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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg
Autoren: Agatha Christie
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ziemlich erregt:
    »Oh, Mr Jessop, haben Sie Nachricht von meinem Mann?«
    Er schüttelte den Kopf und erwiderte liebenswürdig:
    »Es tut mir sehr leid, Mrs Betterton, dass wir Ihnen immer noch nichts Bestimmtes mitteilen können.«
    Olivia Betterton sagte schnell: »Ich weiß, das stand ja auch in Ihrem Brief. Aber ich hab’s zuhause einfach nicht mehr ausgehalten. Immer grübeln und nachdenken und nichts tun können – das ist unerträglich.«
    Der Mann, den sie mit Mr Jessop angeredet hatte, sagte in seiner halb sanften, halb feierlichen Art:
    »Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, Mrs Betterton, wenn ich Sie immer und immer wieder dasselbe frage. Aber vielleicht ist Ihnen nachträglich noch das eine oder andere eingefallen. Sie haben Ihren Mann also am 23. August zum letzten Mal gesehen?«
    »Ja. Das war, als er England verließ, um an einer Konferenz in Paris teilzunehmen.«
    Jessop fuhr rasch fort: »An den beiden ersten Tagen war er auf der Konferenz. Am dritten Tag erschien er nicht mehr. Haben Sie sich darüber gewundert?«
    »Ja, ziemlich«, entgegnete sie, »denn ich dachte, die Konferenz sei ihm sehr wichtig.«
    »Nun also, am Abend dieses Tages kam er nicht in sein Hotel. Wie wir feststellten, kann er nicht über die Grenze gegangen sein, zum Mindesten nicht mit seinem eigenen Pass. Hatte er vielleicht einen zweiten Pass, der auf einen anderen Namen ausgestellt war?«
    Sie schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein, das glaube ich nicht. Nie wäre er freiwillig fortgegangen. Aber vielleicht – vielleicht ist ihm etwas zugestoßen –, oder vielleicht hat er gar sein Gedächtnis verloren und irrt irgendwo umher.«
    »Kam er Ihnen in der letzten Zeit vor seinem Verschwinden besorgt oder bedrückt vor, Mrs Betterton?«
    »Nichts dergleichen«, sagte sie mit bebender Stimme und griff nach ihrem Taschentuch, »das alles ist so schrecklich« – ihre Stimme brach – »er wäre doch nie fortgegangen, ohne mir Lebewohl zu sagen – sicher hat man ihn entführt. Manchmal fürchte ich, dass man ihn umgebracht hat.«
    »Aber liebe Mrs Betterton, dann hätte man doch seine Leiche finden müssen.«
    »Nicht unbedingt. Heutzutage passieren schließlich die schrecklichsten Dinge. Vielleicht hat man ihn getötet und dann ins Wasser geworfen. In Paris ist alles möglich.«
    »Liebe Mrs Betterton, Paris hat eine sehr gute Polizei.«
    Sie nahm das Taschentuch von den Augen und starrte ihn zornig an.
    »Ich weiß genau, was Sie denken. Tom soll Geheimnisse verkauft oder verraten haben. Aber er war kein Kommunist. Er war ein hervorragender Gelehrter.«
    »Das war er. Und vielleicht liegt hier des Rätsels Lösung. Vielleicht hat ihn sein Forschertrieb veranlasst, dieses Land zu verlassen und anderswohin zu gehen.«
    »Es kann aber nicht wahr sein«, rief sie schluchzend, »das behaupten die Zeitungen, und darum werde ich immer wieder ausgefragt. Nie wäre er ohne Abschied von mir gegangen.«
    Jessop erhob sich.
    »Verzeihen Sie, Mrs Betterton, dass wir Sie so quälen müssen. Seien Sie versichert, dass wir alles tun, um über das Schicksal Ihres Mannes etwas zu erfahren. Fast jeden Tag laufen Berichte ein – «
    »Berichte?«, fragte sie schnell. »Was für Berichte?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Nichts von Belang.«
    Dann beugte er sich über einen Streifen Papier, der vor ihm lag.
    »Ihr Mann erhielt kurze Zeit vor seinem Verschwinden den Besuch einer Mrs Speeder aus Amerika. Warum hat sie ihn aufgesucht?«
    »Sie hatte irgendwas mit der UNO zu tun. Sie rief bei uns an und wollte mit uns zu Mittag essen. Aber es kam nicht dazu.«
    »Doch, es kam dazu, aber Sie waren nicht dabei.«
    »Was?«, fragte sie und erstarrte.
    »Am 12. August speiste sie mit Ihrem Mann im Hotel Dorset. Haben Sie seitdem eine Veränderung an ihm bemerkt?«
    »Nein, nicht die geringste.«
    Jessop seufzte. Ein leises Summen ertönte, und Jessop nahm den Hörer ab.
    »Ein Mann?«, fragte er. »Ja, er soll warten.«
    Dann legte er den Hörer wieder auf und wandte sich erneut an Mrs Betterton.
    »Kennen Sie diesen Namen?«, fragte er und hielt ihr den Zettel hin, auf dem er sich soeben den Namen des neuen Besuchers notiert hatte.
    Ihre Augen verrieten, dass sie erschrocken war.
    »Ja, ich kenne ihn. Er hat mir geschrieben.«
    »Wann?«
    »Gestern. Er ist ein Vetter von Toms erster Frau und gerade erst nach England gekommen. Er hat sich sehr aufgeregt über Toms Verschwinden.«
    »Haben Sie nie zuvor von ihm gehört?«
    »Nein. Aber dieser Mann scheint
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