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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren
Autoren: Alexander Borell
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Flocken über die Spuren des Verbrechens zu legen begannen.
    „Steig aus!“ herrschte Walther den Burschen an.
    Conega zögerte.
    „Was soll das bedeuten — was wollen Sie von mir?“
    „Ein Geständnis“, sagte Walther, zog Conegas Revolver aus der Tasche und richtete die Waffe auf den Burschen. „Los, steigen Sie aus! Ich werde Sie hier so lange in Schach halten, bis ein Autofahrer vorbeikommt. Der wird die Polizei verständigen. Sie haben endgültig verspielt, Conega!“
    Der Bursche rührte sich nicht. Ein wenig töricht lächelnd sagte er:
    „Ja, aber... dann werde ich vor Gericht auspacken, und dann ist Ihr Schwiegervater erledigt.“
    „Mir egal“, murrte Walther. „Ich hätte dich in München nicht überführen können, die kleine Wolfert hätte jeden Meineid für dich geschworen — jetzt habe ich es leichter mit dir. Also los, ‘raus aus dem Wagen!“
    Er stieg selber aus, ging um den Wagen herum und öffnete die Tür auf Conegas Seite.
    Wie ein Panther sprang ihn Conega an, warf ihn rückwärts in den Schnee, es gab ein kurzes, verzweifeltes Handgemenge... Conega bekam seinen Revolver zu fassen... Walther löste sich blitzschnell von ihm...
    Und dann krachten die beiden Schüsse...
    Walther spürte einen stechenden Schmerz in seiner linken Schulter. Langsam stand er auf, obwohl ihm schwarze Kreise vor den Augen tanzten, dann beugte er sich über den toten Conega und zog ihm das Sparbuch aus der Tasche.
    Das Sparbuch Sabine Merckers.
    Es gab keine Verbindung mehr zwischen dem Mörder Friedrich Conega und dem Hause Sonneck...

    *

    Die beiden Pferde tummelten sich auf der Koppel am Waldrand. Der Föhn, der von den Bergen her zarte weiße Schleier über den blauen Himmel zog, brachte zugleich einen Hauch vom Frühling mit: In drei oder vier Wochen würden hier am Waldrand schon die Leberblümchen blühen.
    Dr. Mercker und seine Frau lehnten sich auf den Balken der Pferdekoppel. Die vier Wochen Urlaub waren übermorgen vorbei. Es waren glückliche Tage gewesen.
    „Ich habe nachgedacht“, sagte er. „Mir ist manches klar geworden. Es war, als erlebte ich die letzten fünfundzwanzig Jahre noch einmal. Ich habe eine Bilanz gemacht.“
    Sie legte ihre Hand auf seinen Arm.
    „Und, Harald? Sind die Passiva wirklich so hoch, wie du gedacht hast? Stehst du tatsächlich vor dem Konkurs?“
    Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    „Nein, Liebling, es sah damals viel schlimmer aus.
    Sie gingen langsam weiter, bogen in einen schmalen Waldweg ein.
    „Du weißt, daß ich gehen wollte. Ich wollte meinen Posten einem anderen Manne freimachen, einem besseren Richter, einem Mann, der nicht selbst Schuld auf sich geladen hatte.“
    Sie hängte sich bei ihm ein und sagte:
    „Und jetzt hast du herausgefunden, daß es einen solchen Übermenschen nicht gibt? Daß wir alle schuldig sind und trotzdem das tun müssen, was uns das Leben vorschreibt?“
    Er nickte.
    „So ungefähr. Vor allem habe ich erkannt, daß ich meinen Beruf bisher falsch aufgefaßt habe. Es war mir alles leichtgefallen, meine Karriere kam fast von selbst. Es fiel mir alles in den Schoß. Und deshalb versagte ich bei der ersten wirklichen Belastung. Eigentlich war es Walther, der mir die Augen geöffnet hat.“
    „Walther?“
    „Ja. Er hatte es schwer. Er stammt aus kleinen Verhältnissen und nicht aus einem reichen Hause, wie ich. Ihm ist nichts in den Schoß gefallen, wie mir. Er mußte hart arbeiten und um alles kämpfen, was ich gewissermaßen mit der linken Hand erledigt habe. Und ihm tat sich keine Türe auf, wie mir alle Türen offenstanden, er mußte sich jede Tür selbst auf machen. Und doch wußte er, was er als Mensch zu tun hatte; und doch hat er genau erkannt, was er seinem Beruf schuldig ist — und was dem Mädchen, das er liebte. Er ist die eigentliche Ursache, daß ich meinen ursprünglichen Entschluß, meinen Beruf aufzugeben, nun doch nicht in die Tat umsetzen werde.“
    Der Wald tat sich vor ihnen zu einer Lichtung auf, zwei Rehe jagten mit langen Fluchten in die Niederung.
    Langsam gingen Harald und Ingrid weiter, Arm in Arm, wie sie es vor mehr als zwanzig Jahren so oft getan hatten. Der Richter fuhr fort:
    „Mit Recht würde es Walther mir als Feigheit auslegen, wenn ich nun meinen schlichten Abschied nähme und mich künftig nur noch um die Landwirtschaft kümmerte. Ich werde mich weiter als Richter bemühen, nicht nur Recht zu sprechen, sondern auch gerecht zu sein. Ich glaube, ich kann das jetzt besser als
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