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Der Teufel von Mailand

Der Teufel von Mailand

Titel: Der Teufel von Mailand
Autoren: Martin Suter
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»Und warum das zweite Kreuz?« Sie schrie es, um den Helikopterlärm zu übertönen.
    »Das war nicht ich«, schrie er zurück.
bei uns regnets und regnets und regnets

hallo sonia wo bist du
dein handy wurde nicht gestohlen nicht wahr
doch
ihr habt das erfunden damit ich mich nicht frage woher maman weiß wo ich bin
nix verstan
gibs auf malu manuel hat ausgepackt

warum malu

warum malu
einsam alt und pleite
was hat er bezahlt
zu wenig

tut mir leid ehrlich :-(

    Eine ihrer größeren Ehekrisen hatte Sonia in Namibia erlebt. Frédéric hatte sie mit zwei Wochen Safari dorthin gelockt. Sie war noch nie zuvor in Afrika gewesen und hatte sich gefreut. Eine fast professionelle Kamera hatte sie gekauft und alle Tier- und Pflanzenführer, die sie auftreiben konnte.
    Erst als sie durch das mit Geweihen geschmückte Tor der »Bushman’s Hunting Lodge« fuhren, wurde ihr klar, daß Frédéric keine Fotosafari gebucht hatte. Sie befanden sich auf einer dieser riesigen eingezäunten Jagdfarmen, von denen sie in ihren Führern gelesen hatte. Die Jagdgäste wurden dort in günstige Abschußpositionen zu den Oryx-, Zebra-, Gnu- oder Springbockherden gefahren, und zum Abendessen gab es Fleischfondues aus dem gemischten Wildbret.
    Frédéric hatte ihr ein halbes Jahr zuvor gestanden, daß er aus früheren Zeiten ein Jagdpatent besaß. Sie nahm die Neuigkeit mit der Gleichgültigkeit auf, die sich schon damals ihm gegenüber eingestellt hatte. Aber er legte ihr diese als Aufgeschlossenheit gegenüber dem Jagdsport aus.
    Sie packte ihre Koffer gar nicht erst aus, und schon am nächsten Tag landete sie als einzige Passagierin eines kleinen Flugzeugs auf der holprigen Buschpiste der »Waterbuck Lodge«, einer kleinen Anlage mit zwölf luxuriösen Bungalows. Sie verbrachte die Tage damit, von der Terrasse beim Wasserloch die Tiere beim Trinken zu beobachten. Umständlich mit gespreizten Vorderbeinen die Giraffen, hastig und nervös die Springböcke, gelangweilt und blasiert die Löwen.
    Bei der Lodge befand sich eine heiße Mineralquelle, die das Kernstück der geplanten Wellness-Anlage werden sollte. Beim Abschied sagten die Besitzer, mit denen sie sich angefreundet hatte: »Wenn du einmal nicht mehr weißt, wohin: Auf der ›Waterbuck Lodge‹ gibt es bald einen Platz für eine gute Physiotherapeutin.«
    Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo sie nicht mehr wußte, wohin.
    Sie lag auf dem Bett in ihrem Zimmer und starrte zum letzten Mal an die Dachschräge über ihr.
    Sie hatte sich geweigert, den Helikopter zu besteigen. Peder Bezzola brachte sie zum Hotel zurück. Unterwegs erzählte er ihr, daß Gian Sprecher ihm berichtet habe, er habe den Masseur und den verkleideten Hund beobachtet. Als ihn Sprecher heute anrief, Sonia und der Masseur seien zu einer Wanderung aufgebrochen, sei er ihnen nachgegangen. Er wollte den Masseur zur Rede stellen. Reto Bazzells Andenken zuliebe.
    Im Hotel hatte man den Dorfarzt angerufen. Der hatte ihr ein heißes Bad und einen Grog verordnet und etwas zum Entspannen gegeben. Sie hatte nicht gefragt, was.
    Aber sie würde sich erkundigen. Das Zeug war gut. Es betäubte sie nicht, und es machte sie auch nicht apathisch. Alles war da in seiner ganzen Schärfe – der Verrat, die Intrige, die Wut, die Angst, die Enttäuschung, der Liebeskummer –, aber es betraf sie nicht. Sie konnte darüber nachdenken wie über ein fremdes Schicksal.
    Und wie bei einem fremden Schicksal konnte sie es aus ihrem Bewußtsein verdrängen, das Licht löschen und sich vom Regen einschläfern lassen.
    In dieser Nacht erreichten die Niederschlagsmengen überall Rekordmarken. Ein Tief erstreckte sich vom Alpennordrand über das ganze Land, und aus Deutschland und Österreich drückte feuchte Luft auf den nordöstlichen Teil des Kantons Graubünden. In manchen Gegenden fiel in den letzten vierundzwanzig Stunden fast die Hälfte der durchschnittlichen Regenmenge des Monats Juni.
    Sonia erwachte früh. Sie blieb mit geschlossenen Augen liegen, bis sie wußte, wie es ihr ging.
    Es war, als wären alle ihre Gefühle abgekapselt in einem zerbrechlichen Kokon. Falls sie keine brüsken Bewegungen machte, blieben sie vielleicht dort.
    Noch vor sieben klopfte es schüchtern. Sonia schlüpfte in ihren Kimono. »Ja?« fragte sie durch die Tür.
    »Ich bin’s, Frau Felix.«
    Sonia erschrak. »Was wollen Sie?«
    »Frau Peters schickt mich.«
    Sonia öffnete. Frau Felix stand da in ihrer weißen Schürze. Sie lächelte verlegen
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