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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster
Autoren: Alfred Bekker
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sagen, auf dessen Urteils- und Sehvermögen du ja so sehr viel setzt«, erklärte Haller. »Ich habe Wolli darum gebeten, er soll mal nachsehen, ob er da irgendetwas finden kann.«
    »Und?«
    »Er hat was gefunden. Eigentlich wollte ich es dir erst nachher zeigen.« Haller zog eine Schublade auf, nahm einen Schnellhefter hervor und legte ihn vor Anna auf den Tisch. »Alles Computerausdrucke und Kopien. Du wirst erstaunt sein.«
    Anna nahm den Schnellhefter und blätterte darin.
    Sie bemerkte ihr eigenes Zögern dabei. Fürchtete sie insgeheim vielleicht die Wahrheit? War sie dem Charme seiner Geschichten und phantastischen Welterklärungen schon so sehr erlegen, dass sie selbst vielleicht auch allzu gern wenigstens den Teil davon glauben wollte, für den es immerhin eine nachvollziehbare und in ihrem Fall auch immer eine naturwissenschaftlich nachvollziehbare Erklärung gab?
    »Ich will es mal so zusammenfassen, Anna: Es gab da eine junge drogensüchtige Mutter, die sich in ihrem Rausch die Haare abgeschnitten hat. Eigentlich wollte diese junge Mutter auf eigene Faust einen kalten Entzug machen, aber sie wurde schwach und hat stattdessen ihren Mann mit einem Küchenmesser erstochen, weil der ihr das Geld für den nächsten Schuss nicht geben wollte. Und der kleine Sohn dieser jungen Mutter – Frank Schmitt – saß unter dem Küchentisch und hat das alles mit angesehen.«
    »Woher kommen diese Unterlagen?«, fragte Anna. »Warum habe ich davon noch nie etwas gesehen?«
    »Das weiß ich nicht. Schlamperei vermutlich.«
    Anna schluckte. »Ich weiß nicht, ob …«
    »Anna, die Augen der Mörderseele, die Frank Schmitt gesehen hat, sind die Augen seiner Mutter – und die irgendeines Irren, mit dem er zusammen in Lengerich war. Vermutlich wird er diese Augen bis zu seinem Lebensende vor sich sehen. Und sie überall wiederzuerkennen glauben – als ein mystisches Wesen, das man Traumhenker oder Weihnachtsmann oder wie auch immer nennen kann und das von den Seelen anderer Menschen Besitz ergreift und sie böse werden lässt. So, wie es bei seiner Mutter der Fall gewesen sein muss. Es war seine kindliche Erklärung dafür, dass seine Mutter, die er zweifellos geliebt hat, offensichtlich aber für ihn unerklärlich zu einer bösartigen Bestie wurde.«
    »Was ist aus der Mutter geworden?«
    »In der Haftanstalt verstorben. Drogen bekommt man leider auch da.«
    Einige Augenblicke herrschte Schweigen.
    Anna lehnte sich zurück und atmete so heftig aus, dass es fast wie ein Seufzen klang.
    In diesem Moment flog die Tür zur Seite. Raaben kam herein.
    »Timothy Winkelströter ist in Raum drei. Ich dachte …«
    »Jetzt nicht«, sagte Haller.
    »Doch«, widersprach Anna. »Es geht schon.«
    »Nun sag mal ehrlich. So ein schlechter Psychologe bin ich auch nicht, oder?«
    »Na ja, es geht, Sven.« Nach einer kurzen Pause fügte sie noch hinzu: »Aber du bist dir schon hundertprozentig sicher, dass dieser Frank Schmitt auch mit meinem Patienten identisch ist?«

    Timothy Winkelströter nippte an dem Becher mit schwarzem Kaffee, den man ihm hingestellt hatte, und verzog das Gesicht. »Bah!«, stieß er hervor.
    »Die können hier keinen Kaffee kochen«, meinte Anna. »Aber ich bin noch schlechter dran, denn ich trinke nur Tee, und den gibt es hier überhaupt nicht.«
    »Nein, am Kaffee liegt es nicht. Wissen Sie, was für psychointensive Stoffe alles in Pilzen vorhanden sind? Da muss man sich mit auskennen, sonst nippelt man ganz schnell ab.«
    »Und Sie kennen sich aus?«
    »Ja, dachte ich zumindest. Aber die Wirkung ist immer schwer abzuschätzen. Und hinterher hat man noch eine Weile einen stark veränderten Geschmackssinn. Zumindest bei manchen der Originalrezepte, die ich bei den Neuen Templern gelernt habe.«
    »Sie haben sich also zugedröhnt.«
    »Ja.«
    »Gab es einen Grund?«
    »Ja, natürlich! Ich hatte ein paar Meinungsverschiedenheiten mit Nadine, und es schien so, als würde sich unsere schöne Zeit irgendwie langsam, aber sicher oder besser gesagt furchtbar schnell dem Ende entgegen neigen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Durchaus.«
    »Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Polizei ein paar Stunden später vor der Tür steht und mich festnehmen will. Da habe ich wohl ein bisschen überreagiert. Das ist auch schon alles. Mit Nadines Tod habe ich nichts zu tun.«
    »Die Kripo glaubt etwas anderes.«
    »Ja, diese Idioten wollen irgendeinen Sündenbock haben. Hauptsache, jemand wird eingelocht, damit die
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