Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
meine.«
    »Wenn du von mir wissen willst, ob du ein sonderbarer Einzelgänger bist, der sich wahrscheinlich in einen Wahnsinnigen mit einer Waffe oder einen Serienmörder verwandeln wird, dann nein. Nein, natürlich bist du das nicht. Oder ein verrückter Einsiedler oder einer von denen, die auf der Straße Selbstgespräche führen. Nein.«
    Sie meinte es ernst. Sie hatte seine Frage nicht auf die leichte Schulter genommen.
    »Macht dir das wirklich zu schaffen, oder sind es nur die Nachwirkungen dieser Waffengeschichte?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er wahrheitsgemäß.
    »Wenn es Letzteres ist, überrascht es mich nicht. Wenn du dir echt Sorgen machst … Hör zu, versteh mich nicht falsch, Bruderherz, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Richtige bin, mit der du darüber sprechen solltest.«
    »Du meinst, ich sollte einen Seelenklempner aufsuchen?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »War auch nicht nötig.«
    »Lass es. Das halt ich nicht aus.«
    »Entschuldige.«
    »Du hast gefragt. Es war ein schlimmer Abend. Helen Creedy hat mich angerufen.«
    »Was hat die sich denn dabei gedacht?«
    »Das von Chris wusste sie nicht. Nicht alle wissen es. Warum auch? Ich musste ihr zuhören, ich konnte es ihr nicht sagen, aber ich bin ziemlich ausgelaugt. Ihr Sohn Tom hat sich umgebracht.« Cat hielt inne, schluckte schwer und sagte dann: »Jedenfalls – wenn es dir keine Probleme macht, dann ist es in Ordnung. Falls doch, tu etwas dagegen. Das ist ein guter Rat in ziemlich vielen Dingen, angefangen von Warzen an der Nase bis hin zur Vorliebe für deine eigene Gesellschaft. Mach das Beste aus deiner freien Zeit.«

[home]
    Neunundsiebzig
    D ie Fahrt nach North Wales lief auf den ersten siebzig Kilometern glatt, doch dann geriet Simon in eine Reihe von Staus, und schließlich machte ein Unfall eine lange Umleitung erforderlich. Er schaltete das Autoradio von einem Sender zum nächsten, bis er Nachrichten fand, hörte in einen langen Bericht über Polizeikorruption hinein und schaltete um auf Mozart. Es war dunkel und nass, und nach einer halben Stunde erfuhr er aus einem Wetterbericht, dass die Gegend, in die er wollte, voraussichtlich mehr Regen als sonst zu erwarten hätte, mit Stürmen und der Wahrscheinlichkeit von Erdrutschen.
    Er bog bei einer Tankstelle ab, zu der ein trostloses Café gehörte, trank einen anständigen Kaffee, biss in ein ekelhaftes Sandwich und hatte plötzlich ein Bild von sich selbst vor Augen, wie er allein an diesem Plastiktisch vor knautschigen Ketchupflaschen saß. Die Fenster waren beschlagen, doch das Wetter draußen wurde noch schlimmer.
    Er trank aus, ließ das angebissene Sandwich liegen und lief in den Regen hinaus. Sein Plan war der reine Wahnsinn: Er müsste einen Teil der Strecke zurückfahren und wahrscheinlich irgendwo übernachten. Das war ihm einerlei.
    Schön, dachte er. Es ist das Richtige.
    Er legte eine CD von Bruce Springsteen ein, fuhr vom Vorplatz und bog auf die Straße.
    Er hielt noch einmal an, und dann, eine Stunde später, fand er ein großes Haus einer Hotelkette an der Autobahn. Es war hell, warm und trocken, er bekam ein sauberes Zimmer, zwei große Whisky und ein gutes Steak, bevor er die Nummer des Bauernhauses wählte.
    »Hi, ich bin’s.«
    »Wo bist du? Ich hoffe, du bist nicht nach North Wales gefahren, die Wettervorhersage ist richtig schlecht.«
    »Ich habe sie gehört und bin deshalb umgekehrt.«
    Sie klang erleichtert. »Was willst du tun?«
    »Vielleicht schlage ich den Weg nach London ein.«
    »Besser als die Waliser Berge.«
    »Vielleicht fahre ich stattdessen auch quer durchs Land.«
    »Schön.« Sie hütete sich, Fragen zu stellen.
    »Wie geht es dir?«
    »Oh, das weißt du. Um Sam mache ich mir Sorgen … Er hat einen langen Spaziergang mit Dad gemacht und offenbar kein Wort gesagt. Kein einziges. Judith hat mit Hannah Brettspiele gespielt. Ich fühle mich wie zerschlagen, aber ich kann nicht schlafen. Normal. Das ist normal.«
    »Ich bin am Dienstag wieder da. Vielleicht wird Sambo mit mir reden … Ich könnte ihn irgendwohin mitnehmen. Ich werde darüber nachdenken.«
     
    Er schlief besser als in den letzten Nächten, trotz des Verkehrs in nächster Nähe und der weichen Matratze, wurde um sechs Uhr wach und war nach einer halben Stunde unterwegs. Frühstücken würde er später.
    Er schaltete das Radio ein. Wieder aus. Der Himmel wurde hellgrau wie eine Möwe, doch der Regen hatte aufgehört. Die Straßen waren frei und gerade, das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher