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Der Weihnachtspullover

Der Weihnachtspullover

Titel: Der Weihnachtspullover
Autoren: Glenn Beck
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Wie alles ein Ende findet ...
     
er Weihnachtspullover lag viele Jahre im obersten Fach meines Kleiderschranks.
    Er passte mir schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr, und wenn ich früher nicht so oft umgezogen wäre, hätte ich ihn wohl nie wieder hervorgeholt. Trotzdem wäre mir nicht im Traum eingefallen, ihn wegzugeben. Ich faltete ihn bei jedem Umzug vorsichtig in einen Umzugskarton und beförderte ihn in mein neues Heim, um ihn dort wieder in sein Fach zu legen, ohne ihn jemals zu tragen.
    Egal wie viel Zeit auch verstrich, der bloße Anblick des Pullovers löste bei mir immer eine heftige Gefühlsaufwallung aus. In seiner Wolle waren Splitter meiner kindlichen Unschuld gefangen – mein größter Kummer, meine größten Ängste, Hoffnungen, Enttäuschungen und mit der Zeit auch meine größte Freude.
    Anfangs schrieb ich diese Geschichte in der Absicht, nur meine Familie an ihr teilhaben zu lassen. Aber während des Schreibens geschah etwas, und die Geschichte übernahm die Führung. Es gibt Dinge, die ich jahrelangzu vergessen versucht habe – was mir schließlich auch zu gelingen schien. Doch diese Dinge, die eigentlich niemals ein anderer Mensch erfahren sollte, sprudelten mit einem Mal aus mir heraus. Es war fast so, als wollte der Pullover, dass seine Geschichte erzählt wird. Vielleicht hatte er lange genug still in seinem Schrankfach gelegen.
    Es hat dreißig Jahre gedauert, bis ich es fertigbrachte, diese Geschichte mit jemandem zu teilen. Und vermutlich wird es den Rest meines Lebens dauern, bis ich sie in ihrer ganzen Bedeutung und der ihr innewohnenden Kraft völlig verstanden habe. Einige der Namen und Geschehnisse mögen verändert worden sein, aber die folgende Geschichte ist im Wesentlichen die Geschichte des wichtigsten Weihnachtsfestes meines Lebens.
    Im Sinne dieser gesegneten Zeit möchte ich diese Geschichte als ein Geschenk für Sie mit Ihnen teilen. Möge sie Ihnen und Ihren Lieben die gleiche Freude bereiten, die sie mir bereitet hat.
     

 
     
     
     

 

Eddies Gebet
     
    Lieber Gott, ich weiß, dass es schon eine ganze Weile her ist, seit ich mich das letzte Mal an dich gewandt habe. Nach allem, was geschehen ist, wusste ich nicht so recht, was ich sagen sollte.
    Mom erklärt mir ständig, dass du über uns wachst – auch in schweren Zeiten. Irgendwie glaube ich ihr das ja, aber manchmal fällt es mir schwer zu verstehen, warum du zugelassen hast, dass uns all diese schlimmen Dinge passiert sind.
    Ich weiß, dass Mom hart arbeitet und dass das Geld knapp ist, aber könnte ich bitte dieses Jahr zu Weihnachten ein Fahrrad bekommen, lieber Gott, dann wäre das Ganze nicht mehr so furchtbar schlimm. Ich werde auch alles tun, um dir zu beweisen, dass ich es verdient habe. Ich werde in die Kirche gehen. Ich werde fleißig lernen. Ich werde Mom ein guter Sohn sein.
    Ich werde es mir verdienen, das verspreche ich dir.

 
     
     
     
     

 

Kapitel 1
     
ie Scheibenwischer schnitten Halbkreise in den Schnee auf der Windschutzscheibe. Das ist guter Schnee , dachte ich und rutschte nach vorn, um mein Kinn auf den kunstlederbezogenen Vordersitz zu legen.
    »Lehn dich zurück, mein Schatz«, befahl meine Mutter Mary mit sanfter, aber nachdrücklicher Stimme. Sie war erst neununddreißig, aber ihre erschöpft dreinblickenden Augen und die grauen Strähnen in ihrem kohlrabenschwarzen Haar ließen die meisten Leute glauben, dass sie viel älter sei. Wenn man das Alter anhand der Dinge bestimmte, die einem Menschen in seinem Leben zugestoßen waren, hätten sie wohl recht gehabt.
    »Aber Mom, wenn ich mich zurücklehne, dann kann ich den Schnee doch nicht sehen!«
    »Na schön. Aber nur bis zur Tankstelle.«
    Ich rutschte noch weiter nach vorn und platzierte meine ausgelatschten Keds auf der Schwelle, die mitten durch unseren alten Ford Pinto Kombi lief. Ich war mager und groß für mein Alter, was bedeutete, dass ich meine Knie dabei gegen die Brust drücken musste. Mom behauptete,es sei sicherer auf dem Rücksitz, aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass es dabei nicht wirklich um meine Sicherheit ging, sondern dass das Radio der Grund war. Ich spielte ständig daran herum, drehte am Einstellrad und wechselte von ihrem langweiligen Sender, der andauernd nur Perry Como spielte, zu einem, der richtige Musik brachte.
    Während wir weiter Richtung Tankstelle fuhren, konnte ich durch den Schnee ins Stadtzentrum von Mount Vernon hineinblicken. Unzählige Punkte roter und grüner
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