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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel
Autoren: Eva Bellin
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›Tourismus-Börse‹.
    Britta sorgte dort am Stand der ›British Airways‹ als Hosteß bei den meist männlichen Kunden für den entscheidenden, das Interesse an just dieser Fluggesellschaft beflügelnden Hormonstoß.
    Jetzt lächelte sie ihn an. Dieses Lächeln war jede Reise wert. Schon alle Tage die aus Rendsburg. Richard liebte das Grandhotel. Es war genauso, wie er sich Hotels vorgestellt hatte, als er überhaupt nicht in der Lage gewesen war, eins zu betreten, geschweige denn eins der Luxusappartements zu mieten – für Summen, die ihm auch heute
    noch eine leichte Gänsehaut verursachten.
    Wenn man nicht aus erstklassigen Verhältnissen kam, mochte man
    vieles blendend überspielen, sich an anderes gewöhnen, doch ganz tief in seinem Inneren vergaß man nie, daß im Elternhaus beim
    Verlassen der Stube jedesmal die Lampe über dem Eßtisch mit der Fünfundzwanzig-Watt-Birne ausgemacht werden mußte.
    Nicht aus Umweltschutzgründen, sondern aus reiner Sparsamkeit.
    Britta war verschwenderisch. Schöne junge Frauen gewöhnten sich wohl leicht daran, anderer Leute Geld hinauszuschmeißen. Sie nahmen es als Tribut für ihre gottgegebenen Vorzüge, für das Ge-
    schenk, das sie selbst darstellten.
    Britta lächelte, und Richard lächelte zurück.
    »Das war eine Jahrhundert-Idee von dir, nach Germany zu kom-
    men, Bribri«, sagte er.
    »Ich hatte solche Sehnsucht nach dir, Ricki«, versicherte sie. Und wer wollte nachweisen, daß sie log? Er glaubte ihr nur zu gern in diesem Moment. Gesättigt, entspannt, sehr glücklich.
    »Du wirst noch mehr Sehnsucht kriegen, wenn du in Manhattan
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    hinter dem Schreibtisch hockst. Wart nur ab.«
    »Aber du wirst es auch nicht ganz leicht verkraften diesmal,
    Ricki!«
    »Wir können es wiederholen.«
    »Du schaffst es ja nicht einmal für drei Tage.«
    »Hör zu, bleib hier. Amüsier dich, guck dir die Stadt an, kauf dir was Nettes. Am Dienstag komme ich für drei Tage wieder her. Am
    Wochenende muß ich zu Hause sein. Ich bin nicht direkt ein Pan-
    toffelheld, aber es gibt Verpflichtungen, die ich nicht umgehen kann. Bleib hier. Bitte!«
    »Das wird dich einiges kosten, Ricki.«
    »Du weißt, daß es mir viel mehr wert ist.«
    »Ist es das? Also … ich wollte sowieso nicht gleich wieder losdü-
    sen. Berlin ist immerhin interessant geworden. Und irgendwo müß-
    te hier sogar noch eine alte Freundin sitzen. Ich werde ins Telefonbuch schauen.«
    »Du bleibst also, Bribri? Du wartest auf mich?«
    »Okay, aber nur, wenn du mich gleich mit aller Wucht küßt und
    anfaßt und so.«
    Eigentlich wußte er gar nichts von Britta. Außer dem, was sie ihm erzählte. Log sie? Egal. Sie war sehr süß und sehr sexy, und das war alles, was er wissen mußte. Sie bewegte sich weich und gelenkig.
    Ihre Glieder waren zierlich, aber nicht knochig. Fest und weich.
    Von Anfang an hatte die Chemie zwischen ihnen gestimmt, die
    intensive Erregung ähnelte manchmal fast der Wut. Er wollte mehr von ihr, jedes verborgene Stück Haut, die Wärme und die Feuchtig-keit. Ihre Hingabe.
    Lucie durfte es nie erfahren. Nie. Er würde es irgendwie wieder-gutmachen. Sie hatte es nicht verdient. Aber das war jetzt egal. Es gab nur diese Gegenwart für Richard Hornung. Jetzt, hier, alles. O
    ihr Götter!
    Lucie war wie immer: freundlich und etwas distanziert. Sie hatte 4
    bestimmt keinen Verdacht geschöpft. Warum sollte sie auch? Er
    war ihr stets ein treuer und aufmerksamer Ehemann gewesen, von
    wenigen kleinen Ausrutschern abgesehen.
    Diesmal, mit Bribri, war es plötzlich gefährlich geworden, für Lucie, für ihn selber. Auch für Bribri? Doch er war sicher, daß er es wieder in den Griff bekommen würde.
    Notfalls konnten sie sich noch einmal in New York treffen. Das
    würde sich allerdings nicht ganz einfach einrichten lassen. Eine Geschäftsreise in die USA war nicht alltäglich. Seine Frau mischte sich nicht ein, wurde nicht aktiv, saß nicht einmal im Beirat der Firma.
    Aber sie war wachsam, wenn es um die Firma ging, wollte immer
    unterrichtet werden, nicht unbedingt, um ihn zu kontrollieren, das wohl nicht. Oder vielleicht doch? Hatte sie das dem Alten auf seinem Totenbett gar versprechen müssen?
    Sein Schwiegervater hatte ihn nie gemocht. »Ich weiß auch gar
    nicht, warum Lucie sich so 'nen alten Knacker nimmt«, hatte er oft gesagt.
    Die moderneren Methoden, die Richard gern einführen wollte,
    hatten dem Senior auch nicht gepaßt. Der hatte nicht mal an Computer rangewollt. Dabei hätte er es
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