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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster
Autoren: Alfred Bekker
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Mittelalters nachzukochen versuchen?« Ein eigenartiges, freudloses Lächeln spielte um ihre Lippen. Sie sah auf ihre Puppe. »Meinst du die Wahrheit, die in diesen Haaren steckt?« In ihren Augen blitzte es.
    Sie stand auf. Dabei musste sie sich mit einer Hand aufstützen. Sie ging zu der Schrankwand, kniete nieder und setzte die Puppe an den Platz, den Melanie für sie auserkoren hatte. Alles musste seine Ordnung haben. Dann stand sie auf und stützte sich dabei auf. Aufstehen und Treppensteigen war etwas schwierig, bei allem anderen sah man ihr nichts an – weder von den Bewegungsabläufen her, noch was die Schnelligkeit betraf.
    »Melanie …«
    »Oder meinst du diese Wahrheit?« Mit diesen Worten nahm sie ihre Perücke vom Kopf, die dem Naturhaar ihrer Schwester so exakt wie nur irgend möglich nachgearbeitet worden war. »Es gibt so viele Wahrheiten, Sarah. Für welche soll ich mich entscheiden?«
    ***

    Anna brachte Branagorn nach Kinderhaus, bevor sie schließlich zum Polizeipräsidium am Friesenring fuhr. Von der Achtermannstraße aus lag das nun wirklich nicht gerade auf der Strecke, und Branagorn wollte zunächst auch lieber mit dem Bus fahren, aber schließlich ließ er sich doch darauf ein, diesen besonderen und gewiss einmaligen Service seiner Therapeutin anzunehmen.
    Der Grund dafür war vermutlich derselbe, aus dem Anna ihm die Fahrt überhaupt angeboten hatte: Sie wollten beide die Zeit nutzen, um ihre Unterhaltung fortzusetzen. Anna hatte das Gefühl, den Kopf etwas freier bekommen zu müssen. Die Erkenntnisse, die sich durch die Ansicht des Polizeivideos ergeben hatten, waren verwirrend.
    »Glauben Sie, dass Melanie Aufderhaar hinter der Maske des Schwarzen Todes steckte, die Sie auf dem Video entdeckt haben?«, fragte Anna.
    »Ich bin mir sicher.«
    »Ist es dieselbe Gestalt, mit der Sie gekämpft haben?«
    »Auf dem Bild konnte ich die Augen nicht sehen. Wenn das möglich wäre, würde ich die Mörderseele erkennen, in die der Traumhenker gefahren ist, werte Cherenwen. Ganz bestimmt!«
    »Ich werde vermutlich Gelegenheit haben, gleich mit Timothy Winkelströter zu sprechen, und …«
    »Er ist unschuldig«, beharrte Branagorn auf seiner Meinung. »Sagt den Hütern der Ordnung, dass sie die Haare den Alchemisten übergeben sollen, wenn sie die Wahrheit erfahren wollen, denn nur so wird sie auf eine Weise an den Tag kommen, dass die unvollkommene Gerichtsbarkeit dieser Welt sie akzeptieren kann.«
    »Ich tue mein Bestes, Branagorn.«
    »Das weiß ich, Cherenwen«, gab Branagorn nun in einem deutlich versöhnlicheren Tonfall zurück. »Nur in einem Punkt gebt Ihr mir Anlass zur Kritik.«
    »Und der wäre?«
    »Ihr achtet zu wenig auf Euch, denn ich glaube, dass Ihr in Gefahr seid. Wenn Ihr wollt, werde ich Euch begleiten und bewachen, wohin Ihr auch geht.«
    »Nein, das halte ich für keine gute Idee, Branagorn.«
    »Warum nicht? Obwohl mir bereits zwei Schwerter genommen wurden, bin ich nicht ohne Magie. Und davon abgesehen habe ich noch weitere Artefakte in meinen Gemächern, auch wenn sie weitaus weniger mächtig sind als diejenigen, die man mir nahm.«
    »Nein. Vielen Dank, Branagorn. Das wird nicht nötig sein.«
    »Täuscht Euch da nicht«, widersprach Branagorn. »Täuscht Euch da bloß nicht!«
    »Haller bekommt zu viel, wenn ich Sie wieder im Präsidium anschleppe. Es ist schon hart an der Grenze, dass wir uns zusammen bei mir das Videomaterial angesehen haben.«
    Branagorn atmete tief durch. Anna hielt ihren Wagen an. Sie hatten den Wohnblock erreicht, in dem Branagorn alias Frank Schmitt zu Hause war, wenn das der richtige Begriff dafür war. Vielleicht passt das Wort »hausen« besser als »zu Hause sein«, dachte Anna. Eine trostlose Umgebung war es, in der dieser eigentlich hochbegabte Mann leben musste. Eine Umgebung, deren graue Realität in einem so unfassbar krassen Gegensatz zu den farbigen Schilderungen von anderen Welten und phantastischer, allgewaltiger Magie stand, die Branagorn zu erzählen wusste.
    »Wir sehen uns beim nächsten Termin«, sagte Anna.
    »Bleiben wir über das sprechende Artefakt in Kontakt?«
    »Wann immer Sie wollen oder ich Ihren Rat brauche, Branagorn.« Anna lächelte unwillkürlich.
    »Was amüsiert Euch, werte Cherenwen?«
    »Dass ich das wirklich gesagt habe.«
    »Dass Ihr meinen Rat braucht?«
    »Ja.«
    »Das ist nichts weiter als die verspätete Anerkenntnis der Realität. Ihr brauchtet meinen Rat schon in jener anderen Welt, in der wir uns zuerst
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