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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren
Autoren: Alexander Borell
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schloß sie aber, vom Licht der Taschenlampe geblendet, sofort wieder.
    „Ist nicht so schlimm“, sagte Gaby. „Sie haben mich nur ein wenig gestreift. — Hier, ich glaube, ich habe mir das Handgelenk verstaucht.“
    „Oh, Gott!“ sagte Frau Mercker. „Das ist ja schon ganz dick! Wir müssen — Harald, wir müssen sofort...“
    „Kommen Sie“, sagte er und half dem Mädchen auf die Beine. „Ich bringe Sie jetzt nach Hause und hole Ihnen einen Arzt. Die Hauptsache ist, daß Sie jetzt von der kalten Straße wegkommen.“ Und mich hier niemand in dieser vertrackten Situation entdeckt. Was sind schon zwei Gläser Wein, zwei Gläser Sekt und... ja, dieser elende Kognak zum Abschied. „Haben Sie keinen Mantel?“
    Das Mädchen stützte sich ein wenig auf den Arm des Mannes. Dr. Mercker atmete den Duft eines ihm fremden Parfüms.
    „Ach bitte“, sagte das Mädchen, „machen Sie doch keine Umstände, ich kann ganz gut zu Fuß in die Stadt zurückgehen, ich will Ihnen keine Unannehmlichkeiten machen, Sie haben doch sicherlich einen gekippt und das wäre...“
    „Riecht man das denn?“ fragte Frau Ingrid besorgt und hätte sich im gleichen Augenblick lieber die Zunge abgebissen. Zu dumm, nun hatte sie es auch noch zugegeben. Nur undeutlich sah sie die gerunzelte Stirn ihres Mannes.
    „Klar“, sagte das Mädchen. „Aber bei mir brauchen Sie da keine Sorgen zu haben. Ich hab Verständnis für so was.“
    Dr. Mercker registrierte genau den auffälligen Blick des Mädchens nach seiner Autonummer.
    „Kommt gar nicht in Frage“, sagte er. „Ich bringe Sie nach Hause und kümmere mich auch weiter um Sie. Ist doch selbstverständlich Wo wohnen Sie denn?“
    Er öffnete dem Mädchen die Tür zu den Hintersitzen. Mollige Wärme schlug ihm aus dem Wagen entgegen. Das Mädchen stieg ein, zog die Beine an und zitterte plötzlich.
    „Hundekalt“, sagte es, während Dr. Mercker und seine Frau einstiegen. „Wirklich ganz lausig kalt. Dieser Schuft... ein junger Mann, er hat mich überredet, mit ihm zu fahren, und dann ist er plötzlich frech geworden. Ich habe mich gewehrt und da hat er mich einfach auf die Straße gesetzt. Ich wäre in die Stadt zurückgetippelt, denn meine Handtasche hat er auch noch in seinem Wagen.“
    „Nein so was!“ sagte Frau Mercker. „Es gibt schon arge Rowdys heute.“ Sie dachte daran, daß ihr zwanzigjähriger Sohn so etwas niemals machen würde. „Wo wohnen Sie denn?“
    Das Mädchen richtete sich auf.
    „Ach was, lassen Sie mich laufen. Ich mache Ihnen doch nur Umstände. Sicherlich wohnen Sie draußen, außerhalb der Stadt und wollen heim.“
    „Ja“, sagte Frau Mercker, während ihr Mann verbissen über den Hergang dieses Unfalls nachdachte. „Ja, wir wohnen weiter draußen. Und Sie?“
    „Ich?“ das Mädchen seufzte. „Das ist eine lange und sehr dumme Geschichte. Viel zu lang und viel zu dumm, um sie jetzt zu erzählen. Ich wohne nämlich im Augenblick gewissermaßen nirgendwo.“
    Dr. Merckers Blick traf sich mit dem seiner Frau. Sie waren sich beide einig. Dieser letzte Kognak...
    „Wissen Sie was, Fräulein... wie heißen Sie?“
    „Gabriele“, sagte sie. „Das genügt doch, nicht wahr? Setzen Sie mich halt irgendwo im Zentrum ab, ich werde dann schon sehen, wie ich...“
    „Wissen Sie was?“ wiederholte Dr. Mercker. „Unsere Tochter ist übers Wochenende zu Freunden gefahren, ihr Zimmer steht leer. Wir nehmen Sie jetzt erst einmal mit zu uns, Sie können sich ein wenig erholen, und morgen werden wir in aller Ruhe zusammen überlegen, wie es weitergehen soll. Einverstanden?“
    Das Innenlicht brannte, und Dr. Mercker sah die großen, erschrockenen Augen des Mädchens Gabriele. Ein hübsches Mädchen...
    „Aber nein“, sagte sie. „Ich will Ihnen doch nicht lästig fallen. Daß Sie mich ein bißchen angekratzt haben, ist doch kein Grund dafür, daß ich mich nun gleich bei Ihnen zu Hause einniste.“
    Dr. Mercker fuhr vorsichtig an. Da hinten aus der Stadt kamen nun tatsächlich die Autolichter, auf die er die ganze Zeit gewartet hatte, gottlob konnte nun nichts mehr passieren. Er wendete und fuhr stadtauswärts weiter.
    „Ich hoffe“, sagte er, „daß niemand Sie erwartet. Aber wir können dann von uns aus sofort telefonieren.“
    „In München wartet niemand auf mich“, sagte das Mädchen. „Ich muß erst wieder am Montag früh im Büro sein.“
    „Ach?“ fragte Frau Ingrid. „Sie arbeiten in einem Büro? Das hätte ich nicht gedacht.“
    Die Augen
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