Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin
Autoren: Andrew Britton
Vom Netzwerk:
PROLOG
    Bagdad
    Anita Zaid verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sich wütend in der hohen Halle des Babylon Hotel um. Zum wiederholten Male hoffte sie, das Objekt ihres gerechten Zorns, die glamouröse Starreporterin eines rivalisierenden Fernsehsenders, möge von einem tückischen Tropenfieber niedergestreckt werden. Noch besser wäre es vielleicht, wenn ihre aggressiven Blicke der Konkurrentin einen unbewussten Zweifel einimpften, der ein hoffnungsloses Stottern auslösen würde, sobald sie vor die Kamera trat. Dieser Gedanke hellte ihre Stimmung kurzzeitig auf, doch sie wusste, dass es eine trügerische Hoffnung war. Penelope Marshall, obwohl noch relativ jung, war bekannt dafür, den extremen Druck des Fernsehgeschäfts mit der Routine eines erfahrenen Profis auszuhalten.
    Eigentlich war alles perfekt eingefädelt. Zaid hatte das Glück, über eine optimale Informationsquelle zu verfügen - einer ihrer Cousins arbeitete im Verteidigungsministerium und hatte praktisch überall Zugang. Seine Dienste waren ein hübsches Sümmchen wert, das ihr Arbeitgeber mit Freuden bezahlt hätte, doch sie musste nicht einmal darum bitten. Der Cousin erwartete nur, dass sie ihn gelegentlich in seinem bescheidenen Heim am Stadtrand von Bagdad besuchte, wo sie ein nicht besonders gutes Essen und eine endlose Litanei über die Fehler der Amerikaner vorgesetzt bekam - sehr zum Missfallen der leidgeprüften Frau des Cousins, die das Gejammer zur Genüge
kannte. Der aktuelle Tipp war vor einer knappen Dreiviertelstunde gekommen, und endlich konnte sie einmal sofort reagieren. Sie hatte mit Tim Hoffman, ihrem amerikanischen Kameramann, in einem Café in der Grünen Zone gesessen, vor einem kalt gewordenen Kaffee und zu Tode gelangweilt. Zwanzig Minuten später - und nach ein paar ärgerlichen Kontrollen an diversen Straßensperren - erreichten sie das Jadriya-Viertel mit seinen von Bäumen gesäumten Straßen, wo sich das Babylon Hotel befand.
    Während ihr Blick nach einer Lücke in der zunehmend dichter werdenden Menge suchte, strich sich Zaid das Haar aus dem Gesicht und seufzte frustriert. Seit mittlerweile fünf Jahren arbeitete sie für den in London ansässigen Sender Independent Television, und allmählich fragte sie sich, wie lange sie die Überstunden und die miese Bezahlung noch ertragen würde. Eigentlich war sie prädestiniert für diesen speziellen Korrespondentenposten bei ITV, denn sie war in Mosul aufgewachsen, bevor sie mit siebzehn Jahren nach England gegangen war, wo sie in Cambridge studiert und einen Bachelor of Arts mit Auszeichnung gemacht hatte. Eigentlich war sie zu jung, um ausgebrannt zu sein - sie hatte gerade ihren sechsunddrei ßigsten Geburtstag gefeiert -, doch zugleich bedrängte sie der Gedanke, dass ihr vielleicht anderswo ein besser bezahlter und weniger kräftezehrender Job entging. In den letzten Monaten war der Wunsch nach einer Veränderung stärker geworden, und ein Tag wie dieser war nicht dazu angetan, etwas daran zu ändern.
    Der Ärger hatte sofort nach ihrer Ankunft in dem Hotel begonnen. Der Manager hatte ihnen den Weg versperrt, als er die schwarzen Kästen sah, in denen Hoffmann seine Ausrüstung transportierte, und verlangt, Zaid müsse für »ein Zimmer«
bezahlen, falls sie beabsichtige, in der Halle zu filmen. Tatsächlich war offensichtlich - und wenig überraschend -, was der Mann wollte. Zaid wusste nur zu gut, wie das Leben hier vor der amerikanischen Invasion ausgesehen hatte, als Schmiergelder eher die Regel als die Ausnahme gewesen waren. In den Monaten vor Kriegsbeginn hatte Saddams Informationsministerium westliche Journalisten rigoros kontrolliert, und sie hatte schnell gelernt, sich den Gegebenheiten anzupassen - wenn auch erst nach einigen hitzigen Debatten mit der knauserigen Spesenabteilung von ITV.
    Unglücklicherweise bestand der Manager auf sofortiger Zahlung, doch Zaid hatte nicht genug Bargeld, und während der Zeit, die sie benötigte, um es aufzutreiben, hatte jemand Penny Marshall darüber informiert, welche wichtige Persönlichkeit in dem Hotel erwartet wurde. Sie war der neue Star von CNN, eine blonde Mittzwanzigerin aus Neuseeland, und schaffte es innerhalb von drei Minuten, fertig geschminkt in der Halle aufzutauchen. Dass sie selbst im Babylon Hotel logierte, war reiner Zufall. Ihre Kameramänner - im Gegensatz zu ihr hatte sie zwei, registrierte Zaid neidisch - waren schlecht gekleidet, hatten beide einen Bierbauch und waren ein paar Minuten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher