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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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kräftigen Schlägen in einem Boot aus dunklem Edelholz vorbei. Die Männer schwitzten. Als sie weit genug weg waren, ließ sie sich absinken und tauchte in Richtung Ufer. Keine halbe Meile trennte sie vom Gelände, wo die Schlauchboote am Ufer festgemacht waren.
    Als Branka das zweite Boot bestieg, das sie in der Nacht vorbereitet hatte, und ablegte, sah sie bei Miramare die beiden Polizeiboote zurückkommen. Sie drückte den Gashebel durch.
    Eines der Boote legte am Molo 0 an. Der Kommandant ging an Land. Er berichtete, daß sie das Schlauchboot auf der Höhe des kleinen Hafens von Santa Croce eingeholt hatten, aber niemand an Bord gewesen war. Die Kollegen waren dem anderen gefolgt, das gerade vom Anleger des Schlauchboot-Clubs abgelegt hatte. Das Schiff der Küstenwache dagegen war auf dem alten Kurs weitergefahren, und auch der Hubschrauber war aufs offene Meer hinausgeflogen. Die Männer von der Polizia Marittima hatten aus der Ferne gesehen, wie er fast bis aufs Wasser ging und ein Boot stoppte, das Kurs auf Istrien hielt.
    »Wenn sie eine gute Schwimmerin ist, geht sie irgendwo an Land«, sagte der Mann in Uniform, während Laurenti sein Hemd wieder anzog. »Es wird schwer, sie zu finden. Sie muß sich nur unter die Badenden mischen, die bald wieder die Strände belagern.«
    Laurenti sagte nichts und deutete nur auf die schwarzen Wolken am Himmel. Dann ging er an Bord und drehte das Funkgerät lauter. Er hörte, daß die Kollegen von der anderen Einheit sich dem Schlauchboot bereits bis auf zweihundert Meter genähert hatten, als am Ende des Canale Navigabile eine Person absprang. Die Beamten warnten über Lautsprecher und begannen zu schießen, als sie auf einem Geländemotorrad zu fliehen versuchte.
    Laurenti griff zum Funkgerät und gab Alarm fürs Industriegebiet und die angrenzenden Gemeinden. Dann rief er Marietta an und befahl, daß die Kontrollen an den Grenzen verschärft werden sollten. Außerdem mußte man die Kollegen in Slowenien informieren und um Unterstützung bitten.
    Hier konnte er nichts mehr tun. Laurenti winkte einen Wagen herbei, nahm Galvanos Hund an der Leine und ließ sich zur Guardia Costiera fahren.
    »Es ist vorbei.« Orlando begrüßte ihn mit einem Schlag auf die Schulter.
    »Nichts ist vorbei.« Laurenti machte den Hund los. »Ich befürchte, sie ist uns entwischt. Ich möchte wissen, wer diese Frau ist. Sie ist verdammt gut.«
    »Du kannst wieder schwimmen gehen wie immer. Wir haben die beiden Frauen von dem Boot, hinter dem du an der Marina di Aurisina her warst. Und die vier Typen auch. Die grauen Herren quetschen sie jetzt aus.«
    Mißmutig schaute Laurenti ihn an. »Dann werden wir nie etwas erfahren.« Diese Leute hatten zwei Frauen auf einem Schlauchboot festgenommen. Und ihm war eine entkommen. »Wenn du deine Fregatte hierbehalten hättest, anstatt sie zu den Idioten vom Geheimdienst zu schicken, dann wäre alles anders«, sagte Laurenti wütend. »Und wenn wir den Hubschrauber gehabt hätten.«
    »Anweisung von oben«, sagte Orlando und zuckte mit den Achseln.
    *
    »Und auch das Graffito vor dem Rathaus hast du alleine gemalt?« Laurenti konnte trotz der Müdigkeit ein Lachen kaum unterdrücken. War er denn von Verrückten umzingelt? Er hatte sich die Frau nicht früher vorknöpfen können, und die hatte einen Heidenterror veranstaltet, bis sie endlich erreicht hatte, daß der Kommissar sie vorführen ließ. Es war fast Mittag und Laurentis Magen knurrte. Kopfschüttelnd tätschelte er den schwarzen Hund, der seinen Kopf auf seinen Oberschenkel gelegt hatte, und zwang sich, diese absurde Vernehmung zu Ende zu führen.
    »Zehn Meter Durchmesser, vier Farben. Du bist eine großartige Künstlerin!« Triest ist ein Irrenhaus, dachte Laurenti. Warum hatte er in der letzten Zeit nur mit durchgeknallten alten Leuten zu tun, oder mit alten Fällen, die nicht minder absurd waren? »Also, wer war dabei?« Er war gar nicht so sicher, ob er es wirklich wissen wollte. Vorsichtshalber hatte er die Tür seines Büros geschlossen, damit niemand sie hören konnte. Er war auf das Schlimmste gefaßt.
    »Ich war alleine«, behauptete Stefania Stefanopoulos trotzig. Auch sie sah schon einmal besser aus. Die Frisur war von dem schwarzen Piratentuch zerdrückt, ihr Gesicht fahl und müde. »Da kannst du machen, was du willst, Laurenti. Alleine.« Beinahe buchstabierte sie das Wort.
    »Alle Achtung, meine Dame. Wenn ich Galvano erzähle, wie fit du im Vergleich zu ihm bist, dann erblaßt er
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