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Der verbotene Garten

Der verbotene Garten

Titel: Der verbotene Garten
Autoren: Ami McKay
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eingerieben, weil sie überzeugt war, die übelriechende Mixtur würde Kundschaft zu uns locken.
    Bevor Mrs. Wentworth mich fortgeführt hatte, hatte sie noch einen kleinen samtenen Beutel auf Mamas Wahrsagetisch gelegt. Er wurde von einer Kordel zusammengehalten, und sein Inhalt hatte wohlig geklimpert. Es war Mamas Lohn, dafür, dass sie mich gehen ließ, die Anzahlung.
    Wie schwer würde dieser Beutel in meiner Hand wiegen? Waren einige Münzen auf den Boden gefallen, als Mama die Kordel löste? Hatte sie geflucht, weil ein Penny in eine Ritze zwischen den Dielen gerollt war? Hatte sie die Münzen an die Wangen gelegt und ihr Gesicht gekühlt?
    Mit fünf Jahren hatte ich Kohle und Reisig für Mamas winzigen rostigen Ofen gestohlen. Ich hatte auf unserem matschigen, stinkenden Hof eimerweise das Wasser gepumpt, die Kleider anderer Leute saubergerubbelt und zum Trocknen aufgehängt – alles in der Hoffnung, dass ich eines Morgens wach würde und mein Vater wäre zurückgekehrt und Mama hätte sich in die Mutter auf der Rückseite der Waschpulver-schachtel verwandelt: eine Frau mit rundem Gesicht, in einem farbigen Baumwollkleid und einer weißen Schürze darüber. Ihre Augen lächelten unentwegt, immer hatte sie die Lippen geschürzt und drückte ihrem kleinen Mädchen einen Kuss auf den Kopf. Am Saum ihres Rocks stand geschrieben: Mutter, wenn du sie liebst, so halte sie rein.
    Mama hatte sicher eine ganz bestimmte Summe vorgeschwebt, ein Betrag, der ihr angemessen schien – mehr, als sie für meine Stiefel, ihre Schildpattkämme und ihren Anhänger bekommen hatte, genug für die allergrößte Flasche Dr. Godfrey’s, die Mr. Piers in der alten Seemannskiste, hinten auf seinem Karren, gut verschlossen aufbewahrte.
    Wie viel hast du für mich bekommen, Mama? , flüsterte ich in die Dunkelheit.



III
    I ch wurde wach, als Caroline, Mrs. Wentworths Wirtschafterin, einen Krug Wasser in eine Waschschüssel füllte. Als ich mich regte, sah sie zu mir, sagte aber nichts.
    Sie stellte den Krug beiseite und musterte sich in einem Spiegel an der Wand. Das Silber auf dessen Rückseite war schlierig und erodiert und verzerrte das halbe Gesicht – Hals, Mund und Nase. Ein Auge zwinkerte Caroline stählern und klar entgegen, eine Wange rötete sich in der Morgensonne, die durch das winzige Dachfenster schien. Das Baumwolltuch, das Caroline auf dem Kopf trug, war nicht ansatzweise so berückend wie Mamas Seidenschal, doch die winzigen Kornblumen standen ihr gut zu Gesicht, vor allem milderte der Kranz aus blauen Blüten ihre sonst so harsche Erscheinung.
    Caroline war dünnlippig und flachbrüstig, die Arbeit hatte sie vor der Zeit altern lassen: die Hände faltig, die Nägel rissig, der Hals von ungeduldigen Adern überzogen.
    Sie wusch sich das Gesicht und fuhr sich dann mit einem feuchten Schwamm unter die Röcke und zwischen die Beine. Als sie fertig war, nickte sie mir kurz zu. Offenbar war ich nun an der Reihe.
    Â»Danke«, sagte ich lächelnd und hoffte auf eine Erwiderung. Ich wollte Caroline unbedingt für mich gewinnen, denn ganz sicher hatte sie die Befehlsgewalt darüber, wer die Böden schrubbte und das Silber putzte.
    Auf dem Weg zum Waschbecken stellte ich mich vor, aber sie schenkte mir keine Beachtung und beschäftigte sich nachdrücklich mit einem kleinen Riss an ihrem Rocksaum. Als ich sie fragte, wie viele Mädchen noch im Haus arbeiten würden, verdrehte sie nur die Augen und grunzte.
    Â»Madam hat sich mal wieder einen Grünschnabel geholt«, grummelte sie und ging an mir vorbei zu einem großen Schrank.
    Offenbar brachte meine bloße Anwesenheit sie schon aus der Fassung.
    Caroline öffnete die Tür und holte ein Dienstmädchenkleid hervor. Es war praktisch und trotzdem hübsch. Auf der Vorderseite verlief eine Reihe glänzender Knöpfe; Kragen und Manschetten waren aus Spitze. Caroline musterte das Kleidungsstück von allen Seiten und legte es dann auf meine Matratze. Danach ging sie erneut zum Schrank, holte ein Paar Stiefel aus der unteren Schublade und stellte sie vor mein Bett.
    Â»Danke«, sagte ich wieder, mit honigsüßer Stimme, in der Hoffnung, Caroline würde sich endlich überwinden und antworten. Was sie nicht tat.
    Ich zog mir das Kleid über den Kopf und nahm den schwachen Schweißgeruch des Mädchens wahr, das dieses Kleid
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