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0604 - Das steinerne Volk

0604 - Das steinerne Volk

Titel: 0604 - Das steinerne Volk
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Die Lakota-Sioux sagen: Das älteste Volk auf dieser Welt waren die Steine.
    Die Dämonen sagen…
    »Zum Teufel, was soll denn das?«
    Nicole Duval hieb mit der Faust gegen das Lenkrad des ’72er Cadillac Eldorado. Es schien tatsächlich zu helfen, denn der Motor, der gerade noch gestottert, gespuckt und sogar völlig ausgesetzt hatte, lief von einem Moment zum anderen wieder rund und gleichmäßig.
    Ein faustgroßer Stein, der auf dem Weg gelegen hatte, wurde vom rechten Vorderreifen weggeschleudert.
    »Braves Auto«, lobte Nicole. »Gaaaanz braves Auto. Schön weiterfahren, ja? Ich liebe dich.« Dabei streichelte sie das Lenkrad an der Stelle, an der eben noch ihre Faust gelandet war.
    Zamorra schmunzelte. »Du sollst mich lieben und nicht diese Blechdose auf Rädern.«
    Prompt setzte der Motor wieder für ein paar Sekunden aus.
    »Das hat er gehört«, tadelte Nicole ihren Lebensgefährten und Chef. »Also halte dich mit deinen eifersüchtigen Äußerungen gefälligst zurück.«
    Der Parapsychologe und Dämonenjäger lachte leise.
    Er genoß die Fahrt durch South Carolinas wildromantische Parklandschaft, selbst das jäh aufgetauchte technische Problem störte ihn nicht. Wenn der Wagen liegenblieb - was sollte es?
    Über CB-Funk war sicher Hilfe herbeizurufen, und außerdem hatten sie alle Zeit der Welt. Außer ihrem gemeinsamen Urlaub war nichts anderes von Bedeutung. Nicht in diesen Tagen.
    Zamorra genoß nicht nur die Fahrt, sondern auch den Anblick seiner Gefährtin. Nicole trug nur eine spiegelnde Sonnenbrille und einen Bikini, der dermaßen knapp geschnitten war, daß man ihn leicht an ihrem herrlichen Luxuskörper übersehen konnte. Dabei war sie nach der erfrischenden Planscherei im Broad River, dem fröhlichen Liebesspiel und dem Picknick erst einmal splitterfasernackt hinters Lenkrad des offenen Wagens geturnt, Zamorra hatte sie dann aber, wenn auch mit beträchtlichem Bedauern, überredet, wenigstens einen winzigen Hauch von Stoff anzulegen. Immerhin mochte es trotz der abgelegenen Strecke, die sie berühren, jemanden geben, der ihnen begegnete und ihre hübsche Nacktheit für unmoralisch und sittenlos hielt.
    Im prüden ländlichen Süden der USA mochte das eine Menge Ärger geben, vor allem, wenn der Anstoßnehmer einen Deputystern am Uniformhemd trug.
    Andererseits… so viel, wie die winzigen bunten Fetzchen von Nicoles sonnengebräunter Haut zeigten, da hätte sie vielleicht doch gleich textilfrei bleiben können…
    »Das ist ungerecht«, protestierte sie. »Du läßt dir die Sonne auf den freien Oberkörper scheinen, und ich muß dieses Dingsbums tragen. Das stört bei diesem Prachtwetter!«
    Mit dem Wetter hatten sie tatsächlich Glück. Nordamerika hat die seltsame Eigenschaft entwickelt, zu jeder Jahreszeit mit jedem vorstellbaren Wetter aufwarten zu können - mit Schneestürmen im Hochsommer, mit brütender und kaum auszuhaltender Hitze zur Weihnachtszeit, und zur Not auch mit beidem, gemischt mit Hochwasser, Trockenheit und Dürre sowie Tornados und Erdbeben. So zumindest konnte es einem schon erscheinen, wenn man die Katastrophenmeldungen der zahlreichen TV-Nachrichtensendungen verfolgte.
    Aber es regnete nicht, es schneite nicht, es gab auch kein Beben und keinen Tornado - nur einen leichten Windhauch bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlicher Hitze.
    Mit zurückgeklapptem Verdeck rollte der ’72er Cadillac über die schmalen Nebenstraßen, fernab des Massenverkehrs auf den großen Highways, wo sich Trucks, Wohnmobile und andere Fahrzeuge stauten oder sich private Rennen lieferten.
    Anfangs hatten sie sich an der nördlichen Ostküste herumgetrieben - und um ein Haar wäre ihr Urlaub zur Katastrophe geworden. Sie hatten doch nur ausspannen wollen, Sehenswürdigkeiten bestaunen, durch Museen -und Boutiquen!
    - schlendern, bei einem Besuch der Harvard-Universität ein paar frühere Kollegen Zamorras wiedersehen, die im Gegensatz zu ihm ihre Lehrtätigkeit noch nicht frustriert aufgegeben hatten.
    Doch dann hatte ein Harvard-Professor, den sie beide nicht kannten - Zamorra war seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr hiergewesen - sie noch vor ihrem geplanten Besuch aufgestöbert und ihnen ein Spukhaus vorgeführt. Professor Derleth hatte Zamorra überredet, sich das Marsten-Haus zusammen mit ihm und ein paar Studenten einmal anzusehen und vorzunehmen. In dieser Villa am Ortsrand von Hidden Place, Connecticut, war es seit dem Verschwinden des Erbauers vor rund 170 Jahren immer wieder
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