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Der Tod des Landeshauptmanns

Der Tod des Landeshauptmanns

Titel: Der Tod des Landeshauptmanns
Autoren: Eugen Freund
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Glück an den Autoschlüssel gedacht … und danach bin ich nach Grafenbach“.
    Es war alles ziemlich genau so verlaufen, wie es sich Jasmin und Bugelnik vorgestellt hatten, als sie den geheimen Gang entdeckten. „Noch etwas würde mich interessieren“, sagte Jasmin, als Stefan gerade eine Pause einlegte, um sich mit dem Zwiebelrostbraten zu beschäftigen, dessen letzte Reste vor ihm auf dem Teller lagen. „Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, diesen Text zu verfassen?“
    Gerade als Stefan Luft holte, um die Frage zu beantworten, wurde er unterbrochen: ein dumpfer Schlag, dem ein lauter Schrei folgte – er kam vom Tisch der feucht-fröhlichen Deutschen. Einer der Männer – Stefan und Jasmin hatten ihn nur von hinten gesehen, aber er war ihnen aufgrund seiner außergewöhnlichen Leibesfülle aufgefallen – lag neben seinem Stuhl halb unter dem Tisch. Nachdem es plötzlich totenstill geworden war, konnte man sein Röcheln im ganzen Speisesaal vernehmen. „Wir brauchen einen Arzt, dringend!“, rief der Mann am Tischende. Gleichzeitig sanken drei oder vier seiner Kollegen auf die Knie und versuchten, dem Schwergewichtigen, der nach Luft rang, ein zusammengeknülltes Sakko unter den Kopf zu schieben. Stefan nahm sein Handy aus der Brusttasche, wählte die Nummer der Rettung und rief in die Richtung, aus der das Wirrwarr kam: „Ich hole schon die Rettung!“ Stefan hatte beim Bundesheer regelmäßig einen Erste-Hilfe-Kurs besucht und eilte, nachdem er dem Rettungsdienst den Vorfall geschildert hatte, zu dem Mann, der am Boden lag und dessen Kopf einem roten Geburtstagsballon glich. Stefan schob die anderen zur Seite, checkte den Puls, presste seine Handflächen auf die Brust und drückte kräftig zu: ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Dann legte er seinen Mund auf die schwulstigen Lippen des Deutschen, hielt ihm die Nase zu und blies, so stark er konnte – wieder machte er das drei Mal, um dann mit der Wiederbelebung von vorne zu beginnen. Nach kurzer Zeit schien die Methode Erfolg zu zeigen: Der Mann begann selbstständig zu atmen, in diesem Augenblick konnte man durch die Fensterscheiben schon das Blaulicht des Rettungswagens erkennen.
    Als Stefan nach dem Vorfall aus der Toilette zurückkam und wieder bei Jasmin Platz nahm, war er für kurze Zeit unfähig zu sprechen. Er schaute Jasmin an, dann glitt sein Blick hinüber zu den Deutschen, die gerade dabei waren, ihre Tafelrunde zu beenden. Stefan schüttelte den Kopf, dann sagte er: „Das reicht eigentlich für einen Tag. Ich glaube, ich will nach Hause. Was meinst du?“ Wenige Minuten später saßen sie im Taxi und fuhren zu Jasmin.
    Als sie die Wohnung betraten, nahm Stefan sie fest in seine Arme, bevor sie auch nur die Mäntel ausgezogen hatten. Sie erwiderte seine Küsse, doch für mehr war Jasmin zu diesem Zeitpunkt nicht in Stimmung. Sie schob Stefan vor sich her ins Wohnzimmer, holte eine Flasche Rotwein aus dem Schrank, und während er sie öffnete, trug sie die beiden Mäntel zurück in den Vorraum.
    „Kropfitsch war ein alter Nazi“, rief ihr Stefan unvermittelt nach und wartete dann, bis sie sich neben ihn gesetzt hatte: „Noch schlimmer: Er war ein alter und ein Neonazi. Ich hatte das schon länger vermutet, seine Andeutungen waren oft nicht einmal zwei-, sondern ganz eindeutig.“ Dann erzählte er, wie Kropfitsch über Ausländer hergezogen war und dabei auch immer wieder erkennen ließ, nur eine starke Hand würde Österreich wieder – „ich glaube, er nannte es ‚blutrein‘“ – machen. Und auch seine Sympathien für die deutsche rechtsradikale Szene habe er immer wieder durchblicken lassen. „Mir hat das so auch gereicht – andererseits wollte ich wissen, wie weit er tatsächlich schon gegangen ist. Und da schlich ich mich einmal, als er gerade nicht im Büro war, in sein Zimmer und fotografierte die Unterlagen. In gewisser Hinsicht verhielt er sich ja wie damals die NS-Schergen: Alles war genau notiert, jede Reise, die er unternommen hat, jeder Treffpunkt, jeder Neonazi, mit dem er zusammengekommen ist – alles war fein säuberlich aufgeschrieben.“ Auf Jasmins Frage, wie Kropfitsch dahintergekommen sei, dass er ausspioniert wurde, schüttelte Stefan den Kopf: „Ich bin mir gar nicht sicher, dass er das überhaupt wusste. Ich habe eher den Verdacht, dass er von meinem Projekt erfahren hatte. Das, was du in den letzten Tagen bekommen hast.“
    Stefan Stragger schenkte sich und Jasmin Rotwein nach und schilderte, wie er vor
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