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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns
Autoren: Eugen Freund
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die Zeit zu erkunden – es war 8.54 Uhr – sah er eine SMS am Display. Obwohl er das Handy nicht auf „stumm“ geschaltet hatte, musste er den Alarmton überhört haben. Die SMS kam von einer kroatischen Handynummer, zu der er aber keinen Namen abgespeichert hatte: „Čestitam, bravo, vidimo se u Zagrebu!“ „Gratuliere, gut gemacht, seh euch in Zagreb.“ Zoran blickte lange auf die Nachricht, er konnte sich keinen Reim darauf machen. Dann schaltete er das kleine Radio ein, das auf seinem Nachtkästchen stand. Als endlich die Nachrichten kamen, fiel er beinahe aus dem Bett: „Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider ist tot. Er ist heute Nacht bei einem Verkehrsunfall in der Nähe von Klagenfurt ums Leben gekommen …“

S TEFAN S TRAGGER BLICKTE auf die Uhr: Es war 20.30 Uhr, er hatte das kleine Bier, das er bestellt hatte, schon beinahe ausgetrunken, Jasmin war noch immer nicht erschienen. Sie hatte einen Tisch beim „Sandwirt“ bestellt, und sie wollte, nachdem sie ihren Artikel fertiggeschrieben hatte, gleich von der Redaktion ins Restaurant fahren. Eine Gruppe deutscher Geschäftsleute hatte fast den ganzen Speisesaal in Beschlag genommen, sie saßen schon da, als Stefan gekommen war, mittlerweile machten sich der Alkoholpegel und ihre gute Stimmung, die – so schloss Stefan – darauf zurückzuführen war, dass sie ihre Kärntner Partner über den Tisch gezogen hatten, lautstark bemerkbar. Stefan war froh, etwas abseits zu sitzen. Er nahm sein Handy und wählte Jasmins Nummer. In diesem Augenblick stürzte sie bei der Tür herein. Sie blickte sich um und ließ sich kurzfristig von der lärmenden Menge ablenken. Es waren lauter Männer, einige hatten bereits ihre Sakkos über die Stuhllehne gehängt, die meisten trugen auch ihre Krawatten nur noch lose um den Hals. Doch dann sah sie zu ihrer Erleichterung Stefan. „Tut mir leid, es hat doch etwas länger gedauert, und der Chef wollte auch noch mit mir reden“, sagte sie entschuldigend und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Beide waren von den Anspannungen erschöpft, Georg Kropfitschs Selbstmord hatte ihre Nerven zusätzlich belastet. Trotzdem waren sie glücklich, endlich konnten sie in aller Ruhe über die Geschehnisse der vergangenen Tage sprechen. Gerade als Jasmin ansetzte, Stefan zu fragen, wieso er damals aus seinem Haus geflüchtet war, kam ein freundlicher Mann mit einer weißen Schürze um den Bauch und brachte die Speisekarte. Sie versenkten sich in das verlockende Angebot, ein paar Minuten später hatten sie gewählt und dem Kellner ihre Wünsche mitgeteilt. „Ich habe …“ „Mir sind …“ Sie waren wieder allein, und jeder der beiden wollte gleichzeitig vom anderen wissen, wie es ihm in den letzten Tagen ergangen war. „Fang du an …“, sagte Stefan und legte seine Hand zärtlich um Jasmins Handgelenk. „Nein du …“, erwiderte Jasmin und lächelte, es war ihr erstes Lächeln nach vielen anstrengenden Stunden und Tagen.
    Und so begann Stefan von den seltsamen Besuchen Georg Kropfitschs in seinem Büro zu erzählen, nachdem er in dessen Arbeitszimmer die Unterlagen über seine rechtsextreme Tätigkeit entdeckt und gleich fotografiert hatte. „Ich hatte schon ein sehr ungutes Gefühl. Einerseits war ich mir sicher, dass Georg – also der Kropfitsch – nicht wissen konnte, dass ich sein Geheimnis entdeckt hatte, andererseits weiß man ja im HNA nie, wie sich wer schützt.“ Und dann schilderte Stefan, wie er mitten in der Nacht – „zum Glück war ich noch auf, weil ich wieder an dieser Geschichte gearbeitet habe“ – von einem Fahrzeuggeräusch aufgeschreckt wurde. Er konnte nur das Allernotwendigste an sich nehmen, rannte die Kellertreppe hinunter, schob den Schrank zur Seite. „Dann wartete ich im unterirdischen Gang, ich war mir sicher, dass er mich hier nicht finden würde. Nach wenigen Minuten hörte ich seinen Wagen starten. Mit meinem Auto konnte und wollte ich nicht weg, weil anzunehmen war, dass er mich rasch entdecken würde. Aber ich hatte vorgesorgt: Ich nahm das Fahrrad und so schnell ich konnte, radelte ich zum Ortsanfang von Krumpendorf. Dort wohnt Friedrich, du weißt schon, mein Freund aus Studientagen, mit dem wir schon mehrmals zusammen essen waren. Er hatte mir vor – ich weiß nicht, einem Jahr oder so – seinen Autoschlüssel gegeben. Ich konnte seinen Wagen jederzeit nehmen, zumindest wenn er zuhause war. Und, es war ja spät in der Nacht, der Fiat stand auf der Straße, ich hatte zum
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