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Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo

Titel: Der Tod Kam Mit Der Post: Aus Der Geschichte Der BRD-Kripo
Autoren: Gerhard Feix
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doch das spielte in diesem Kreis keine Rolle. Der Boß des Ganzen besaß bisher weder die Gewerbeerlaubnis noch Fahrzeuge, die für so ein Unternehmen nötig gewesen wären. Dennoch schienen alle vom Gelingen des Vorhabens überzeugt zu sein. Erna Sanders jedenfalls hatte verschiedenen Leuten eine baldige Änderung zum Besseren in ihrem Leben angekündigt. Sie würde wieder eine schöne Arbeit und ein festes Zuhause haben. Am 27. März 1946, genau einen Tag vor ihrem Tode, hatte sie einer Bekannten gegenüber sogar konkrete Angaben über diese Veränderungen gemacht. Ein einflußreicher Gönner hätte ihr nun zur Prokuristenstelle auch noch eine kleine, blitzsaubere Wohnung mit allem Drum und Dran besorgt. Schon am 28. März wollte sie dort einziehen, obwohl die Sache noch nicht ganz legal wäre. Es fehlte noch die Zustimmung des Arbeits- und Wohnungsamtes. Erna Sanders bat ihre Bekannte daher eindringlich, keiner Menschenseele etwas zu erzählen.
    Oberinspektor Stave war ganz zufällig auf diese Zeugin gestoßen. Und er wurde sehr nachdenklich, als er hörte, daß der einflußreiche Gönner, von dem Erna Sanders gesprochen hatte, Kurt Kröppel hieß.
    Kröppel aus der Eckkneipe war der Kripo bekannt und sogar schon vernommen worden. Er hatte aber kein Wort von alldem erwähnt. Im Gegenteil! Jeder engere Kontakt mit Erna Sanders war von ihm ausdrücklich und energisch in Abrede gestellt worden. Nur eins hatte er zugegeben: daß er Erna Sanders für den Fall des Zustandekommens seines Fuhrunternehmens als Prokuristin anstellen wollte.. Im übrigen aber hätte er mit ihr nicht mehr zu schaffen gehabt als jeder beliebige andere Stammkunde des Ecklokals. Sie wäre ihm zwar recht sympathisch gewesen, und deshalb wolle er auch gern nach Kräften dazu beitragen, das Verbrechen aufzuklären. Kröppel wollte Erna Sanders „so um den 20. März herum" das letzte Mal gesehen haben.
    Am 28. März, dem Mordtage, wäre er den ganzen Tag über und auch abends mit seinem Bruder Fritz aus Essen zusammen gewesen. Kurt Kröppel hatte also ein Alibi, doch Oberinspektor
    Stave war mißtrauisch geworden und blieb es auch, obwohl Kröppel in der Gegenüberstellung mit Erna Sanders' Bekannten auf seiner Aussage beharrte, die Zeugin angesichts seines energischen Widerspruchs unsicher wurde und ihre Aussagen teilweise sogar revidierte. Stave verfügte daher eine sorgfältige Überprüfung der Brüder Kröppel.
    Derartige Ermittlungen waren zu jener Zeit sehr kompliziert. Essen, der Wohnsitz der Kröppels, lag außerhalb des Amtsbereichs der Hamburger Kripo. Für die Recherchen in Essen mußte Stave nicht nur die Genehmigung des dortigen Polizeichefs, sondern auch die der Besatzungsmacht einholen. Beides war nicht ganz einfach. Die örtlichen Polizeichefs, die eifersüchtig über ihre Kompetenzen wachten, sahen in derartigen Ersuchen auswärtiger Polizeistellen sehr oft eine Mißachtung ihrer eigenen Fähigkeiten, und die britische Besatzungsmacht als strikte Verfechterin der Kommunalpolizei vermutete dahinter nicht selten zentralistische Tendenzen und stärkte den örtlichen Polizeichefs nur allzugern den Rücken. Erst als Stave auf die besonderen Schwierigkeiten dieses Falles verwies, bei dem überörtliche Ermittlungen die einzige Chance zur Aufklärung wären, wurde ihm die Genehmigung erteilt.
    Staves Mißtrauen gegen Kröppel hatte inzwischen zwei wichtige Stützen bekommen. Das war einmal der Umstand, daß sich Kurt Kröppel bis Anfang 1946 in amerikanischer Kriegsgefangenschaft befand und dort nach eigenen Angaben einen ebensolchen olivgrünen Gürtel besessen hatte, wie er zur Erdrosselung der Erna Sanders verwendet wurde. Mehr noch - der auf dem Gürtel sichtbar gemachte Aufdruck wies auf Rom- und das Jahr 1944 hin. Kurt Kröppel aber war 1944 in Italien in amerikanische Gefangenschaft geraten. Das zweite Verdachtsmoment betraf Kurt Kröppels Bruder. Fritz Kröppel, jetzt, 1946, als Bergmann in Essen tätig, hatte während des Krieges bei der Kriegsmarine gedient und davor der Handelsmarine angehört. Er mußte also auch in der Lage sein, Kreuzknoten und We-beleinsteks zu knüpfen. Fritz Kröppel aber war am Mordtag nachweislich bei seinem Bruder Kurt in Hamburg gewesen.
    Staves Mitarbeiter hatten das Zimmer, das Kurt Kröppel in Hamburg bewohnte, durchsucht und dabei eine am 3. April 1946 in Essen gelochte Fahrkarte nach Hamburg gefunden. Sie war.
    wie die Ermittlungen ergaben, von Kurt Kröppels Frau benutzt worden. Konnte, so
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