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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte
Autoren: Nina Federlein
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Wie viele andere war auch ich lange Zeit auf der Suche nach dem Grund oder dem Auslöser für meine Erkrankung. Beim täglichen „Kampf ums Überleben“ war die Ursache allerdings nicht wichtig. Aber im Rückblick auf die Jahre mit der Essstörung gibt es für mich dieses eine Erlebnis, das ich als den Beginn meiner Krankheit empfinde:
     
     
    Heute ist Montag, also steht kein Reiten an, weil da Ruhetag im Stall ist - aber das macht nichts, Mausi - mein Pony - muss eh noch stehen bleiben, sie hatte vor drei Tagen eine ganz schlimme Kolik und heute kommt der Tierarzt, um sie sich noch einmal anzuschauen.
    Hoffentlich kann ich dann bald wieder auf ihr reiten!
    Im Stall ist es ruhig, wie immer montags, keine Reitschüler und um die Zeit am Nachmittag arbeiten die meisten Erwachsenen noch, also bin ich, außer dem Pferdepfleger, allein.
     
    Der Tierarzt ist noch nicht da, ich geh mit Mausi erst mal raus zum Putzen und striegeln - ich genieße das! Da erzähl ich ihr, was in der Schule so war, wie ich mich mit den anderen gerade so verstehe oder welchen Jungen ich toll finde...
    Sie ist einfach meine engste Vertraute in dem ganzen Freundschafts-Dschungel.
     
    Luisa ist jetzt auch gekommen, sie will ihren Cellini heute nur longieren und geht schon mal in die Halle, als der Tierarzt endlich kommt.
    Ich geh mit Mausi in die Stallgasse, der Tierarzt hört sie ab, nickt recht zufrieden und meint: „Naja, noch ein paar Aufbauspritzen, dann kann sie wieder langsam bewegt werden und fressen darf sie dann ab heute Abend auch wieder. Ab morgen kannst Du dann langsam wieder mit der Reiterei anfangen“.
    Ich halt Mausi gut fest, damit sie bei den Spritzen ruhig bleibt und nach der 5. Spritze ist der Arzt dann endlich fertig.
    Und dann geht alles so schnell und doch auch so unendlich langsam, so unreal wie in einem Film:
    Der Arzt will gerade gehen, da fängt Mausi an mit den Vorderbeinen einzuknicken, rappelt sich wieder auf, stakst ein, zwei Schritte weiter, knickt wieder ein. Dieses Geräusch vom Klappern ihrer Hufeisen auf dem Stallboden, wie Mausi immer wieder wegrutscht, weiterkämpft, wieder wegknickt, das werd ich nie mehr vergessen!
    Dieser Todeskampf scheint ewig zu dauern, irgendwann ist es aber dann doch vorbei - Mausi fällt endgültig in sich zusammen und bleibt liegen.
    Ich sitze neben ihr, ihren Kopf auf meine Beine gebettet und streichel sie - ich habe keine Ahnung was da gerade passiert ist, aber als ein grauer Schleier über ihre Augen zieht und sie aufhört zu blinzeln und zu schnaufen, da weiß ich instinktiv: es ist vorbei und keiner kann sie mehr retten.
     
    Mausi ist tot, gestorben in meinen Armen.
    Meine beste Freundin, meine Vertraute, mein ein und alles... tot.
     
    Was danach passiert krieg ich kaum noch mit - ich weiß noch, wie ich meinen Papa angerufen habe und alles was ich rausbrachte war: Sie ist tot!
     
    Irgendjemand hat mich dann abgeholt, irgendwer hat alles aufgeräumt, irgendwer hat Mausi abgeholt...
     
    Ich bin allein und keiner versteht mich...
     
     

Bis zu diesem Zeitpunkt war mein Leben zwar nicht immer super und einfach verlaufen, aber ich hatte eine echt schöne Kindheit.
    Wir wohnten in einer Siedlung, wo ich eigentlich den ganzen Tag über draußen gespielt habe, mit meinem 4 Jahre älteren Bruder hab ich mich super verstanden. Ich war nie das typische Mädchen, das mit Barbie und Puppen gespielt hat - im Gegenteil, ich war wild, hab fast immer nur mit Jungs draußen rumgetobt, das war mehr mein Ding. Da ich bis zur achten Klasse auf die Waldorfschule ging, gab`s bei uns zu Hause auch kaum Fernsehen, also hab ich mich anderweitig beschäftigt. Ich war eine sehr gute Schülerin, hatte auch später nie wirklich Probleme mit dem Lernen, das ist mir immer leicht gefallen. Mit den Lehrern kam ich super klar, war halt immer ein braves, strebsames Mädchen, fröhlich und selbstbewusst, hab meine Meinung gesagt und bin für Schwächere eingetreten. Ich war also weder so zurückhaltend und unsicher, wie es dann später war, noch unglücklich und emotional gebeutelt wie heute. Das kam mit der Krankheit und begleitet mich bis heute.
    Mit 10 Jahren hab ich dann das Reiten für mich entdeckt und da meine Eltern beide gearbeitet haben, war es meine Oma, die mich täglich betreut, zum Geigenunterricht, zu Freunden und auch in den Stall gefahren hat. Das war meine Leidenschaft, dort war ich gut aufgehoben und auch wenn dort nicht immer alles „Grün“ war, weil dort mit vielen Mädels auf
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