr, dachte Tiffany. Die Lämmer sterben unter dem schrecklichen Schnee. Und ich hätte sagen sollen: Nein, so gut bin ich noch nicht. Aber die Lämmer sterben unter dem schrecklichen Schnee!
    Es wird andere Lämmer geben, sagten ihre Zweiten Gedanken.
    Aber es werden nicht diese Lämmer sein, nicht wahr?
    Dies sind die Lämmer, die hier und jetzt sterben. Und sie sterben, weil ich meinen Füßen gehorcht und gewagt habe, mit dem Winterschmied zu tanzen.
    »Ich kann es schaffen«, sagte sie.
    Vater Weh hielt das Kinn seiner Tochter fest und blickte ihr in die Augen.
    »Bist du sicher, Jiggit?«, fragte er. So hatte ihre Großmutter sie genannt - Oma Weh, die nie ein Lamm an den schrecklichen Schnee verloren hatte. Er hatte ihn nie zuvor benutzt. Wieso war er jetzt darauf gekommen?
    »Ja!« Tiffany schob die Hand ihres Vaters beiseite und wandte den Blick ab, um nicht in Tränen auszubrechen. »Ich... habe deiner Mutter noch nichts davon gesagt«, begann er ganz langsam, als müssten die Worte sehr sorgfältig gewählt werden, »aber ich kann deinen Bruder nicht finden. Ich glaube, er wollte uns helfen.
    Immerfort Schwindeil hat ihn mit seiner kleinen Schaufel gesehen. Ah... bestimmt geht es ihm gut, aber... bitte halt nach ihm Ausschau, ja? Er hat seine rote Jacke an.«
    Sein völlig ausdrucksloses Gesicht bot einen herzzerreißenden Anblick. Der kleine Willwoll, fast sieben Jahre alt, lief immer den Männern nach, wollte immer einer von ihnen sein, wollte immer helfen. Wie schnell konnte man einen kleinen Jungen übersehen... Es schneite noch immer stark. Die schrecklich falschen Schneeflocken lagen weiß auf den Schultern ihres Vaters. An diese kleinen Dinge erinnert man sich, wenn man plötzlich den Boden unter den Füßen verliert und fällt...
    Es war nicht bloß unfair, es war... grausam.
    Denk an den Hut, den du trägst! Denk an deine Aufgabe! Gleichgewicht! Darauf kommt es an! Bewahre das Gleichgewicht in der Mitte, bewahre das Gleichgewicht...
    Tiffany streckte die tauben Hände dem Feuer entgegen, um sie zu wärmen.
    »Das Feuer darf auf keinen Fall ausgehen«, betonte sie noch einmal.
    »Viele Männer sind unterwegs und holen von überallher Holz«, erwiderte ihr Vater. »Ich habe ihnen gesagt, sie sollen auch die Kohle aus der Schmiede holen. An Brennmaterial wird es uns nicht mangeln, das verspreche ich dir!«
    Die Flammen tanzten und neigten sich Tiffanys Händen entgegen. Der Trick bestand darin... der Trick, der Trick... bestand darin, die Wärme irgendwo bei sich zu verstauen, sie mitzunehmen und... das Gleichgewicht zu halten. Vergiss alles andere!
    »Ich begleite dich...«, begann ihr Vater.
    »Nein!«, rief Tiffany viel zu laut. Sie war außer sich vor Angst. »Achte auf das Feuer! Tu, was ich dir sage!«
    Ich bin jetzt nicht deine Tochter!, schrie es in ihr. Ich bin deine Hexe! Ich beschütze dich\
    Sie drehte sich um, bevor er ihr ins Gesicht sehen konnte, und lief durch die fallenden Schneeflocken den Weg zu den unteren Koppeln hinunter. Der Schnee war zu einem holprigen Pfad festgetreten, und Neuschnee machte ihn glatt. Erschöpfte Männer mit Schaufeln pressten sich rechts und links an die weißen Wände, um ihr nicht im Weg zu sein.
    Sie erreichte die offene Fläche, wo sich andere Schäfer in die Schneewand gruben. Um sie herum fielen weiße Brocken zu Boden.
    »Aufhören! Kehrt um!«, rief Tiffanys Stimme, doch innerlich weinte sie.
    Die Männer gehorchten sofort. Oberhalb des Munds, der diesen Befehl erteilt hatte, saß ein spitzer Hut. Einem spitzen Hut widersprach man nicht.
    Denk an die
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