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Der Tod wirft lange Schatten

Der Tod wirft lange Schatten

Titel: Der Tod wirft lange Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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festgewachsen. Mit weit aufgerissenem Mund sah er, wie die Tiere auf ihn zurasten. Nicht einmal die Schreie vom Deck des Schiffes hörte er durch das Gebrüll. Drei Seeleute rannten die Treppen hinunter und machten sich an der Winde der Luke zu schaffen. Niemand entdeckte die Frau, die außerhalb des Gatters tief geduckt neben der Herde herlief.
    Nur Laurenti und Pina hatten sie im selben Moment durch das Stahlrohr gesehen und liefen los. Und endlich bewegte sich auch Galvano, als der Hund mit einem kräftigen Ruck an der Leine riß. In angstvoller Hast überkletterte er das Gatter und schaute plötzlich in den Lauf einer Pistole. Der Hund bellte wie irr im Pferch und brachte die Viehherde abrupt zum Stehen.
    »Lassen Sie schon los«, herrschte Branka den Alten an.
    »Wo ist Irina?« Galvano ließ den Koffer fallen.
    Branka schnappte ihn sich. »Wo sind die Dokumente?«
    Ratlos schaute der Alte auf seine Hand, dann zum Pferch, wo er sein zertrampeltes Jackett zwischen den Hufen der Rinder sah. »Dort.«
    Branka lief zum Bug des Libanesen und verschwand unter der Mole. Dann sah Galvano einen Kopf über die Mauer ragen. An der Mole legte ein Schlauchboot ab und jagte davon.
    »Irina!« Galvano rannte los. Die junge Frau hing an der Mauer, ihre Füße berührten beinah das Wasser. Galvano bückte sich und griff nach ihrer Hand. Als er Irina halb hochgezogen hatte, verlor er das Gleichgewicht.

Konec – Ende
    Außer Atem waren Proteo Laurenti und Pina am Bug des Libanesen angekommen und sahen Galvano etwa zwanzig Meter weiter hilflos im Wasser treiben. Der schwarze Hund paddelte auf ihn zu, packte ihn mit den Zähnen am Hemd und zog ihn in Richtung Mole.
    »Werft ein Tau herunter«, brüllte Laurenti, ließ die Beretta fallen, riß sich das Hemd vom Leib und sprang. In wenigen Zügen hatte er Herr und Hund erreicht und legte einen Arm um Galvano. Der Alte hustete flach, der Hund wollte ihn nicht loslassen. Die Seeleute vom Frachter hatten unter lautem Geschrei einen Rettungsring heruntergeworfen, der nun fernab auf den Wellen trieb. Pina packte ein Tau, warf es ins Wasser und verknotete das andere Ende an einem Poller. Ein Fliegengewicht wie sie hätte niemals einen Mann von der Statur Galvanos hochziehen können, aber an der Wasseroberfläche konnte sie ihn halten. Laurenti legte das Tau um Galvanos Oberkörper, band die Leine des Hundes an sein Bein und zog sich als erster hinauf. Sie wuchteten den alten Mann an Land. Laurenti schnappte nach der Leine und zog den Hund hoch. Er umarmte das Tier, das sich heftig schüttelte, während Pina sich um den Alten kümmerte. Ein paar Minuten später schob man Galvano auf einer Bahre in den Krankenwagen.
    Orlando hatte sofort den Befehl zum Ablegen gegeben, als das Schlauchboot auf dem Monitor sichtbar wurde. Auch die beiden Polizeiboote hinter der Diga Vecchia gaben Schub, und nach wenigen Augenblicken war auch das Flappen eines Helikopters zu vernehmen.
    Branka war vorbereitet. Niemals hätte sie nur einen Fluchtweg geplant. Bis zum Ende der Diga Vecchia waren es dreihundert Meter. Sie hatte die Gashebel des Schlauchbootes arretiert und sprang bei voller Fahrt ab. Mit wenigen Zügen tauchte sie bis zu den Steinblöcken, an denen sich die Wellen brachen, und schaute dem Boot nach, das mit Kurs nach Westen auf das offene Meer hinausschoß. Die beiden Polizeiboote folgten ihm von außerhalb des Deichs, während auf der Hafenseite eine mächtige Fregatte der Küstenwache Fahrt aufnahm. Nur mit Mühe gelang es Branka, den Koffer festzuhalten und in die hohen Wellen zu tauchen, die sich am Deich brachen, ohne daß sie an die Steinblöcke geschleudert wurde. Sie mußte sich unbedingt im Schutz der Anlage halten, wenn sie nicht entdeckt werden wollte. Nachdem sie die Bugwellen der Schiffe überstanden hatte, schaute sie zum Molo 0 und sah, wie man einen Körper an Land hievte. Es mußte der Alte sein. Kurz darauf wurde ein schwarzer Hund herausgezogen, der sich lange schüttelte und dann zu dem Körper rannte und ihn schwanzwedelnd ablecken wollte. Ein Mann zog den Hund zur Seite. Andere trieben das Vieh zurück in den Speicher. Dann tauchten unzählige Blaulichter auf. Krankenwagen und Polizei fuhren vor. Branka zog ihre Lederjacke aus und überließ sie dem Meer. Dann zog sie das Hemd aus, öffnete den Koffer und warf die gebündelten Geldscheine darauf, verknotete das Hemd und band es sich mit dem Gürtel auf den Rücken. Noch einmal blickte sie sich um. Zwei Ruderer zogen in
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