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Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition)
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
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es eine Besucherschleuse mit einem Körperscanner, in der Firma waren Mobiltelefone verboten, und der E-Mail-Verkehr wurde wirkungsvoll überwacht. Der Verkäufer der Kopie wollte auf keinen Fall mit dem Käufer gesehen werden, als Treffpunkt hatte er eine leerstehende Schule am Rand eines ehemaligen Industriegebiets vorgesehen. Der Verkäufer wusste nicht, wer ich war, das sollte auch so bleiben, Peter würde ihn treffen. Ich behauptete Peter gegenüber, die Operation geschehe mit stillschweigender Billigung von oben.

    Maren, hörst du mich?
    Wenn ich deinen Namen ausspreche, atme ich erst gar nicht und dann falsch.

    Als wir uns dem Ziel näherten, es war früher Abend, fanden wir uns von Nebel eingehüllt. Peter hielt ein paar hundert Meter vor der Zieladresse, und wir stiegen aus. Weiße Flocken wirbelten in der Luft, es roch verbrannt. Ich zerrieb eine der Flocken zwischen den Fingern, eine graue Spur blieb zurück. Jetzt hörten wir auch die Sirenen von Feuerwehrfahrzeugen, offensichtlich war in der Nähe ein Brand ausgebrochen.

    In Dresden, in der Dämmerung, umgeben von dem Aschengestöber, in der Straße mit den heruntergekommenen Backsteinbauten, auf der keine Menschenseele unterwegs war, als ich auf Peter wartete und er nicht zurückkam, habe ich überlegt, ob ich dir die Wahrheit sagen sollte, Maren –

    Nach zwei Stunden, die Nacht war hereingebrochen, rief ich Peter an. Ohne Kennung, falls sein Telefon in andere Hände gelangt sein sollte. Er war nicht erreichbar. Ich versuchte es unablässig, ergebnislos, es musste einen Zwischenfall gegeben haben.

    Nicht nur der Putz bröckelte von den Wänden, Teile der Decke hatten sich gelöst, denen man ausweichen musste, das Schulgebäude war akut einsturzgefährdet. Ich hatte keine Ahnung, wo ich Peter suchen sollte. Im Lehrerzimmer waren die Wände voller Graffiti und die Stühle nicht staubig. Das angrenzende Sekretariat diente als Müllkippe für Bier- und Schnapsflaschen. Als ich die Schulbibliothek betrat, entwich ein Schwarm von Fledermäusen durch die zerbrochenen Fenster nach draußen. In den Klassenzimmern, in die ich mit der Taschenlampe aus dem Auto hineinleuchtete, waren die Tische und Stühle akkurat aufgereiht, jedoch mit einer zentimeterdicken Staub- und Schmutzschicht überfangen. Wer auch immer hier Party machte, er betrat offenbar aus Prinzip kein Klassenzimmer.
    Das Gebäude war von schaudererregenden Geräuschen erfüllt, Mäuse oder Ratten stoben durch die Gänge, Nachtschwalben schossen durch das Treppenhaus, irgendwo strömte Wasser aus einer geplatzten Leitung. Ich hatte nicht bemerkt, dass sich die alte Frau an mich herangeschlichen hatte, die mir plötzlich die Taschenlampe entwendete. Ihre grauen Haare reichten bis zur Taille, das Kleidungsstück, das sie anhatte, sah aus wie ein Sack. Ich erblickte sie nur ganz kurz, denn sie schaltete die Taschenlampe sofort aus, nachdem sie sie in ihre Gewalt gebracht hatte. Ich lauschte, wie sie leichtfüßig davonlief.
    Unmittelbar darauf rief mich Peter an, er sei eingeschlossen. Er beschrieb einen Raum im dritten Stock, den ich rasch fand, mein Telefon spendete mir Licht. Die Tür war verschlossen, kein Schlüssel steckte. Ich wollte Werkzeug aus dem Wagen holen, um das Schloss zu öffnen, aber Peter wies mich durch die Tür hindurch an, auf dem Gang zu suchen, tatsächlich lag der Schlüssel in einer Ecke.
    Erschöpft, aber nicht sichtbar verletzt, saß Peter auf dem Boden, vor einem raumhohen Haufen von Aktenordnern. Er hatte sein Notebook dabeigehabt, um das Programm zu testen, das der Programmierer auf einem Memory stick mitgebracht hatte. Bei zwei einfachen Bildern funktionierte es anstandslos.
    »Als ich ein drittes, komplizierteres Bild analysieren wollte, wurde der Bildschirm plötzlich dunkel. Der Programmierer hat mir das Notebook entrissen und ohne ein Wort aus dem Fenster geworfen. Ich war so überrascht, dass ich gar nicht an Widerstand dachte. Dann stürmte er aus dem Raum, schlug die Tür hinter sich zu und sperrte sie ab.«
    Ich fragte Peter nach dem Geld, wortlos zog er den Umschlag aus seiner Jacke.
    Das war seltsam. Ich wollte wissen, warum ich ihn die ganze Zeit nicht erreichen konnte. Das Telefon habe keinen Empfang gehabt. Erst habe er vergeblich versucht, die Tür einzutreten, dann habe er ein Wandregal demontiert, um mit den Einzelteilen die Tür aufzubrechen, auch das sei ihm nicht gelungen. Schließlich sei ihm der Gedanke gekommen, das Telefon aus dem Fenster zu
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