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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
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Wohnung zu Tode gelangweilt hätte, sobald das Neue erst einmal verblasst wäre. Trotzdem, zwei Wochen mehr wären schön gewesen.
    Zuerst einmal ging es um den heutigen Abend. Sie wollte ein thailändisches Hühnergericht mit drei Sorten Gemüse kochen und dazu einen Zitrus-Walnuss-Salat. Brot. Käse aus dem neuen
Just Cheese
im Old Market Square – Laffertons neueste Einkaufszone mit kleinen Läden, die sehr verführerisch und sehr teuer waren. Sie stand auf, um im Rezept nachzusehen, wie lange das Huhn in der Marinade liegen musste, und stellte fest, dass sie vergessen hatte, Walnüsse zu kaufen.
    Das war so etwas, was man tun konnte, wenn man den Tag zu Hause für sich hatte – gemächlich einkaufen gehen und dann noch einmal losziehen, wenn man feststellte, dass man etwas vergessen hatte. Die Wohnung lag nur knapp zehn Autominuten vom Supermarkt an der Bevham Road entfernt. Sie konnte Walnüsse und eine Flasche Wein kaufen. Um halb vier Uhr nachmittags durch den Supermarkt zu schlendern gehörte zu den erfreulichen Dingen an diesen letzten freien Tagen. Zu ihrem Glück.
    Melanie lachte über sich, als sie ihre Handtasche und die Schlüssel an sich nahm. Darüber glücklich zu sein, weil man tagsüber in den Supermarkt fuhr – »Wie krass ist das denn?«, wie ihre kleine Stiefschwester Chloë sagen würde.
    Chloë. Wer hätte gedacht, dass Chloë als Brautjungfer so aussehen würde – die Haare hochgesteckt, schimmernde Haut und ein Lächeln wie ein Honigkuchenpferd. Chloë, die geschworen hatte, lieber zu sterben, als Babyrosa zu tragen, die sich wie ein Engel benommen hatte und offensichtlich zu einer verblüffenden jungen Frau herangewachsen war – wenigstens für den einen Tag.
    Beim Hinausgehen musste Melanie wieder lachen.
     
    Die Straße war ruhig. Die Sonne hatte das Wageninnere unerträglich aufgeheizt, und da Melanie so etwas Schickes wie eine Klimaanlage nicht hatte, machte sie die Fenster und die Tür auf und wartete, bis es kühler war. Dabei sah sie ihn, wie er auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig herumtrödelte, im Schatten. Er blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden, den Kopf von ihr abgewandt.
    Plötzlich fiel ihr ein, dass sie womöglich vergessen hatte, ihre Haustür zweimal abzuschließen. In der Gegend hatte es Einbrüche gegeben, eine ganze Serie, allerdings meist in verlassenen Häusern und Parterrewohnungen. Hatte sie zweimal abgeschlossen?
    Mein Gott, gehörte sie allmählich zu den Frauen, die neunmal zurückgehen mussten, um sicherzustellen, dass sie das Gas abgedreht hatten, und noch dreimal, um zu prüfen, ob das Licht im Bad nicht mehr brannte?
    Nein.
    Sie ließ den Motor an, und als sie wieder hinsah, war der Mann verschwunden.
     
    Im Supermarkt nahm sie eine Lokalzeitung mit, die sie bei einer Tasse Tee im Café lesen wollte. Und da stand es. Sie hatte gar nicht mehr gewusst, dass sie all die Einzelheiten angegeben hatten.
    Das Foto auf der Seite war ziemlich groß, weil es nur noch zwei weitere Hochzeiten gegeben hatte. Man hatte das gewählt, auf dem sie bewundernd zu Craig aufschaute, was Gaynor mit einem »Igitt!« kommentiert hatte. Aber Mel gefiel es. Ihr Kleid war todschick, die silberne Perlenstickerei schimmerte, und die silbernen Federn in ihrem Haar wirkten so echt, wie sie gehofft hatte. Sie hatte noch nie jemanden mit solchen Federn gesehen.
    Schade war das mit den Lilien, die ihr die Blumenhändlerin aufgeschwatzt hatte. Sie sahen groß und steif aus, die Stiele waren zu lang, und Melanie hatte nicht gewusst, wie sie den Strauß halten sollte, nach oben oder nach unten oder wie. Sie wirkten künstlich. Auf dem Bild in der Zeitung sprangen sie einem ins Auge. Ansonsten aber war es schön. Sehr, sehr schön.
    Melanie Calthorpe & Craig Drew
    Die Eheschließung zwischen Melanie, der ältesten Tochter von Neil Calthorpe aus Lafferton und Mrs.Bev Smith aus Lancaster, und Craig, dem jüngsten Sohn von Alan und Jennifer Drew aus Foxbury, fand unter Leitung der Standesbeamtin Carol Latter statt. Die Braut trug ein trägerloses Kleid in weißem Jersey-Crêpe, dessen Oberteil mit Kristallen und silberner Perlenstickerei verziert war, silberne Federn im Haar und hatte einen Strauß Callas in der Hand. Sie wurde begleitet von Gaynor Calthorpe, der Schwester der Braut, Chloë Calthorpe, der Stiefschwester der Braut, und Andrea Stannard, der Freundin der Braut, die burgunderfarbene, schulterfreie Kleider trugen. Ihre Sträußchen waren aus elfenbeinfarbenen
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