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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
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hinterlassen und eine bekommen. Das war gut so. Damit kam sie zurecht.
    Phil hatte vorgeschlagen, sich in diesem Pub im Zentrum von Lafferton mit ihr zu treffen. Sie hatte das Lokal nicht gekannt, doch Elizabeth und Tom hatten einhellig bekundet: »Oh, das ist in Ordnung. Da wirst du dich wohl fühlen.« Und jetzt war sie da.
    »Kommen Sie, wir fahren aus Lafferton raus. Kennen Sie das
Croxley Oak?
Das Essen dort ist gut, daher wird es auch nicht leer sein, aber wir sollten doch wenigstens in der Lage sein, uns denken zu hören.«
    »Soll ich Ihnen hinterherfahren?«
    »Wie? Nein, nein, ich bringe Sie hierher zurück, dann können Sie Ihren Wagen holen.«
    So war es nicht geplant gewesen, aber sie ließ sich von ihm mitreißen, über den Parkplatz, in einen dunklen Peugeot, schnallte sich an, und dann ging es los, aus der Stadt hinaus, auf die Landstraße, irgendwohin. Es war passiert, bevor sie Einwände erheben konnte. Die Landstraße war dunkel. Einmal wurden sie von einem Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit überholt. Dann war die Straße wieder dunkel.
    »Helen, tut mir leid … einfach so mit Ihnen loszustürmen. Was müssen Sie von mir denken? Ich kann überfüllte Lokale nicht ausstehen, aber eigentlich lag es daran, dass einige meiner Schüler dort waren. Ich hatte nicht vor, mich unter ihren Blicken zum ersten Mal mit Ihnen zu treffen.«
    »Nein, das geht schon klar. Wirklich.«
    Der Wagen schien neu zu sein. Roch neu. Sie umklammerte ihre Handtasche. Ihr Handy war sicher darin verstaut. Nach ein paar Minuten blickte sie ihn ganz kurz von der Seite an. Das Foto war ziemlich gut gewesen. Er war nicht so groß, wie sie ihn sich vorgestellt hatte, doch er war auch nicht zu klein. Sie hatte eine krankhafte Abneigung gegen kleine Männer.
    »Was haben Sie heute den ganzen Tag über gemacht?«, fragte er. »Erzählen Sie es mir von Anfang an.«
    Zu ihrer Überraschung kam sie seinem Wunsch nach. Sie rasten durch die Dunkelheit, entfernten sich von der Stadt, von Tom und Elizabeth, von allem, was ihr vertraut war, von dem Lokal, in dem sie den Abend verbringen würde, wie sie ihnen gesagt hatte, und daher schilderte sie ihm ihren Tagesablauf in allen Einzelheiten, um die Angst zu unterdrücken, die sie überkam, wenn sie darüber nachdachte, dass sie in einem schnellen Wagen mit einem Fremden durch die Nacht fuhr.
     
    Im Croxley Oak herrschte die gedämpfte Atmosphäre, die nur wenige gute Landgasthöfe ausstrahlen, freundlich, mit dem angenehmen Summen von Unterhaltung. Helen trank eine Zitronenlimonade, dann ein Glas Weißwein; Phil nahm einen halben Liter Fassbier und ging dann zu Ingwerlimonade über. Und sie redeten. Nach einer knappen Stunde bestellten sie gebackenen Schinken aus eigener Herstellung mit Pommes frites und Salat, und die Kartoffeln waren handgeschnitten, der Schinken in dicken Scheiben, frisch und mager.
    Er erzählte von Schwierigkeiten mit einer Schuldezernentin, mit der man taktvoll umzugehen hatte, und wie sie die Schülerschaft aufbrachte. Auf das Thema waren sie gekommen, weil Helen ihm von einem Kollegen berichtet hatte, der immer außerordentlich gewissenhaft gewesen, neuerdings jedoch träge und nachlässig war und alle in Sorge versetzte, weil es so gar nicht zu ihm passte. Sie erzählte Phil, sie könne sich für Cricket nicht begeistern, obwohl sie sich Tom zuliebe die größte Mühe gegeben habe, als er in der Schülermannschaft war; Phil brachte absolute Unkenntnis über Chormusik zum Ausdruck, als er erfuhr, dass sie Mitglied bei den St.-Michael-Singers war.
    Jetzt, als Philip Russell den Kopf über eine Bemerkung der Schuldezernentin schüttelte, die sie gegenüber einem Schüler hatte fallenlassen, sah Helen ihn über den Tisch hinweg an und hatte das außergewöhnliche Gefühl, ihn schon immer zu kennen. So als wäre er da gewesen, bekannt, vertraut, auch als sie mit Terry verheiratet war und ihre Kinder aufgezogen hatte, als hätte er irgendwie ein Parallelleben geführt, das mit ihrem verwoben war. Das Gefühl verblüffte sie, war jedoch sofort verschwunden und wich der Erkenntnis, dass sie einfach nur den Abend und seine Gesellschaft genoss.
    »Möchten Sie einen Pudding? Kaffee?«
    »Ich hätte gern Tee.«
    »Gut, ich auch. Ist das nicht toll, dass man jetzt in einem Pub Tee bekommt, und niemand stößt sich daran?« Er war schon im Begriff aufzustehen, da fragte er: »Helen, weiß Ihre Familie, wo Sie sind?«
    »Sie wissen, dass ich mich mit Ihnen treffe.«
    Sie war
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