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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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vor Neid und redet wochenlang nicht mehr mit mir, obwohl ich ihm das Leben gerettet habe, und dem Hund auch.« Er kraulte dem schwarzen Gesellen zu seinen Füßen die Ohren.
    »Da wird dir kaum etwas entgehen, bei dem Schwachsinn, den dieser senile Sturkopf verbreitet.«
    »Glaub bloß nicht, daß er von dir anders spricht, Stefania.« Laurenti legte die Füße auf den Tisch. Es war ihm egal, was diese Hexe dachte. »Also, in drei Nächten stellst du ganz alleine eine ganze Stadt auf den Kopf, hämmerst den Leuten ein, sie sollten kein Rindfleisch essen. Das schafft niemand ohne Hilfe. Nicht einmal ein junger Kerl wie mein Sohn, zum Beispiel.«
    »Du unterschätzt mich, Laurenti.« Sie lächelte triumphierend.
    »Ganz im Gegenteil. Wie Proteus kannst du vielerlei Gestalten annehmen. Und dich sogar in einen Kraftprotz verwandeln, der Fernfahrern die Fresse einschlägt. Wenig später stiehlst du ein Ruderboot und pinselst ein Frachtschiff, ein Kreuzfahrtschiff und die Boote aller vertretenen Sicherheitskräfte an, dekorierst das deutsche Konsulat, die Hauptpost und das Zeitungsgebäude. Halt mich nicht zum Narren.«
    »Ihr Männer denkt immer, wir Frauen taugen nichts. Was wärt ihr eigentlich ohne uns?«
    Laurenti faßte sich an den Kopf. Da war was dran, aber auf diese Nummer würde er sich wirklich nicht einlassen. »Wann hast du Marco zuletzt gesehen?«
    »Bei dir zu Hause. Auf der Party.«
    »Das stimmt nicht.« Er zimmerte sich blitzschnell ein Argumentationsgerüst zusammen, dem die Alte wohl kaum gewachsen sein würde. »Er kam heute Nacht kurz vor drei nach Hause und hat mir einen Teller Spaghetti gekocht. In seiner Tasche steckten diese Aufkleber.« Laurenti zeigte auf einen Stapel der verrückten Kühe, die man im Auto der Signora gefunden hatte. »Er hat sie mir geschenkt und wollte, daß auch ich sie verteile.« Laurenti stand auf und zog von einem das Papier ab, dann öffnete er seine Bürotür, klebte ihn außen an, und schloß sie wieder.
    »Vergeßt mich nicht!«
    Mariettas schrilles Gelächter drang bis zu ihnen herein.
    Laurenti setzte sich wieder und streichelte Galvanos Hund, der ihn mit seinen blutunterlaufenen Augen anstarrte. »Marco hat erzählt, daß du eine große Hilfe bei der Aktion warst. Ich befürchte, du wirst einen guten Anwalt brauchen. Natürlich kommst du in deinem Alter mit Bewährung davon, aber dein Foto wird die ganze Seite in der Zeitung einnehmen und die ganze Stadt wird wissen, was du angestellt hast. Dafür werde ich schon sorgen. Doch Marco und seine Freunde machen mir wirklich Kummer. Eine Vorstrafe im Lebenslauf versaut die ganze Zukunft. Und du solltest dich schämen, die Jungs zu so etwas aufzuhetzen.«
    »Diese Jungs haben Ideale. Marco, Giorgio, Mitja und Ernesto wissen ganz genau, was sie wollen. Wenn während des Faschismus alle so gedacht hätten wie du, Laurenti, dann hätte es nie eine Resistenza gegeben. Merk dir das.«
    Stefania kochte vor Wut und Laurenti lachte kräftig in sich hinein. Zuerst die Feministinnennummer, dann die Resistenza.
    »Also, Stefania, nochmal«, sagte Laurenti mit sanfter Stimme, als würde er sich ergeben, »du hast das alles ganz alleine getan?«
    »Ja.« Stefania Stefanopoulos nickte heftig.
    »Ich hoffe, du hast genug Geld. Schiffe neu zu streichenist sehr teuer. Aber das Auswechseln der Pflastersteine auf der Piazza Unità wird ein Vermögen kosten. Und die beiden LKWs mit der durchgeschnittenen Preßluftleitung werden auch nicht billig.«
    »Laß das meine Sorge sein. Und du mußt die Sache ja nicht unbedingt an die große Glocke hängen.«
    »Geh jetzt, führ deinen dämlichen Pudel Gassi und schlaf dich aus.« Laurenti legte wieder die Füße auf den Schreibtisch. »Wir sprechen morgen weiter. Ich glaube kaum, daß ich etwas anderes für dich tun kann, als dir genug Zeit zu lassen, um eine gute Ausrede zu finden und dich mit einem Anwalt zu beraten. Vielleicht kennst du auch einen Arzt, der dir ein Attest ausstellt. Geistige Verwirrung, zum Beispiel. Frag Galvano, er weiß da bestens Bescheid.«
    Stefania Stefanopoulos stand vor ihm und schaute ihn wütend an. »Versprich mir, daß du die Jungs in Ruhe läßt.«
    »Hau ab.« Laurenti starrte zum Fenster hinaus. Er hatte keine Lust, ihr die Hand zu geben. Zu vieles beschäftigte ihn, das wichtiger war als diese Angelegenheit, die erst einmal liegenbleiben konnte. Eine lauwarme Presseerklärung, ohne Namen und voll wirrer Andeutungen, die niemand entschlüsseln konnte, würde
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