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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster
Autoren: Alfred Bekker
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ihren Hals. Dabei murmelte er weiter scheinbar sinnlose Silben vor sich hin wie in einem Singsang.
    »Bewegt Euch nicht, Mörderseele! Ich erkenne Eure Augen, Traumhenker, denn ich sah Euch in Lengerich und in so vielen anderen Gesichtern. Jetzt ist der Tag deines Banns gekommen!«
    Branagorn holte aus.
    »Nein!«, rief Anna. »Wir rufen die Polizei!«
    Branagorn hielt inne. Auch sein Gesicht hatte sich zu einer Grimasse verzogen. Sekunden vergingen. »Rührt Euch nicht, wenn Ihr Euren Kopf behalten wollt, Mörderseele«, murmelte er. »Rührt Euch nicht … Wagt es nicht einmal, heftig zu atmen.«
    Melanie Aufderhaar sah ihn nur an und wirkte wie erstarrt. Anna ging derweil zum Festnetzanschluss auf der anderen Seite des Wohnzimmers und nahm den Hörer ab. Die Nummer wählte sie wie automatisch. »Haller? Ich meine Sven … Ich bin zu Hause in meiner Wohnung, und hier muss jemand festgenommen werden. Melanie Aufderhaar ist hier und hat versucht, mich umzubringen.«
    ***

    Fast eine Woche war seit der Verhaftung von Melanie Aufderhaar vergangen. Anna saß in Hallers Büro. Der Kriminalhauptkommissar machte einen ziemlich nachdenklichen Eindruck.
    Sarah Aufderhaar hatte inzwischen ausführlich ausgesagt. Sie hatte offenbar schon seit Langem geahnt, dass ihre Schwester etwas mit den Morden zu tun hatte.
    »Sie muss es gewusst haben, sonst hätte sie ihre Schwester nicht regelrecht verfolgt, wenn es ihr Job zuließ«, meinte Haller.
    »Manche Dinge will man einfach nicht wahrhaben«, antwortete Anna. »Dinge, die nicht in das eigene, ganz private Weltbild passen und es zu sprengen drohen.«
    »Fang jetzt nicht an, von Magie zu sprechen.«
    »Dafür, dass Branagorn zur rechten Zeit zur Stelle war, um Melanie Aufderhaar aufzuhalten, suche ich erst gar keine Erklärung, Sven. Vielleicht war es einfach Zufall, vielleicht auch etwas anderes. Wer weiß … Wenn man anfängt, zwanghaft wirklich alles erklären zu wollen, dann endet man in einer Sackgasse wie Melanie. Warum war sie in dem brennenden Haus und nicht ihre Schwester? Warum konnte Timothy Winkelströter sie einfach nicht lieben? Nicht einmal dann, als doch alle Konkurrentinnen tot waren? Warum musste sie hässlich und verunstaltet sein, während der Rest der Menschheit nur aus Schönheit und Anmut zu bestehen schien?«
    »Sie hätte sich auch fragen können, warum sie das unglaubliche Glück hat, noch am Leben zu sein.«
    »Ja, es ist alles eine Frage der Perspektive. Und je nachdem, welchen Blickwinkel wir einnehmen, gestalten sich auch die Fragen, die wir dem Leben stellen. Und je nachdem, wie wir diese Fragen beantworten, formen sich unsere Einstellungen und Ansichten.«
    »Du hattest auf jeden Fall einfach Glück.«
    »Ja, so versuche ich das auch zu sehen … Sven.«
    Haller grinste. »Du hast immer noch Schwierigkeiten damit, nicht wahr?«
    »Womit?«
    »Mich beim Vornamen zu nennen.«
    »Wie gesagt, jeder von uns hat Gründe dafür, weshalb sich seine Ansichten so und nicht anders gebildet haben.«
    »Sicher … Inzwischen liegen übrigens die Testergebnisse vor. Melanie Aufderhaar hat die Haare ihrer Opfer tatsächlich bei ihren Puppen verarbeitet. In dem Abstellraum gegenüber der Wohnung von Herrn Gross fanden sich noch einige Haarvorräte. Im Labor konnte man sie den bisherigen Opfern des Barbiers inzwischen zuordnen. Und ihr Wagen – ein Kombi mit Kuhfänger, so ähnlich, wie man ihn auch bei Timothy Winkelströters Wagen findet – trägt eindeutig Spuren von Branagorns Schwert.«
    »Das finde ich gut.«
    »Was?«
    »Dass du ihn Branagorn nennst. Bei seinem richtigen Namen.«
    Haller lächelte matt. »Der Wahnsinn scheint langsam schon auf mich überzuspringen.«
    »Sven, das glaube ich nicht.«
    »Ach nein?«
    »Ich soll dich übrigens fragen, wann Ihr gedenkt, verschiedene Schwerter an ihren Eigentümer zurückzugeben, werter Hüter der Ordnung. Ich glaube, ich habe jetzt wörtlich seine Ausdrucksweise zitiert.«
    »Der Fortschritt in der Beweissicherung wird es sicher bald zulassen«, sagte Haller. »Die Zurverfügungstellung eines Ersatzschwertes sieht unsere Rechtsordnung allerdings leider nicht vor – auch wenn das Branagorn gewiss nicht zufriedenstellen wird.«
    ***

    »Sie wirken nicht glücklich«, stellte Anna beim nächsten Therapie-Termin mit Branagorn alias Frank Schmitt fest. »Es kann ja ein subjektiver Eindruck meinerseits sein, aber als wir uns über die Verhaftung von Melanie Aufderhaar und alles, was damit zu tun hat, un-
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