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Toskanische Verführung (German Edition)

Toskanische Verführung (German Edition)

Titel: Toskanische Verführung (German Edition)
Autoren: Franziska Hille
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    Der Taxifahrer, der Flannery von Livorno nach Quercianella brachte, war redselig und neugierig wie ein altes Klatschweib. Flannery fühlte auf der gesamten Fahrt an der Küste des Ligurischen Meers entlang seinen Blick im Rückspiegel auf sich gerichtet, während er redete, fragte, gestikulierte. Nur gelegentlich, so schien es ihr, wanderte sein Blick beiläufig, beinahe gleichgültig auf die Straße, dann klebte er wieder an ihr.
    Flannery gab sich so einsilbig wie möglich und hätte sich am liebsten geohrfeigt, dass sie ihm beim Einsteigen in fließendem, toskanisch gefärbten Italienisch ihr Ziel genannt hatte. Warum hatte sie nicht so getan, als spräche sie nur Englisch? Dann hätte sie jetzt lächeln, nicken, sich hinter ihrer Brille verstecken und die wunderschöne Aussicht auf die Küste und das im Sonnenschein glitzernde, strahlend blaue Wasser genießen können.
    Sie seufzte und klappte ihr Notebook auf. Vielleicht würde das den Taxifahrer davon abhalten, sie weiter ausfragen und auf sie einreden zu wollen.
    Sie liebte die Toskana. Aber wahrscheinlich würde sie neben ihrem Job keine Zeit finden, einen Ausflug nach Florenz zu machen. Kendal Bardsley, der Juniorchef des Auktionshauses Bardsley's & Carrington, für das sie als Freelancerin arbeitete, hatte ihr den Auftrag mit aller Dringlichkeit ans Herz gelegt. Der Kunde hatte es eilig. Und eine komplette, wahrscheinlich über Generationen gewachsene Bibliothek zu sichten und zu begutachten, kostete eine Menge Zeit.
    Della Gherardesca. Sie lächelte. Das war ein klingender Name für jemanden wie sie, die sich für ihre Doktorarbeit mit Dante Alighieri beschäftigte. Alessandro della Gherardesca - ein später Nachfahre des bedauernswerten Grafen Ugolino, dessen grausames Schicksal in Dantes Inferno beschrieben wurde. Sie klickte sich durch die Notizen, die sie über den Auftrag und den Besitzer der Bibliothek auf ihrem Notebook hatte. Alessandro della Gherardesca, letzter Spross eines alten toskanischen Adelshauses, hatte bis vor ein paar Jahren eine Firma für Sicherheitssoftware geleitet. Wie prosaisch! Aber ganz offensichtlich sehr einträglich, denn ein paar Jahre nach dem Börsengang des Unternehmens hatte er sein Unternehmen an einen amerikanischen Konkurrenten verkauft und ergab sich seitdem laut Klatschpresse dem süßen Dolce far niente.
    Sie überflog die Zeitungsartikel, betrachtete das unscharfe Foto, das einen hochgewachsenen, gut gekleideten Italiener mit einer schnittigen Blondine neben einem offenen Sportwagen zeigte, entzifferte die Unterschrift: Software-Graf geht an die Börse .
    »Und? Gefällt es Ihnen in der Toskana?«, drängte sich der aufdringliche Taxifahrer in ihre Gedanken. Flannery warf ihm einen zornigen Blick zu, der an seinem Grinsen wirkungslos abprallte. Er fuhr fort, ohne ihre Antwort abzuwarten: »Kennen Sie Signor della Gherardesca persönlich?« Sein Blick deutete alle möglichen Varianten des ›persönlichen Kennens‹ an, und keine davon war rein geschäftlicher Natur.
    Flannery verneinte kurz angebunden und senkte ihren Blick ostentativ wieder auf ihren Bildschirm. Der Taxifahrer ließ sich davon nicht bremsen: »Er hat einen gewissen Ruf.« Wider Willen blickte sie fragend auf. Der Taxifahrer grinste sie im Rückspiegel an. »Na, Ruf eben. Sie wissen schon.« Er pfiff durch die Zähne und wedelte mit beiden Händen in der Luft herum. »Scharfe Blondinen. Gelegentlich auch mal eine attraktive Rothaarige wie Sie, Signorina. Scusi.« Die Entschuldigung war nicht ernst gemeint. Er hatte ihr zu nahe treten wollen, das zeigte sein Grinsen. »Die englische Mama, Sie verstehen? Der Conte steht nicht auf dunkle Schönheiten.« Er spitzte die Lippen. »Ich stamme selbst aus Quercianella. Jeder aus dem Dorf kennt die unglückliche Familiengeschichte unseres Conte.«
    Flannery seufzte und klappte das Notebook zu. Er war offensichtlich fest entschlossen, sie bis zum Ende der Fahrt zuzutexten. »Signore«, sagte sie mühsam beherrscht, »ich bin nicht daran interessiert, mir Ihren Klatsch anzuhören. Signor della Gherardesca ist ein Kunde meines Arbeitgebers, nichts weiter. Ich bin hier, um seine Bibliothek zu begutachten.«
    »Oh, Bücher«, sagte der Taxifahrer und pfiff wieder durch die Zähne. »Ja, Bücher gibt es dort im Haus. Der Junge meiner Cousine arbeitet hin und wieder für den Grafen, und er hat es erzählt. Viele alte Bücher. Sie stinken.« Er hielt sich illustrierend die Nase zu.
    Flannery schenkte ihm einen,
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