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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
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Chris Deerborn kam in die Küche, während sie sprach, und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich muss wohl eingeschlafen sein.« Er wirkte verstört.
    »Hauptsache, Felix schläft auch.«
    »Seit einer halben Stunde.« Er schenkte den Wein ein und reichte Simon ein Glas.
    »Auf zu Hause.«
    »In Australien haben wir fast die ganze Zeit draußen gegessen. Wir haben am Strand gegrillt. Wir hatten ein Barbecue im Garten. Alle Welt grillt dort – sie sagen ›Barbies‹ dazu, so wie Hannahs grauenhafte Puppen heißen.«
    »Wärst du gerne dort geblieben, Sam?«
    »Irgendwie schon.«
    »Ich nicht«, sagte Hannah. »Ich habe meine Freundinnen vermisst und mein Pony und mein Bett, und Onkel Simon hat mir am allermeisten gefehlt.«
    Sam gab ein lautes Schmatzgeräusch von sich.
    Simon schaute in die Tischrunde und betrachtete alle. Ein reines, außergewöhnliches Glücksgefühl überkam ihn.
    »Verdienst du als Detective Chief Superintendent jetzt viel mehr?«, fragte Sam.
    »Nun, ein bisschen.«
    »Machst du interessantere Sachen? Wichtigere Fälle?«
    »Einige. Obwohl meine wirklich wichtigen Fälle eher im Rahmen der Serious Incident Flying Taskforce sein werden.«
    »Warum?«
    »Wir werden hinzugezogen, gerade weil sie so wichtig sind …«
    »Abgekürzt heißt das SIFT , oder? Das Einsatzkommando für schwerwiegende Fälle. Ich dachte, alles, was ein Polizist macht, ist schwerwiegend.«
    »Das ist es auch.«
    »Dann verstehe ich nicht …«
    »Iss deinen Fisch, Sam.«
    »Liegt es daran, dass sie das Pech hatten, die Fälle nicht lösen zu können, und du ihre letzte Hoffnung bist?«
    »Für gewöhnlich nicht. Es kann sein, dass sie mehr Köpfe brauchen, die sich auf etwas konzentrieren, wenn es sehr knifflig ist. Vielleicht sind ein neutralerer Standpunkt und ein unverbrauchter Blick nötig. Oder mag sein, dass sie uns brauchen, weil ihre eigenen Ressourcen erschöpft sind – es kann alle möglichen Gründe haben. Das Beste für mich an SIFT ist, dass wir draußen agieren und nicht hinter einem Schreibtisch sitzen. Je höher man aufsteigt, desto eher sitzt man den ganzen Tag in seinem Büro wie in der Falle.«
    »In Australien trägt die Polizei Fleecejacken und Baseballmützen.«
    »Hast du deinen Onkel jemals in einer Baseballmütze gesehen, Sam?«
    »Das sähe cool aus.«
    »Ihr redet bloß langweiliges Zeug«, sagte Hannah.
    »Dann geh doch ins Bett. Du solltest nicht mit Erwachsenen beim Essen sitzen, wenn dich ihre Unterhaltung langweilt, du solltest mit ekligen rosa Barbiepuppen spielen.«
    Cat seufzte. Das Gezanke zwischen ihrem Sohn und ihrer Tochter war in Australien schlimmer geworden.
    Sie wandte sich an ihren Bruder. »Haben wir uns gegenseitig auch so gehänselt?«
    »Nein. Ivo hat mich aufgezogen. Ich habe Ivo gepiesackt. Dich nicht.«
    Cat war zweimal bei ihrem Drillingsbruder gewesen, der als
flying doctor
in Australien arbeitete, und war jedes Mal mit dem Gefühl zurückgekommen, dass sie vielleicht gar nicht verwandt waren. Ivo schien von einem anderen Stern zu sein. Er war dreist, stur, rechthaberisch, zäh. Beide Male war sie erleichtert und ein wenig verwirrt gewesen, als sie wieder fuhr.
    »Dad«, sagte sie jetzt, die Gabel am Mund. »Ich vermute, das ist die Antwort. Es sprang mich geradezu an. Ivo ist wie Dad.«
    »Das hätte ich dir vorher sagen können«, meinte Chris.
     
    Nachdem die Kinder zu Bett gegangen waren, entkorkten sie noch eine Flasche, und Mephisto, der Kater, polterte durch die Klappe herein und machte es sich auf Simons Bauch bequem.
    »Hat sich der Bursche hier an die Fremden gewöhnt, die in diesem Haus gewohnt haben?«
    »Offensichtlich ging es ihm rundum gut.«
    »Verräter«, sagte Simon und streichelte ihn. Mephisto schloss halb die Augen. »Wie haben sich die beiden wieder in der Schule eingelebt?«
    »Hannah ist hinmarschiert, als wäre sie nie weg gewesen. Sam fiel es nicht so leicht. Seine Klasse hat sich in verschiedene Gruppen aufgeteilt, daher hat er einige seiner früheren Freunde verloren, und es sind neue Jungs hinzugekommen … aber er wird es schaffen. Jetzt dreht sich ohnehin alles nur um Sport – er war die ganze Zeit, als wir in Sydney waren, kaum zwischen vier Wänden anzutreffen.«
    »Und du?«
    »Oh, ich war drinnen. Chris und ich haben gearbeitet, verstehst du?«
    »Ich meine, die Rückkehr.«
    »Gut. Eigentlich großartig.«
    »Geht so«, sagte Chris. Er war derjenige gewesen, der auf eine Auszeit in Australien gedrängt und auch die
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