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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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drüben gewöhnt, mein Lieber, aber vergiss nie, dass Magyria deine Welt ist. Du bist ein Wolf, Bruder Wolfsprinz, so wie wir alle. Er wohnt in deiner Seele, du kannst ihn nicht loswerden. Du bist ein Wolf und ein Schatten, wenn auch eine andere Art von Schatten, als du bisher gedacht hast. Wir Akinker sind ebenfalls Gestaltwandler, wie die Jaschbiner. Wir gehen durch Wände und durch Dunkelheit, und wir besuchen die Menschen in ihren Träumen. Das ist die wahre Gestalt von Magyria, dein Geburtsrecht. Und jetzt lass uns rübergehen.« Er fasste Mattim am Arm und schob ihn auf die Brücke zu. » Sie warten alle schon auf dich. Ich habe ihnen versprochen, dass ich dich heute mitbringe.«
    » Es gibt keine Pforten mehr«, sagte Mattim, während sie über die Brücke schritten, in dem schwachen Versuch, das Wunder abzuwehren.
    Bela widersprach ihm erneut. » Jeder Traum ist eine Pforte, so war es schon immer. Jede Verwandlung ist eine Pforte, die sich öffnet und hinter dir wieder schließt. Willkommen im wahren, geheilten Magyria, dem uralten Magyria von Mutters Geschichten.«
    Tausende Laternen säumten die Straße. Sämtliche Bewohner Akinks waren da, sie standen am Straßenrand, sie lehnten sich aus den Fenstern.
    » Alles in Ordnung!«, rief Bela gut gelaunt. » Ich habe ihn mitgebracht. Hier ist er wieder.«
    Hochrufe erklangen. Unwillkürlich zog Mattim den Kopf ein. » Das verdiene ich nicht. Mach, dass sie damit aufhören.«
    » Nicht einmal ein Prinz kann dem Volk befehlen, mit dem Jubel aufzuhören. Nicht einmal der König selbst würde das wagen.«
    Bela legte ihm die Arme um die Schultern und zwang ihn weiterzugehen. Der Weg durch die schreiende und klatschende Menge kam Mattim endlos lange vor. Dann endlich hatten sie das Tor zur Burg erreicht und gingen die Treppe empor zum Eingang.
    Die Wächter verbeugten sich. Solta und Wikor öffneten ihnen das Portal.
    » Willkommen zurück, Prinz Mattim«, sagte der Hauptmann ehrerbietig.
    Der Saal war geschmückt und hell erleuchtet. Blumengirlanden rankten sich um die Fensteröffnungen, Laternen und Fackeln beleuchteten die Tanzfläche. Aber Mattim hatte nur die Menschen im Blick, die an der Treppe standen.
    Da war Farank, sein Vater. Da war Elira, seine Mutter. Neben ihr stand ein Greis in einem geschmückten Gewand, in dem Mattim den Hüter der Bilder erkannte. Der Mann wirkte verlegen und versuchte sich unauffällig zu verdrücken, doch Elira hielt ihn fest, und mit einem schüchternen Blinzeln fügte der Alte sich in sein Schicksal. Dann kamen Mirontschek und ein Gefolge der edelsten Jaschbiner, die sich vor dem Herrn ihrer Stadt verneigten. Mária, prinzessinnenhaft gewandet, rang sich ein genervtes Zähnefletschen ab. Und schließlich Mónika. Sie lächelte, während Tränen in ihren Augen schimmerten. Da wusste er, dass sie nach wie vor um Réka trauerte, dass ihre Freude für immer von diesem Schmerz gezeichnet sein würde. Der Mann neben ihr drückte ihre Hand, ein rothaariger Mann in prinzlichen Gewändern, dessen Gesicht Mattim nur von den Porträts kannte. Doch dieses Lächeln war ihm vertraut – er hatte es oft genug in Attilas Gesicht gesehen. Der Junge, der zwischen Wilder und Mónika stand, riss sich los und rannte auf Mattim zu.
    » Du bist da!«, rief er. » Mattim! Hast du Hanna mitgebracht?«
    » Nein«, sagte er verwirrt. » Hanna ist in Budapest, ich hatte gar keine Gelegenheit, sie zu fragen. Ich meine, geht das denn?«
    Bela schlug ihm kräftig auf die Schulter. » Er will wissen, ob das geht! Was meinst du denn, warum ich dich nachts hergeholt habe, während alle normalen Menschen schlafen? Wenn sie träumt, kannst du zu ihr gehen und sie holen. Wo ist das Problem? Sobald wir vollzählig sind, können wir mit der Feier beginnen.«
    » Einen Moment noch. Lass mich meinen Bruder drücken, bevor er wieder verschwindet.« Wilder trat auf Mattim zu und umarmte ihn, dann zerzauste er ihm das Haar. Gleich darauf wurde er ernst. » Atschorek fehlt«, sagte er. » Wir wissen nicht, was aus ihr geworden ist, ob sie gestorben ist oder ob das Licht sie geheilt hat und sie sich nur nicht traut, ans Burgtor zu klopfen.«
    » Das sieht Atschorek ähnlich«, meinte Mattim, » sich einzureden, sie wäre nicht willkommen. Ist sie das denn?«
    » Ja, das ist sie«, bekräftigte Farank, » denn sie ist beileibe nicht die Einzige, die Fehler gemacht hat.«
    Elira zog ihren Jüngsten beiseite. » Auf ein Wort, dann darfst du zu Hanna gehen. Ich muss dir etwas
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