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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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ihres Palastes besteigen
und unaufhörlich nach Hiram Ausschau halten, nach dem Mann, mit dem zusammen
sie leben wollte.
    Es goß in
Strömen, und der Kidron stieg bereits an. Der Elefant durchschritt die reißende
Schlammflut. Als der letzte Sabäer das andere Ufer erreichte, hatten die Fluten
die Furt verschlungen.
    Die Nacht war
zu schwarz und windig, als daß Balkis bemerkte hätte, daß drei Männer auf dem
Hang des Kidron-Tals einem kleinen Gipfel zu strebten, vor dem sie ihre Last
ablegten. Dort hoben sie hastig eine Grube aus, in die sie die Leiche des Oberbaumeisters
warfen. Der Syrer und der Phönizier nahmen Reißaus. Der von Gewissensbissen
geplagte Hebräer wollte den Verstorbenen ehren, brach einen niedrigen Ast von
einer Akazie ab und pflanzte ihn auf das Grab, dessen Erde er mit Geröll
bedeckte.
    Auf ihrem Weg
nach Saba, dem Land des Goldes und des Glücks, war Balkis ganz nahe an dem zu
Tode gemarterten Leichnam des Oberbaumeister vorbeigekommen.

 
    Kapitel 55
     
     
     
    Salomo galoppierte
über die Ebene von Jerusalem. Das Pferd, das den Boden kaum mit seinen
Hufen berührte, schien zu fliegen. Er war vor seinem Palast und dem Becher Wein
geflohen, den er nun niemals mehr mit der Königin von Saba trinken würde, und
ritt seit Tagen durchs Land in der Hoffnung, dem Schmerz zu entfliehen, der ihn
niederdrückte.
    Er ertrug
Balkis’ Abwesenheit nicht. Mit ihrem Aufbruch hatte sich die Verheißung eines
Glücks verflüchtigt, das warm war wie ein sommerlicher See. Diese Frau hätte
ihm einen neuen Weg zur Weisheit aufzeigen können. Zusammen wären sie ein Paar
gewesen, das auf der ganzen Welt Frieden hätte schaffen können.
    Als die
Mittagssonne einen schwarzen Heiligenschein bekam, glaubte Salomo, seine Augen
trögen ihn. Das Phänomen war jedoch flüchtig. Der König wußte, daß ein ihm
teures Wesen gestorben war. Das Gestirn strahlte zwar wieder, aber er gab
seinem Pferd die Sporen und ritt rasch in seine Hauptstadt zurück.
    Auf der
Schwelle des Palastes empfing ihn der Hohepriester.
    «Deine Gemahlin ist tot»,
teilte ihm Zadok mit. «Sie hat unaufhörlich bis zum letzten Atemzug nach dir
gerufen.»
    Nagsara war
auf Jasmin und Lilien aufgebahrt, ihre Hände umklammerten den Hals, wo der Name
Hiram eingebrannt gestanden hatte, der jetzt gelöscht war.
    Salomo küßte
die Pharaonentochter auf die Stirn.
    «Holt meinen
Oberbaumeister», befahl Salomo. «Wieviel Mal soll ich es noch sagen.»
    «Er ist
verschwunden», gestand Elihap.
    «Bitte
General Banajas, daß er dir hilft.»
    «Wir haben
seinen Hund Anup gefunden. Er hat nicht mehr gefressen und ist in der Höhle
verhungert.»
    «Beeilt euch,
ich will Hiram auf der Stelle sehen.»
    Der Schreiber
verbeugte sich und verließ eiligen Schritts Salomos Arbeitszimmer. Noch am
selben Abend brachte er Bauern in den Palast, die in der Nähe des Kidron-Tals
wohnten. Einer von ihnen bestätigte, in der Nacht des Gewitters, das Felder und
Häuser zerstört hatte, drei Mitglieder von Hirams Bruderschaft gesehen zu
haben, die eine schwere Last schleppten. Als Salomo ihn befragte, widerrief er
und verlangte nach einem Becher Wasser. Er und seine Gefährten wuschen sich die
Hände und wiederholten den gleichen Satz: «Unsere Hände haben kein Blut
vergossen, und unsere Augen haben nichts gesehen.» So reinigten sie sich
rituell von einem möglichen Verbrechen.
    Am nächsten
Tag empfing der König die neun Meister, die die Bruderschaft leiteten. Die
erzählten ihm, daß sich drei Gesellen vor ihnen mit ihrer abscheulichen
Missetat gebrüstet hätten in der Hoffnung, Hirams Nachfolger würde ihnen dankbar
für die Befreiung von einem Gewaltherrscher sein. Hatten sie nicht unter dem
Schutz Salomos gehandelt?
    «Das ist
schändlich!» wehrte sich der Herrscher. «Wo sind diese Männer?»
    «Sie waren enttäuscht, daß
wir sie nicht zu Meistern gemacht haben», sagte der Wortführer der neun
Meister, «und sind geflohen. Hiram ist ermordet worden. Wir wollen seinen
Leichnam finden.»
    «Ich kann
euch helfen.»
    «Majestät, du bist nicht
Mitglied unserer Bruderschaft.»
    «Zwingt einen
König nicht zum Betteln. Diese Ehre schulde ich einem Genie, das mein Freund
war.»
    Die neun
Meister folgten Salomo, der beim Ausgang des heiligen Bezirks den steilen Pfad
einschlug, der zum Kidron-Tal führte. Das Bild seines Oberbaumeisters im
Purpurumhang bei der Einweihung des Tempels verfolgte ihn. Die Vibrationen des
Zepters, das der König ausgestreckt hielt, zeigten

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