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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns
Autoren: Eugen Freund
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Kleidern stank, obwohl er die schon vor Jahren entsorgt hatte. So bot ihm die Truhe zwar nicht allzu viel Schutz, dennoch glaubte er, sich dort verstecken zu können. Er hatte auch vorgesorgt, dass dieses Versteck nicht sofort als solches erkannt würde: Ein paar ausgefranste Fetzen ließ er absichtlich auf dem Deckel liegen, darüber hinaus hatte er zwei Holzfiguren (sie hatten wohl einmal Josef und Maria dargestellt, waren aber jetzt durch Holzwürmer kaum mehr als Heilige zu erkennen) von unten angeschraubt, damit sie nicht umfielen, wenn er den Deckel anhob, um hineinzusteigen. Stefan krümmte sich in die Truhe und hielt seinen Mund ganz nahe an die Löcher an der Hinterwand.
    Plötzlich hörte er Stimmen. „Herr Stragger, sind Sie da? Hier ist Kommissar Bugelnik vom Kommissariat in Klagenfurt.“ Stefan hatte diesen Namen noch nie gehört, er war nicht sicher, ob ihm nicht jemand eine Falle stellte. Er blieb ruhig. Die Geräusche, die er wahrnahm, sagten ihm, dass zumindest zwei Personen den Raum absuchten, einer war jetzt ganz nahe an ihm vorbei durch eine Tür gegangen, die aber nur in eine winzige Abstellkammer führte. „Da ist niemand, Herr Kommissar.“ Jetzt hörte Stefan, wie jemand eine Nummer in ein Handy eintippte – piep, piep, piep … Nach wenigen Sekunden war wieder die erste Stimme zu vernehmen: „Ja, hier ist Bugelnik, Frau Köpperl, wir sind in Grafenbach, in einem alten, kleinen Haus. Hier sollte sich der Stefan Stragger versteckt halten. Haben Sie eine Ahnung …“
    Da hielt es Stefan nicht mehr aus: Er klopfte an die Truhenwand, zog seine Knie an und drückte mit den Füßen den Deckel nach oben. Bugelnik zog sofort seine Pistole, er und der Polizist wichen einen Schritt zurück. In der Zwischenzeit war Stefans Kopf zu sehen, er stützte sich mit beiden Händen ab und stand – zwar noch in der Truhe, aber vor ihnen. „Mein Name ist Stefan Stragger“, sagte er und musste dabei lächeln, „suchen Sie mich?“ Franz Bugelnik hielt immer noch das Telefon am Ohr, war aber unfähig zu sprechen. „Herr Bugelnik, was ist los?“, tönte es aus dem Hörer, „von wem ist diese Stimme?“ Und Bugelnik reichte, ohne ein Wort zu sagen, das Handy an Stefan Stragger weiter.
    Eine Stunde später war Jasmin Köpperl in Grafenbach. Sie musste sich an Polizei, Rettung und Feuerwehr vorbeizwängen, die alle gekommen waren, nachdem sie von Kommissar Bugelnik informiert worden waren, dass er im Wald Zeuge eines Selbstmords geworden war. Selbst Mitglieder des Heeresnachrichtenamtes waren gekommen, irgendjemand hatte dort offenbar den Polizeifunk abgehört und sofort die Vorgesetzten alarmiert. Der Notarzt konnte nur noch den Tod von Georg Kropfitsch feststellen, dennoch wurde eine Obduktion angeordnet, zu viele Personen mit Waffen waren am Tatort gewesen, und auch wenn Kropfitsch noch seine Pistole in der Hand hielt, alles musste seine Ordnung haben.
    Jasmin schloss Stefan nur kurz in die Arme, Bugelnik war inzwischen wieder vom Tatort zurückgekehrt und wollte von Stefan Stragger Einzelheiten über Kropfitschs rechtsextreme Tätigkeit erfahren. Aber sie erkannten rasch, dass das Haus nicht der geeignete Ort war, um über diese heikle Angelegenheit zu sprechen. Nur bei einer Frage konnten und wollten sich sowohl Jasmin als auch Bugelnik nicht zurückhalten: „Warst du es“, und sie ließ langsam ihre Hand aus der seinen gleiten, „der mir diese Papiere geschickt hat, seit Tagen?“ „Und wie haben Sie denn das gemacht, das sieht hier ja nicht wie ein voll funktionierendes Büro aus?“, ergänzte Bugelnik, während sein Blick noch einmal über den Raum streifte. Stefan musste schmunzeln. „Ich habe das gesamte Manuskript in einer ‚cloud‘ abgelegt und das dann so programmiert, dass immer wieder Teile an eine Adresse verschickt werden, die ich eingegeben habe, und das war eben die von Jasmin. Alles andere ist dann völlig automatisch abgelaufen. Ich war mir ja nicht sicher, ob ich da lebend rauskomme, aber wenigstens den Text wollte ich retten.“
    Von: [email protected]
An: [email protected]
    Um diese Jahreszeit war es gar nicht so leicht, noch ein Zimmer zu finden. Die meisten Hotels rund um den Wörthersee hatten schon Ende September dichtgemacht, übers Internet fand Zoran Mitśić schließlich den „Rosentaler Hof“. Er schien ihm besonders geeignet, weil schon der Name darauf hinwies, dass man sich in der Nähe jenes Ortes aufhielt, wo die Aktion stattfinden sollte. Zoran hatte für
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