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TS 96: Menschen auf fremden Sternen

TS 96: Menschen auf fremden Sternen

Titel: TS 96: Menschen auf fremden Sternen
Autoren: Chad Oliver
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Menschen auf fremden Sternen
    RITE OF PASSAGE
     
    Das Raumschiff trug den Namen Juarez. Von außen sah alles normal aus; aus den Heckdüsen schossen lange Flammen und trieben das Schiff durch das Universum. Die Juarez war hundert Lichtjahre von der Erde entfernt.
    Im Schiffsinnern jedoch war bei weitem nicht alles in Ordnung! Die Juarez war ein Totenschiff. Irgendwo hatte jemand eine Krankheit eingeschleppt, wie und wann ließ sich nicht mehr feststellen. Es spielte auch keine Rolle mehr, denn von der vierundfünfzig Mann zählenden Besatzung waren nur noch wenige am Leben – und diese wenigen waren auch schon vom Tode gezeichnet.
    Martin Ashley wischte sich den kalten Schweiß von den Händen und reichte Doc Slonsky ein Glas Wasser. Slonsky kontrollierte seine zitternden Hände, bevor er das Glas ergriff. Dann schleuderte er es mit großer Anstrengung gegen die Wand und lachte bitter auf.
    „Ein Sterbender bittet um einen Drink, und du bringst ihm Wasser“, sagte er verächtlich. „Gib mir einen Drink, Martin! Anders kann ich es nicht mehr ertragen.“ Dicke Schweißtropfen standen auf Doc Slonskys Stirn. „Einen Drink, Martin!“ bat er flehentlich.
    Martin Ashley taumelte durch die Kabine an zwei Betten vorbei, auf denen zwei zugedeckte Gestalten lagen. Er ergriff die halbausgeleerte Flasche und ging wieder zurück. Schaden konnte der Alkohol jedenfalls nicht mehr anrichten.
    Slonsky trank sein Glas leer und richtete sich etwas auf. „Hast du nichts Besseres? Du gibst einem Sterbenden Bourbon?“
    „Sie sterben nicht, Doc“, murmelte Martin. „Unkraut vergeht nicht.“
    „Unsinn!“ Slonsky warf das Glas auf den Boden und packte die Flasche. „Es sind schon ganz andere Männer gestorben. Wo sind Hannibal, Cäsar und all die großen Gestalten der Weltgeschichte?“ Er nahm einen großen Schluck und fiel keuchend zurück.
    „Sie schaffen es, Doc“, sagte Martin gegen seine Überzeugung. „Sie kommen durch, Doc, das weiß ich genau.“
    „Martin.“
    Ashley blickte weg, denn er konnte die Augen des Sterbenden nicht ertragen. Er hörte nur das Keuchen Slonskys.
    Jetzt atmete er ruhiger, und Martin Ashley konnte ihm die Flasche abnehmen. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Doc?“
    „Nein. Aber Gallen hat eine Chance. Er hat die Krise überwunden. Du scheinst immun zu sein. Wahrscheinlich liegt es an dem wilden Leben, das du geführt hast. Ich war auch kein Engel, aber mir hat es nichts genutzt. Chavez lebt ebenfalls. Ihr seid drei, Martin. Du mußt alle anderen hinausbefördern – mich auch.“ .
    „Hören Sie, Doc …“
    „Gib mir noch einen Drink, Martin.“
    Ashley reichte ihm die Flasche, doch Slonsky konnte sie nicht mehr halten. Er blickte plötzlich starr zur Decke – mit weit aufgerissenen Augen, die nichts mehr sahen.
    Martin zog das Laken über das Gesicht des Toten und seufzte. Er trank die Flasche leer und ging leise davon. Er empfand weder Angst noch Mitleid; dazu hatte er schon zu viele Kameraden sterben sehen. Er sah sich auch nicht vor und trank aus derselben Flasche, aus der der Sterbende den letzten Schluck genommen hatte. Der Alkohol brannte in seinem Magen, wärmte ihn aber nicht.
    Auf dem Gang blieb er ein paar Minuten stehen. Er lauschte auf die gleichmäßigen Maschinengeräusche. Die Maschinen funktionierten, denn ihnen bedeutete der Tod nichts. Ashley ging ziellos weiter. Ein Instinkt leitete ihn. Wie schon so oft, ging er zu Carol. Nun ging er zu ihr, weil er Trost brauchte.
    Sie lag bleich auf dem Bett, ein Arm hing über die Bettkante und schwankte im Rhythmus der pulsierenden Maschinen. Carol hielt die Augen geschlossen, atmete aber noch schwach.
    Martin Ashley starrte das vertraute Gesicht an. Er erinnerte sich an die langen Gespräche mit ihr, an ihr Lachen, an ihre blauen Augen. Carol war nicht nur eine gute Navigatorin, sondern auch ein außergewöhnlich reizvolles Mädchen. Martin hatte sie nur einmal geküßt und es danach nie wieder versucht. Carol hatte ihren Mann verloren und nie wieder enge Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen.
    Es war zu einer engen Freundschaft gekommen, sie hatten weitgehend übereinstimmende Ansichten. Sie hatten sich gegenseitig beigestanden, lange Gespräche geführt und doch immer genau gewußt, daß sie sich eines Tages aus den Augen verlieren würden. Martin Ashley hatte die Hoffnung nie ganz aufgegeben, obwohl sie ihn nie ermunterte. Jetzt mußte er jedoch alle Hoffnung fahren lassen.
    Er konnte ihren Anblick
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