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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer
Autoren: Gabriel Ferry
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komm zurück! Du allein bist es, den ich liebe!‹«
    Fabian schauderte vor Liebe und Glück, er kniete fromm vor diesem heiligen jungen Mädchen nieder, wie er es vor einer Madonna, die von ihrem Altar herabgestiegen wäre, getan haben würde. In diesem Augenblick verschwand die ganze Welt vor seinen Augen: Bois-Rosé, die Vergangenheit, die Zukunft – alles verschwand wie die Erscheinungen eines Traums beim Erwachen, und er rief mit bebender Stimme: »Dein für immer! Dir gehört mein ganzes Leben!«
    Rosarita stieß einen leichten Schrei aus; Fabian wandte sich um und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Ruhig auf den Lauf seiner langen Büchse gestützt, stand Bois-Rosé zwei Schritt von ihnen und schaute mit einem Blick inniger Zärtlichkeit auf die beiden jungen Leute. Das war die Verwirklichung seines Traums auf der Insel des Rio Gila.
    »O mein Vater!« rief Fabian schmerzlich aus. »Wirst du mir verzeihen, daß ich besiegt worden bin?«
    »Wer wäre nicht besiegt an deiner Stelle, mein vielgeliebter Fabian!« sagte der Kanadier lächelnd.
    »Ich habe meinen Schwur gebrochen, mein Vater«, erwiderte Fabian; »ich hatte dir versprochen, nur dich allein noch zu lieben. Verzeihung! Verzeihung!«
    »Mein Sohn, du bittest da um Verzeihung, wo ich es tun sollte«, sagte Bois-Rosé. »Du bist viel hochherziger gewesen als ich, Fabian. Niemals hat eine Löwin, die ihr Junges den Händen der Jäger entreißt, es mit wilderer Liebe tief in ihre Höhle getragen, als ich dich den Ansiedlungen entrissen habe, um dich in die Steppe mitzunehmen. Ich war dort glücklich, weil sich alle Gefühle meines Herzens in dir vereinigten; ich habe gedacht, du mußt es auch sein. Du hast nicht gemurrt, du hast ohne Zögern die Schätze deiner Jugend, die viel kostbarer sind als die des Val d'Or, geopfert. Ich bin es, der nicht gewollt hat, daß es so geschehe, und ich bin dabei doch nur egoistisch gewesen, anstatt hochherzig zu sein; denn wenn der Gram dich getötet hätte, so wäre ich auch gestorben.«
    »Was willst du damit sagen?« rief Fabian.
    »Was ich damit sagen will, mein Sohn? Wer hat deinen Schlaf lange Nächte hindurch belauscht, um auf deinen Lippen die geheimen Wünsche deines Herzens zu lesen? Ich habe es getan. Wer hat den Mann bis hierher begleiten wollen, den deine Vermittlung mich aus den Händen der Apachen hat retten lassen? Wer hat ihn zu diesem schönen, anmutigen jungen Mädchen gesandt, um zu erfahren, ob in seinem Herzen noch eine Erinnerung an dich lebte? Das habe ich abermals getan, mein Sohn, denn dein Glück ist mir tausendmal teurer als das meinige. Wer hat dich überredet, diese letzte Prüfung zu versuchen? Immer bin ich es gewesen, der ich wußte, daß du dabei unterliegen würdest! Morgen, sagte ich dir, würde ich dein Opfer annehmen; aber Gayferos hatte auch die letzte Seite der geheimen Gedanken in der Seele dieses keuschen Kindes gelesen. Was sprichst du also zu mir von Verzeihung, wenn ich dich doch darum bitten muß?«
    Der Kanadier streckte bei diesen Worten seine Arme gegen Fabian aus, der sich mit heißer Liebe an seine Brust warf. »O mein Vater«, rief er aus, »soviel Glück erschreckt mich, denn noch nie war ein Mensch so glücklich wie ich.«
    »Das Bittere wird auch kommen, wenn es Gottes Wille ist«, sagte der Kanadier feierlich.
    »Aber du – was wird aus dir?« fragte Fabian ängstlich.
    »Deine Entfernung würde für mich der Tropfen Galle in dem vollen Becher meines Glücks sein!«
    »Das wolle Gott nicht, mein Sohn!« rief der Kanadier aus. »Ich kann zwar nicht in den Städten leben; aber liegt denn diese Wohnung, die die deinige sein wird, nicht an der Grenze der Steppe? Habe ich nicht die Unermeßlichkeit rings um mich her? Ich werde mit Pepe ... Hallo, Pepe«, rief der Jäger mit lauter Stimme, »komm her und bestätige mein Versprechen!«
    Pepe und Gayferos näherten sich auf den Ruf des alten Jägers.
    »Ich werde mit Pepe«, fuhr dieser fort, »eine Hütte aus Baumrinde und Stämmen an der Stelle bauen, wo ich dich wiedergefunden habe. Wir werden freilich nicht immer da sein; aber wenn es dir später einfallen sollte, den Namen und die Güter deiner Väter in Spanien wieder in Anspruch zu nehmen oder eines Tages in jenes Tal zu gehen, das du kennst, so wirst du dort immer Freunde finden, die bereit sind, dir bis ans Ende der Welt zu folgen. Nun, Fabian, ich wage es zu hoffen, noch glücklicher als du zu sein, denn ich werde ein doppeltes Glück genießen: das meine ...
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