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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren
Autoren: Alexander Borell
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bisher.“
    Sie blieb stehen und hielt ihn lächelnd am Arm fest.
    „Alles schön und gut, Harald“, sagte sie, und um ihre Mundwinkel zuckte es. „Aber ist das nun wirklich alles, was dir in diesen vier Urlaubswochen eingefallen ist? Du hättest doch über noch etwas nachdenken müssen, scheint mir.“
    „Noch etwas?“ fragte er verblüfft. „Was meinst du damit?“
    Sie schaute auf ihre Armbanduhr.
    „Komm, Tante Antonie wartet mit dem Kaffee auf uns. — Ja, hast du dir nicht überlegt, daß unser Haus nun leer sein wird? Toni in Heidelberg, und wenn Sabine und Walther von ihrer Hochzeitsreise zurückkommen, werden sie ja auch nicht mehr im Haus „Sonneck“ wohnen. Wir beiden alten Leute werden ganz allein sein.“
    „Tatsächlich!“ rief er überrascht. „Daran habe ich nicht gedacht.“
    Sie zog ihn lachend mit sich fort.
    „Siehst du, du bleibst immer der gleiche: du denkst an alles, nur nie an das Nächstliegende. Ich werde tagsüber allein in diesem großen Hause sein und mich mit Antonie darüber unterhalten, ob es dieses Jahr wohl Pilze geben wird, oder ob die Brombeeren bald blühen. Und dann wirst du abends heimkommen und mir von einem Mann erzählen, der falsch geparkt hat und das nicht einsehen wollte — oder von einem Mädchen, das nicht richtig in die Parklücke rangieren konnte. Und dann wirst du deine Zeitung lesen, wirst dich über einen Politiker ärgern, und am Wochenende wirst du mit unserem Verwalter sprechen und beanstanden, daß die Pferde zu teuer sind, zumal nun niemand mehr da ist, sie zu reiten... und so werden wir hier steinalt werden und eines Tages ..
    Vor ihnen tauchte Haus „Sonneck“ auf. Breit und behäbig lag das Bauernhaus vor den Fichten, die es wie schützend umgaben.
    Der Richter lachte plötzlich.
    „Alles Unsinn“, sagte er. „Alles falsch, was du da eben gesagt hast! Ich kenne doch meine Sabine, und Walther kenne ich auch: es wird gar nicht lange dauern, dann krabbelt hier ein kleiner Scheurich herum, vielleicht auch ein kleines Mädchen, und es wird wieder Kindergeschrei geben, wie damals vor zwanzig Jahren — verdammt noch mal, wir werden flüchten müssen, um ein wenig Ruhe zu haben. Schau mal — die gute Antonie steht vor der Tür und winkt ganz aufgeregt — ob was passiert ist?“
    Sie beschleunigten ihre Schritte. Antonie kam ihnen entgegen und schwenkte einen Brief in der Hand.
    „Von Sabine!“ rief sie. „Himmel, wie bin ich neugierig! Ich finde es überhaupt abscheulich von den Kindern, auf Hochzeitsreise zu fahren und über drei Wochen nichts von sich hören zu lassen! Hier, Ingrid, er ist an dich adressiert — ich platze schon beinahe, ihr wart aber auch fast zwei Stunden unterwegs.“
    Der Richter lächelte.
    „Und woher hast du überhaupt diesen Brief? Nachmittags wird doch gar keine Post ausgetragen?“
    „Ich war auf der Post und habe nachgefragt. Siebentausenddreihundertvierundachtzig Schritte — hin und zurück! Das mache ich seit vierzehn Tagen — und heute hat’s geklappt — so lies doch vor, Ingrid!“
    Der Richter nahm seine Schwester am Arm.
    „Komm, Antonie — meine Tochter ist, was Präzision des Ausdrucks anlangt, von mir erzogen worden. Wenn sie gewollt hätte, daß wir den Brief alle zusammen lesen, würde sie ,An Familie Dr. Mercker’ adressiert haben.“
    „Du bist abscheulich, Harald“, versuchte die alte Dame zu protestieren, folgte ihrem Bruder aber doch ins Haus.
    Frau Ingrid verschwand in ihrem Zimmer, öffnete Sabines Brief und las:
    „Liebste Mutti.
    Walthers Arm wird nun wohl für immer steif bleiben, aber wir sind über die Verwundung richtig froh, denn Walther möchte nun doch aus dem Polizeidienst ausscheiden, vielleicht — er weiß es noch nicht genau, aber wir können ja darüber sprechen, wenn wir wieder zu Hause sind. Wir kommen bald, denn ich vertrage dieses Klima auf Mallorca nicht, mir ist seit ein paar Tagen immer schlecht, vielleicht kommt’s vom Olivenöl, oder von den gebratenen Fischen, ich weiß nicht, jedenfalls fahren wir übermorgen nach Hause und... “
    Ingrid ließ den Brief sinken, dann eilte sie zur Tür, rannte die Treppe hinunter und platzte ins Wohnzimmer, wo Tante Antonie ihrem Bruder eben den Kaffee einschenkte.
    „Harald — Antonie! Sabine meint, das Olivenöl sei schuld... du lieber Himmel, und diese Kinder halten sich immer für so aufgeklärt! Harald du hast recht — Haus „Sonneck“ bleibt nicht leer.“
    Und im Grunde genommen erschütterte den Herrn
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