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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis
Autoren: Bernd Ulbrich
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die diesen Arbeiten seinerzeit zugrunde lagen, leider nur oberflächlich. Die Forschungen zu diesem Problem wurden nach der Junirevolution zweitausenddreiundfünfzig nicht weitergeführt. Es erschien philosophisch fragwürdig und praktisch unmöglich, wenn man die damalige Lage betrachtet. Es galt, die Hinterlassenschaft des alten Systems zu bewältigen: Spielereien konnte man sich nicht erlauben.« Troels deutete eine hilflose Geste an. »Vielleicht hielt man die praktischen Konsequenzen für gefährlich.«
»Heißt das, ihr habt auch später nicht den Mut dazu aufgebracht?«
»Wahrscheinlich hat man gut daran getan«, warf Randaik ein, »auf Möglichkeiten zu Reisen in die Zeit zu verzichten. Selbst wenn es gelänge, was für einen praktischen Nutzen hätte ein solches Vorhaben? Die Vergangenheit zu korrigieren? Unverantwortlich. Die Zukunft zu berauben? Unsinn. Künstliche Revolutionen hatten nie Erfolg. Die Zeit muß reifen.« Mit einer Geste übergab er das Wort wieder McLaugham. Er hatte dessen Bericht mit wachsendem Erstaunen verfolgt. Dieser Greis war weder ein Spinner noch ein Verbrecher.
McLaugham schüttelte ungläubig den Kopf, dann, als wälze er jedes Wort im Munde um, sagte er langsam: »Ich hatte geglaubt, es würde eine Zeit kommen, da die Menschen dieser Verantwortung gerecht werden. Damals freilich…« Er starrte auf das Glas. »Ein Wagnis… ein verdammtes Wagnis.«
Er stürzte den Whisky mit einem Ruck hinunter. Sein Blick kehrte aus einem unbekannten Raum zurück, seine Wangen röteten sich, die Stimme wurde kräftiger.
»Die sich damals vorbereitenden politischen Ereignisse ließen die Situation zu ungunsten meiner wenig Erfolg und Gewinn versprechenden Forschungen umschlagen. Angesichts unserer großen Krise vor zweitausendsiebenundvierzig interessierten meine Arbeiten bald niemanden mehr. Kaum jemand glaubte damals an eine Zukunft. Es gab scheinbar keine Alternative. Wie viele andere Kollegen verlor ich meine Erwerbsquelle. Den größten Teil meines Vermögens hatten meine privaten Forschungen verschlungen. Doch im Interesse meiner Arbeit war ich bereit, die größten Entbehrungen auf mich zu nehmen. Mein Projekt war gigantisch: Ich wollte eine Zeitmaschine bauen.«
Randaik hielt den Atem an. Mit welcher Selbstverständlichkeit forderte der alte Mann, daß sie ihm Glauben schenkten! Sollte er sich an einer Idee versucht haben, die so wahnwitzig war wie der Traum vom endlosen Leben?
McLaughams sichere Stimme kämpfte mühelos gegen den fünffachen Zweifel des winzigen Auditoriums.
»Der Zufall sandte mir in der Person des Sir Edward Brooke eine unerwartete Hilfe. Er war der Besitzer von Glamis Castle. Ohne Ansprüche an mich zu stellen, richtete er mir unter den Kellern seines Schlosses ein perfekt ausgestattetes Laboratorium ein. Wie es den Anschein hatte, war er aus Wissenschaftsidealismus der Idee der Zeitmaschine verfallen und bereit, mich bis zu deren Realisierung selbstlos zu unterstützen.« McLaugham lächelte bitter. »Damals war ich froh…
In einer Zeit, da nur wenige Menschen in unserem Land ihr Auskommen hatten, konnte ich sorgenfrei schaffen und war mit allem Lebensnotwendigen für meine Familie und mich versehen. Ich war dankbar und arbeitete verbissen, bestrebt, meinem Gönner einen Erfolg vorzuweisen. In meine Arbeit vergraben, nahm ich nichts mehr von der Welt wahr. Das große Ziel, das ich, innerlich bebend, wie an einem schwachen Faden an mich heranzog, rückte endlich in greifbare Nähe. Ich brauchte nur noch zuzupacken. Im Sommer des Jahres zweitausendundfünfzig war es soweit.« McLaugham holte tief Atem. Sein Blick schien nichts von seiner realen Umgebung wahrzunehmen.
»Wollen Sie behaupten, Sie hätten eine Zeitmaschine gebaut?« rief Gonzales. »Einen Apparat, um in die Zeit zu reisen?«
»Ganz recht, mein Freund.«
»Aber das ist unmöglich!«
»Für den verborgenen Sinn dieser Welt hat das Wort unmöglich keine Gültigkeit.«
»In Ihrem eigenen Interesse«, sagte Lewis, »Sie sollten uns Ihre Behauptung beweisen können.«
»Genügt Ihnen nicht, was Sie heute nacht erlebten?«
»Sie haben keinen Grund, sich Ihres groben Unfugs auch noch zu brüsten«, erwiderte Lewis.
Randaik wollte den Freund mit einem Blick ermahnen, doch es schien keinen Zweck zu haben. »Er hat ein Recht, zu Ende zu reden!«
Lewis ignorierte den Einwand. Er hob belehrend den Finger und sagte: »Laut Paragraph dreitausendeinhundertsiebenundneunzig des Gesetzes zum harmonischen Zusammenleben,
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