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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
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ihr lassen, dafür, dass sie so alt ist, hat sie Wunder vollbracht, diese Camilla.«
    »Oh, schau nur!«
    »Ich weiß nicht, die Farbe.«
    »Oh, ich mag das helle Meergrün.«
    »Mir gefallen diese Federdinger auf dem Kopf – die sind zu ihrem Markenzeichen geworden.«
    »Ich finde einen Mann im Cut toll.«
    »Sieh nur, seine Krawatte passt dazu, dasselbe Grün.«
    »Sie schauen hier herüber, zu uns!«
    »Wink, Janet,
wink!
«
    »So«, murmelte der Leiter von Sondereinheit zwei vor sich hin, »jetzt zeig dich, wenn du es wagst.« Die Beamten standen unter Hochspannung.
    Der Prinz und die Herzogin gingen ruhig lächelnd den Weg zur Ostseite hinauf und stellten sich neben den Dean.
    Zehn Minuten später schwebten die Brautjungfern in Sicht.
    »Oh. Vier große.«
    »Weißer Samt!«
    »Ich mag kleine Brautjungfern, ich hoffe, sie hat ein paar kleine.«
    Zwei weitere Wagen. Sechs kleine Mädchen. Sechs Pagen. Samt. Seide. Weiße Blumen. Weiße Bänder.
    Ringsum waren unsichtbare Gewehre ausgerichtet, Augen suchten die Menge und jeden Quadratzentimeter des Gebäudes ab. Kleine Kinder schritten verlegen über den langen Pfad.
     
    Die bewaffnete Sondereinheit fuhr mit voller Besetzung aus der Cathedral Lane, als man der Braut, prächtig in Weiß und Silber, Tüll und Diamanten, mit einer fünf Meter langen Schleppe, übersät mit weißen Rosen, mit außerordentlicher Sorgfalt aus ihrem Wagen half.
    »Jetzt hilft nur noch beten«, murmelte Houlish in sein Mikro.

[home]
    Fünfundsiebzig
    I n einer Zeitung hatte ein langer Artikel über Menschen wie ihn gestanden, eine Expertin hatte ein Profil erstellt, immerhin eine Professorin. Er hatte es mit großem Interesse und wachsender Belustigung gelesen.
    »Im Kopf des Schützen von Lafferton.« Er hatte es gelesen, um etwas über sich herauszufinden, denn diese Frau kannte ihn offenbar besser als sonst jemand. Sie wusste, wie er tickte, wie seine Gedanken und Gefühle aussahen, warum er so handelte, wie seine Kindheit gewesen war, sein Vater, seine Mutter, wie er aufgewachsen war. Vor allem wusste sie über die Frauen Bescheid, mit denen er zusammen gewesen war. Alles, jede Kleinigkeit. Er las es ein Dutzend Mal.
    Sie hatte recht. Und sie lag hoffnungslos daneben.
    Er habe einen Vater und eine Mutter. Ja, Ma’am. Er habe eine unglückliche, einsame Kindheit gehabt. Nein.
    Der einzige Sohn. Ja.
    Auch keine Schwestern. Das stimmte nicht.
    Waffen faszinierten ihn, ihm gefielen Filme, in denen geschossen wurde, Western, er lese Bücher über Männer, die an Schulen und Colleges Amok gelaufen waren. Teilweise. Sie irrte sich, was die Bücher anging.
    Er habe bei der Armee gedient und bewaffnete Kämpfe erlebt, wahrscheinlich im Golfkrieg. Wieder falsch, Ma’am.
    Er sei wahrscheinlich unverheiratet, nach einer qualvollen Scheidung. Falsch.
    Er hasse Frauen. Falsch.
    Eine Frau habe ihn verlassen. Richtig.
    Er habe nie mit einer Frau eine erfüllende sexuelle Beziehung ausleben können. Er hatte angefangen zu lachen.
    Er lebe in einem akribisch sauberen und aufgeräumten Haus und plane jedes Detail seines Lebens sowie seiner Verbrechen mit äußerster Sorgfalt. Haargenau.
    Er habe Wut im Bauch. Stimmt.
    Er finde Gefallen am Töten. Je mehr Menschen er umbringe, desto glücklicher werde er, habe er festgestellt.
    An diesem Punkt hatte er die Zeitung gesenkt, denn das, was er las, bereitete ihm Sorgen. Sie hatte die dünnste, aber spitzeste Nadel direkt an die richtige Stelle gesetzt, diese Expertin, diese Profilerin, die so vieles missverstanden und dann wieder ins Schwarze getroffen hatte. Er saß auf einem Stuhl am Fenster und schaute hinaus ins Nichts – Dunkelheit, das Außenlicht des Nachbarn –, nichts, was für ihn von Interesse gewesen wäre, denn das war in seinem Kopf.
    »Er findet Gefallen am Töten«, schrieb sie. »Dieser Mann begann mit einem Mord, und es eskalierte, und vielleicht macht er sich jetzt Sorgen, dass er abhängig vom Töten ist. Niemand, der süchtig wird – ob nach Alkohol, Drogen, Zigaretten, Misshandlung des Partners –, niemand hat auf Dauer Spaß daran. Vielleicht war es zu Anfang gut, aber jetzt ist es das nicht mehr. Jetzt ist es eine Anstrengung und Belastung, etwas, dem er nicht Einhalt gebieten kann, von dem er nicht loskommt, doch im Grunde seines Herzens verabscheut er es und sich selbst noch mehr. Er will damit nicht weitermachen. Jedes Mal sagt er sich, diesmal ist das letzte Mal, das allerletzte, er wird es bleibenlassen, hat genug
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