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Der Überlebende: Roman (German Edition)

Der Überlebende: Roman (German Edition)

Titel: Der Überlebende: Roman (German Edition)
Autoren: Ernst-Wilhelm Händler
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Qualitätssicherung, mit dem Black Belt zum Produktionsleiter. Seine Ängste wichen, er hielt sich nicht mehr für einen Hochstapler wider Willen, der schließlich irgendwann entlarvt werden würde. Als Jugendlicher hatte er ein regelmäßiges Boxtraining absolviert, das nahm er wieder auf.
    Bei Lügendetektortests stellt man am Anfang unverfängliche Fragen, auf die der Getestete gar nicht anders antworten kann als mit der Wahrheit. Ich ging mit Peter die technischen Spezifikationen der Endversion unserer neuen Steuerung durch, dabei gab ich vor, einige nicht präsent zu haben, so dass er sicheres Wissen wiederholen musste. Ich kalibrierte keine Maschine, sondern mich selbst.
    Ich fragte Peter nach Burgi. Sie hatte den Stand des Manuals nicht dokumentiert, das Team wusste nicht, welche Maßnahmen sie schon eingeleitet hatte und welche noch veranlasst werden mussten, um das Manual endgültig fertigzustellen. Sie beantwortete keine E-Mails und rief nicht zurück. Ihr Verhalten gab mir nachträglich recht und ihm unrecht. Er sagte, er habe keinen Kontakt mehr zu Burgi. Er wolle über sie nicht mehr reden. Das Abenteuer ihrer Herzen war weit schneller vorbei gewesen, als er es sich hatte vorstellen können.
    Peter hat fast keinen Bartwuchs, die Poren seiner völlig glatten Gesichtshaut sind unter und über den Augen in kurzen senkrechten Linien angeordnet, neben dem Mund und neben der Nase sowie in der Mitte der Stirn in waagerechten Linien. Jetzt kamen neue Linien dazu, senkrechte, wo vorher nur waagerechte Linien gewesen waren, und waagerechte, wo es zuvor nur senkrechte gegeben hatte.
    Ich fragte Peter, wie oft er von Sondra höre. Philadelphia strapaziere uns mit ständig neuen Auflagen bezüglich der technischen Spezifikationen. Ich fügte hinzu, wenn wir nicht aufpassten, würden wir womöglich mit Sondra das gleiche Problem bekommen wie mit Burgi.
    Das Nichts, das keins war, schüttelte sich in ostentativem Gelächter: Peters Gesicht explodierte. Die Porenlinien gruppierten sich zu konzentrischen und segmentierten Kreisen wie auf einer Dart-Scheibe mit der Nasenwurzel als Mittelpunkt. Sein rechtes Auge schien pupillenlos weiß, sein linkes im Schein der untergehenden Sonne blutunterlaufen. Die roten und weißen Segmente im Zentrum der Dart-Scheibe waren von schwarzen und roten Kreisen umgeben.
    Der führt mich nicht hinters Licht, dachte ich. Der doch nicht! Oh, wie es feixte, das Nichts, in Vorfreude auf das erhoffte Schauspiel.

    »Sie sind an einem Punkt angekommen, an dem Sie entschieden haben: So soll Ihr Leben nicht weitergehen.«
    Das neueröffnete Werk war Gastgeber für eine Tagung des Kandor Clubs. Die Personalabteilungen der Geschäftseinheiten scannen ihre juvenilen Human ressources und filtern besonders vielversprechende Begabungen heraus. Die Mitglieder des Kandor Clubs absolvieren spezielle Fortbildungsprogramme, sie halten Konferenzen ab und werden mit besonderen Aufgaben betraut, die nichts mit ihrer eigentlichen Tätigkeit zu tun haben. Bis auf eine Ausnahme kommen alle Mitglieder des gegenwärtigen Vorstands aus dem Kandor Club. Zwar war Sondra auf der Liste der Tagungsteilnehmer, aber sie befand sich nicht unter den Zuhörenden.
    Der Personalvorstand hielt den Eröffnungsvortrag im großen Salon der nun eingerichteten Jugendstilvilla. Auf der Terrasse davor standen als Dekoration die aus dem Vollen herausgefrästen Karosserien eines Porsche 911 und eines McLaren F1, der McLaren aus gelbem, der Porsche aus lila Kunststoff. Der Hersteller der Fräsmaschinen war ein Pilotkunde für die POWERWOLF W-8 2000.
    »Viele Menschen können nur schwer erklären, warum eine Veränderung für sie sinnvoll ist und was sie als Nächstes tun möchten. Aber es gibt Menschen, die es in allen Situationen fertigbringen zu wissen, was sie wollen, und die das anderen Menschen verständlich machen können.«
    Die Terrassentür ging auf, und Sondra trat ein. Sie hatte ein iPhone zwischen das rechte Ohr und die rechte Schulter geklemmt, in der linken Hand hielt sie ein iPad, auf dem sie mit der rechten tippte. Irritiert hielt der Personalvorstand inne. Er setzte seinen Vortrag erst fort, nachdem sie an ihm vorbeigegangen war und die Sitzreihen erreicht hatte.
    »Wir wollen, dass unsere Pläne sinnvoll sind. Wir möchten einen Weg fortsetzen, den wir eingeschlagen haben, auch wenn der nicht gerade ist. Ohne eine Geschichte, die unserem Leben einen Zusammenhang oder einen Sinn verleiht, fühlen wir uns verloren.«
    Ich
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