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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen
Autoren: Susan Hill
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Lieferwagen sitzen und sich aus dem Staub machen. In zwanzig Minuten am Flugplatz. Keine Geschwindigkeitsbegrenzung überschreiten.
    JOY ’S BLUMENLADEN .
    Auf dieser Seite war niemand unterwegs. Gelegentlich hallte eine Stimme herüber. »Hilf mir!«
    »Wie viele Tische noch?« Plötzlicher Jubel.
    Er saß ganz ruhig da. Der Schwimmer hüpfte auf dem Wasser. Die Sonne schien hell. Er fragte sich, ob er mit dem Angeln anfangen sollte. Danach. Wenn es vorbei war. Es war beinahe vorbei.
     
    Vor der Kathedrale vernahm die Menge hin und wieder ein paar Orgeltöne, das Auf und Ab der Kirchenlieder. Die bewaffneten Beamten entspannten sich nicht, doch die Musik war angenehm, sowenig sie auch davon mitbekamen. Eine Brise fuhr durch die Bäume entlang des Pfades zum Ostportal und ließ ein paar späte Blätter herabregnen. Ein Eichhörnchen sprang von Ast zu Ast.
    »Was meinst du, wie viel so ein Hochzeitskleid kostet?«, fragte eine der Frauen.
    »Designerkleid.«
    »O ja. Tausende. Zehntausend?«
    »Locker. Und der Rest.«
    »Für zehntausend Pfund könnte man eine ganze Hochzeit ausrichten.«
    Jemand reichte eine Tüte Pfefferminzbonbons herum. Bot der Polizistin eins an, die versucht schien. Den Kopf schüttelte. Lächelte.
    »Sie werden froh sein, wenn alle weg sind.«
    Sie nickte.
     
    Nur die eine.
    Er hatte es sich gesagt, und er würde Wort halten.
    Er beobachtete genau. Viele Menschen waren noch drinnen, doch mit der Zeit zog es sie an die Stände auf dem Rasen hinaus, der sich bis an den Fluss hinunterzog, hier ein paar, ein halbes Dutzend dort. Die Bräute waren leicht von den Müttern und Schwiegermüttern und Schwestern zu unterscheiden. Fast keine Männer, bis auf die Standbesitzer. Keine Männersache, so eine Hochzeitsmesse, das machte es leichter.
    Welche er auswählte, hing von der exakten Zeitplanung ab, der perfekten Position. Glück. Oder Pech, je nach Standpunkt.
    Und dann, als sich der Rasen füllte, sah er sie.
    Sie trug cremefarbene Jeans, ein knappes Oberteil, ihre Haare waren hochgesteckt, und ihm wurde übel. Georgina. Er suchte nach Alison, doch Georgina war allein.
    Dann trat ihre Mutter, ihre und Alisons Mutter, zu ihr.
    Georgie würde heiraten? Wen, wann, wo? Die Worte überschlugen sich in seinem Kopf, und er verdrängte sie, denn er brauchte keine Fragen, er musste sich konzentrieren, und es gelang ihm nicht. Er fühlte sich anders. Bisher hatte er immer eisige Ruhe empfunden. Eisig. Ruhig. Konzentriert.
    Doch irgendetwas zersplitterte in ihm, und Wut, Wut vermischt mit dem schrecklichen Gefühl des Verrats und der Zurückweisung, überkam ihn, und er war nicht mehr eisig, ruhig, konzentriert, er war ein unkontrollierbares Durcheinander aus Empfindungen. Seine Hände zitterten. Er hatte das Jagdgewehr mitgebracht, doch die Heckler & Koch war auch in seiner Tasche. Er legte das Jagdgewehr beiseite. Seine Hände zitterten nach wie vor, denn er versuchte, schnell zu sein, aber mehr noch, weil er wusste, dass er die Beherrschung verlor, er war wütend, er würde sich nicht mehr an seinen Plan halten. Wie konnte er jetzt noch nach Plan vorgehen? Pläne spielten keine Rolle mehr.
    Er zog das G 36 heraus, schaute, sah Georgina und ihre Mutter bei einer jungen Frau, die einen Haufen Blumen ausgestellt hatte. Sie redeten mit ihr. Da waren auch andere. Andere Mädchen. Andere Mütter. Andere Frauen. Sogar Alison war vielleicht irgendwo. Er atmete einmal tief durch und rannte los, die Waffe in korrekter Haltung, direkt unter der Nase, nah, fest, nicht wie ein Amateurbubi. Er war kein Amateur. Er wusste, was er tat. Er rannte über die Brücke auf die Rasenfläche zu. Schweigend. Jeden Augenblick würde er anfangen, Georgie anzuschreien. Zuerst schießen, dann schreien, zuerst schießen … nicht umgekehrt, nicht, was er tun sollte.
    Schießen. Schießen. Er sah, wie Georgina sich umdrehte. Ihr Gesicht. Entsetzt. Ungläubig. Sie hob die Hände. Ihr Mund stand offen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Jetzt hatte er alle Zeit der Welt. Sie schauten alle zu, sie sahen ihn alle, obwohl nicht alle wussten, was passieren würde, sie wirkten verstört. Jemand lachte sogar.
    Schießen und schreien.
    Er schoss. Es ging irgendwohin.
    Schreie. Schreie, die nicht von ihm kamen, obwohl es Wörter waren, die er oft genug benutzt hatte.
    »Lassen Sie die Waffe fallen, lassen Sie die Waffe fallen. Runter mit der Waffe. Heben Sie die Hände über den Kopf. Heben Sie …«
    Der Rasen, der Kiesbereich davor und die
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