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Das Werben des Lord MacKenzie

Das Werben des Lord MacKenzie

Titel: Das Werben des Lord MacKenzie
Autoren: Jennifer Ashley
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September 1881
    Isabella wartete im Landauer, während ihr Diener die Glocke am Haus Lord Mac MacKenzies in der Mount Street zog, und sie fragte sich zum wohl dutzendsten Mal, ob sie klug handelte.
    Vielleicht war Mac gar nicht zu Hause. Unberechenbar wie er war, weilte er vielleicht in Paris oder in Italien, wo der Sommer stets noch ein wenig länger nachklang. Sie konnte der Sache, auf die sie gestoßen war, eigentlich auch allein auf den Grund gehen. Ja, das wäre vielleicht sogar besser.
    In dem Moment, in dem Isabella sich vorbeugte, um ihren Diener zurückzurufen, wurde die große schwarze Haustür geöffnet und Macs Kammerdiener, ein ehemaliger Boxer, schaute heraus. Isabella sank das Herz. Dass Bellamy die Tür geöffnet hatte, bedeutete, dass Mac zu Hause war, denn Bellamy entfernte sich nie weit von Macs Seite.
    Bellamy spähte in den Landauer, und ein Ausdruck unverhüllter Überraschung zuckte über sein narbenbedecktes Gesicht. Isabella hatte sich diesem Haus seit dem Tag nicht mehr genähert, an dem sie es vor dreieinhalb Jahren verlassen hatte. »Mylady?«
    Isabella ergriff Bellamys baumstarke Hand, um sich festzuhalten, als sie ausstieg. Sie hatte entschieden, dass es das Beste war, die Sache direkt anzugehen.
    »Wie geht es Ihrem Knie, Bellamy?«, fragte sie. »Wenden Sie noch immer das Einreibemittel an? Ist es zu vermessen zu hoffen, dass mein Mann zu Hause ist?«
    Während sie sprach, rauschte sie an ihm vorbei ins Haus und gab vor, nicht zu bemerken, dass das Hausmädchen und ein Diener sie mit großen Augen anstarrten.
    »Das Knie ist sehr viel besser, Mylady. Vielen Dank. Seine Lordschaft ist …« Bellamy zögerte. »Er malt, Mylady.«
    »So früh schon? Das ist erstaunlich.« Isabella begann, mit raschen Schritten die Treppe hinaufzugehen, ohne noch einmal darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tat. Denn hätte sie das getan, wäre sie sehr schnell und sehr weit davongelaufen, hätte sich in ihr Haus eingeschlossen und es nicht wieder verlassen. »Ist er in seinem Atelier? Nicht nötig, mich anzumelden. Ich finde den Weg allein.«
    »Aber … Mylady.« Bellamy folgte ihr, doch sein lädiertes Knie ließ schnelle Bewegungen nicht zu, und Isabella erreichte den dritten Treppenabsatz, noch bevor Bellamy den zweiten erklommen hatte.
    »Mylady, er hat gesagt, dass er nicht gestört werden will«, rief Bellamy hinauf.
    »Ich werde nicht lange bleiben. Ich muss ihm nur eine Frage stellen.«
    »Aber, Mylady, er ist …«
    Isabella verharrte für einen kurzen Moment, ihre Hand lag auf dem weißen Knauf der Tür, die zur Mansarde führte. »Ich werde die volle Verantwortung auf mich nehmen, dass ich in die Privatsphäre Seiner Lordschaft eingedrungen bin, Bellamy.«
    Sie raffte ihre Röcke, während sie die Tür öffnete und einen Schritt in das Zimmer tat. Mac war da, wie erwartet; er stand vor einer hohen Staffelei und malte mit Hingabe.
    Isabella rutschte der Rock aus den kraftlosen Fingern, als die Schönheit ihres Noch-Gatten sie wie ein Schlag traf. Mac trug einen Kilt, fadenscheinig und mit Farbflecken übersät, und er war nackt von der Taille aufwärts. Obwohl es kalt im Studio war, glänzte Macs Oberkörper vor Schweiß. Seine Haut war noch gebräunt vom Sommer, den er auf dem wärmeren Kontinent verbracht hatte. Er hatte ein rotes Tuch um den Kopf geschlungen, um keine Farbe ins Haar zu bekommen, und erweckte damit einen etwas bohemehaft verwegenen Eindruck. Er hatte das immer getan, erinnerte Isabella sich, und empfand bei diesem Gedanken einen Stich. Das Tuch betonte seine Wangenknochen und erhöhte noch die Attraktivität seines Gesichts. Selbst seine derben Stiefel, abgetragen und mit Farbspritzern übersät, waren ihr lieb und vertraut.
    Mac trug energisch Farbe auf die Leinwand auf und hatte offensichtlich nicht bemerkt, dass Isabella die Tür geöffnet hatte. Er hielt die Palette in seiner linken Hand, während er mit der rechten mit raschen, kurzen Bewegungen malte. Mac war ein atemberaubender Mann, der noch attraktiver wirkte, wenn er in eine Beschäftigung versunken war, die er liebte.
    Isabella hatte in genau diesem Atelier immer auf einem alten Sofa mit lose verstreuten Kissen gesessen und ihm einfach nur beim Malen zugesehen. Mac hatte kaum ein Wort mit ihr gesprochen, während er arbeitete, aber es hatte ihr Freude gemacht, das Spiel seiner Rückenmuskeln zu beobachten, die Art, wie er sich Farbe auf die Wange schmierte, wenn er sie geistesabwesend rieb. Nach einer
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