Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Der verborgene Hof: Roman (German Edition)

Titel: Der verborgene Hof: Roman (German Edition)
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
entlang aus Choybalsans Blickfeld. Der Tavernenwirt lief in der Mitte der Straße an den fliehenden Bürgern vorbei, die zuvor zusammen mit anderen Bewohnern den Mob gebildet hatten.
    Ich deutete mit meinem Finger auf Choybalsan und wünschte mir, die Liliengöttin hätte mir auch die erforderliche Kraft für die auferlegte Verpflichtung gewährt.
    Choybalsan drehte sich mir zu und sah mich an. Selbst aus der Entfernung konnte ich sein Lächeln sehen. Ich hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Meine Kopfhaut begann zu prickeln.
    »Jetzt!«, schrie ich und hastete auf die Straße.
    Licht flammte hinter mir auf, zischend, wie Wasser in kochendem Öl. Ein Donnerschlag folgte, der mich auf die Knie schleuderte. Die kleine hölzerne Glocke drehte sich langsam auf dem Pflaster.
    Hören konnte ich nichts. Licht und Schatten waren in meinen Augen wie eingebrannt. Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Jemand drückte mir etwas in die Hand. Es war der Tavernenwirt. Ich starrte verwirrt auf die Pistole, die er mir gegeben hatte.
    »Ich kann nicht damit umgehen«, sagte er entschuldigend, aber ich konnte ihn kaum hören.
    Der Metallgeschmack kehrte wieder. »Lauf! Er schleudert Blitze auf jeden in meiner Nähe.« Im Augenblick war mein bester Schutz der Umstand, dass Choybalsan noch immer etwas wollte – den Teil der alten Macht des Herzogs, den er noch immer in mir wähnte und den er zum Abschluss seiner Verwandlung benötigte.
    Wie könnte ich das gegen ihn einsetzen?
    Wieder schlug ein Blitz neben mir ein, als der Tavernenwirt das Weite suchte. Dieses Mal hatte ich meine Augen geschlossen und meinen Kopf gesenkt. Mein gesamter Körper fühlte sich an, als glühte er, doch ich war weder geblendet noch stürzte ich zu Boden.
    Als ich wieder aufblickte, rappelte sich der Tavernenwirt gerade auf und stolperte weiter weg. Hautlos stand wieder neben mir und starrte zu Choybalsan hoch. Mutter Eisen trat an meine andere Seite.
    Die Kampfansage war deutlich genug. Holen wir ihn jetzt herunter.
    Ich hob die unhandliche Pistole und zielte auf die Füße des Gottes auf den rauchenden Dachbalken der Stoffbörse. Die Waffe knallte und spuckte, als ich den Abzug drückte. Stein splitterte ein Stück unter ihm aus der Fassade.
    Armselige Zielgenauigkeit. Ich war zu weit weg. Pistolen taugten nicht viel über ein Dutzend Fuß hinaus. Ich warf sie weg.
    Blitze zuckten ununterbrochen um Choybalsan herum. Selbst angesichts dieser gleißenden Gewalt war es zuvor falsch gewesen, von der Stoffbörse wegzurennen. Ich schritt die Straße hinab. Ich würde dem Gott Choybalsan lieber waffenlos und mit erhobenem Haupt entgegentreten, statt zwischen den vernachlässigten Rosenbüschen zu seinen Füßen zu kauern. Die Eskorte von Avataren und Sendlingen wich nicht von meiner Seite.
    Ich sah vom Fuß des Gebäudes einen Armbrustbolzen emporzischen. Es war ein großartiger Schuss. Wäre Choybalsan ein Mensch gewesen, hätte ihn der Bolzen in seinem Fuß zu Fall gebracht. Aber so schmetterte er einen Blitz in den kleinen Garten des angrenzenden Gebäudes, und der Mann, der geschossen hatte, schoss nicht wieder.
    Er hatte mich noch immer nicht niedergestreckt. Ebenso setzte er keine Blitze gegen meine Eskorte ein. Ich stand auf der Straße vor der Stoffbörse inmitten fallen gelassener Waffen, Lachen von Blut, verkohlten Holzes und den Abfällen einer fliehenden Menge. Ich breitete die Arme aus und rief zu ihm empor: »Du möchtest den fehlenden Teil deiner Macht von mir haben! Komm herunter und hole ihn dir!«
    Choybalsan sprang vierzig Fuß herab und landete auf seinen Füßen vor mir. Meine Eskorte war gespannt, bereit, anzugreifen, wenn ich das Zeichen gab.
    Ich wartete noch. Die Blitze hatten aufgehört.
    »Du bist also bereit, den letzten Rest meiner Macht aufzugeben.« Ich konnte noch immer Federo erkennen, doch er war erfüllt mit der überwältigenden Größe des Gottes. Seine Stimme hallte in den Knochen meiner Brust wider, obgleich er für meine Ohren wie ein gewöhnlicher Mann sprach.
    »Du magst versuchen, ihn mir wegzunehmen.«
    »Du musst ihn mir geben.« Seine Stimme wurde tiefer, als ob sie durch Gestein grollte.
    »Nein.« Das war also der strittige Punkt. Er hatte irgendwie gehofft, die Tanzmistress dazu benutzen zu können, mich in seinem Lager dazu zu zwingen. »Ich werde dir den letzten Schlüssel zu deiner Macht niemals geben. Ebenso wenig werde ich dir mein Leben geben.«
    Neben mir zuckte Hautlos. Ich nickte.
    Meine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher