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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns
Autoren: Eugen Freund
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Lederlehne gedrückt zu werden, pressten sich die Rückhalteriemen (immerhin waren es Hosenträger-Gurte) in seinen Brustkorb. An der entspannten Haltung Andrejs stellte er sofort fest, dass er offenbar der einzige war, der das Fliegen hasste. Andrej hielt in der einen Hand ein Whisky-Glas, das er schon fast geleert hatte, mit der anderen hatte er soeben seine Krawatte geöffnet, die Augen hielt er halb geschlossen und um seinen Mund hatte sich entspanntes Lächeln gelegt. Nach rund zwei Minuten ging der Learjet vom Steilflug in ein sanftes Ansteigen über, was Slavko mit einem erlösenden Seufzer zur Kenntnis nahm. „Živjeli“, „Prost“ – sie hoben die beiden Gläser und deuteten ein Anstoßen an. Die Stewardess war noch nicht erschienen, so konnten sie ungestört sprechen. „Zwei Millionen, stell dir vor! Vielleicht sollten wir uns auch einen anderen Beruf suchen?“ „Ja, zwei, aber pro Koffer! Es ist praktisch, wenn man auf einer geografisch interessanten Durchfahrtsroute zuhause ist.“ Er spielte darauf an, dass aus Afghanistan immer wieder ganze Lastwagen voll mit Opium transportiert wurden, über die Türkei, Bulgarien und Serbien landeten sie schließlich in Kroatien. Slavko und Andrej hatten nach ihrem grandiosen Coup in Kärnten – niemand hatte den Auftraggebern verraten, dass sie mit der Sache gar nichts zu tun gehabt hatten – zwar nicht ihre Chefs, aber den Aufgabenbereich gewechselt: Sie waren mittlerweile zu Drogenkurieren avanciert. In der Früh vor dem Abflug hatten sie die Koffer in einer Waldlichtung in der Nähe des Flughafens entgegengenommen, aus einem Lieferwagen, der ursprünglich als Geldtransporter im Einsatz gewesen war. Kein Wort hatten sie mit den „Lieferanten“, die ihre Gesichter mit Kapuzen verhüllt hatten, gesprochen, hatten die Koffer verstaut und waren damit sofort zum Flughafen gefahren. Das Wachpersonal beim Seiteneingang, durch den sonst die Luxusklientel zu ihren Privatmaschinen eingelassen wurde, war durch einen Anruf aus der Zentrale über die Ankunft der beiden informiert worden. Die Sicherheitsleute stellten keine Fragen, sondern winkten sie stattdessen mit ihrem dunklen BMW anstandslos durch. Jetzt saßen die beiden in den weichen Ledersesseln, befreit von den Sicherheitsgurten, und genossen das opulente Frühstück. Die Stewardess hatte erst einen frisch gepressten Orangensaft gebracht und dann gleich auch unterschiedlichstes Gebäck, Käse, Rohschinken und den gewünschten schwarzen Kaffee serviert. Die beiden Männer badeten förmlich im Luxus, dort, wo sie ursprünglich herkamen, gab es dergleichen nicht annähernd.
    Nun genossen sie ihren Flug im Learjet 40X in 4000 Meter Höhe, selbst Slavko hatte sich inzwischen einigermaßen daran gewöhnt.
    Es war ihr dritter Flug, begonnen hatte alles mit einer ähnlichen Reise, allerdings mit einem Auto – sie ahnten nicht, dass das erste Mal so etwas wie eine Testfahrt gewesen war: Die Pakete waren vollgestopft mit altem Zeitungspapier, ihre Auftraggeber wollten sichergehen, dass sie mit den Drogen, wenn sie einmal wirklich solche transportieren würden, nicht abhauten. An der kroatisch-slowenischen Grenze wurden sie nicht kontrolliert, und als sie in Klagenfurt ankamen, verlief alles ebenfalls nach Plan. Sie waren im Hotel Porcia abgestiegen und hatten nur den Auftrag bekommen, die Pakete im für sie reservierten Zimmer zu deponieren. Am nächsten Tag, kurz nach dem Auschecken, so wurde ihnen gesagt, würde sich jemand („Es tut nichts zur Sache, wer das ist“) um die Pakete kümmern.
    Es war ein leichter Job, das Geld passte auch, die einzige Schwierigkeit bestand darin, dass sie gelegentlich an Wochenenden unterwegs waren und Frau bzw. Freundin misstrauisch wurden, weil sie immer weniger Zeit zuhause verbrachten. Doch als sie ihren Partnerinnen nach einigen Wochen, als sie das erste Mal mit dem Flugzeug unterwegs waren, aus einer exklusiven Boutique in Klagenfurt eine exquisite Handtasche und ein teures Seidentuch mitbrachten, erkauften sie sich damit ihr Schweigen. Sie blickten zum Fenster hinaus, unter ihnen zogen langsam die mächtigen, schneebedeckten Gipfel der Karawanken vorbei. Sie wussten von ihrem vergangenen Flug, dass es nun nicht mehr lange bis zur Landung in Klagenfurt dauern würde.
    Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall. Im hinteren Teil des Learjets entstand ein riesiges Loch, orkanartiger Wind blies in die Kabine. Die Sauerstoffmasken fielen herunter und zerrten wie wild am
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