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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem
Autoren: Christian Jacq
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den
erfahrensten Höflingen, erregten Begehrlichkeit und trugen noch zum Ruf von
Salomos Festen bei.
    So vergingen
einige Jahre, ohne daß der König zu Gericht saß. Die Regierung des Königreiches
hatte er einer Schar Beamter unter Elihaps Leitung überlassen. Der ernste und
arbeitsame Schreiber des Königs ersetzte mittels seiner Begabung den Herrscher
und fragte nur in äußerst heiklen Angelegenheiten um Rat. Mit seiner Zustimmung
erhöhte Elihap die Zahl der Soldaten, nachdem der Libyer Seschonq nach Siamuns
Tod den ägyptischen Thron bestiegen hatte. Und der neue Pharao hatte Jerobeam
unverzüglich ermutigt, einen Krieg gegen Israel vorzubereiten. Doch der Libyer
ließ Vorsicht walten, er fürchtete, einen schweren Rückschlag hinnehmen zu
müssen. Daher beließ er denn doch lieber alles beim alten.
    Die
zahlreichen Ehefrauen des Königs, die aus den unterschiedlichsten Ländern
stammten, forderten Tempel und Altäre, damit sie zu ihren Lieblingsgottheiten
beten konnten, und zunächst weigerte sich Salomo. Als sie sich
zusammenschlossen und sich ihm allesamt verweigerten, gab er nach. Auf Hügeln,
auf Berggipfeln, in Tälern, in Städten wie in Dörfern erhoben sich heidnische
Heiligtümer, zu denen Salomos Ehefrauen zum Beten kamen. Selbst die
abgeschiedensten Orte blieben nicht verschont, selbst dort, wo die Bundeslade
gestanden hatte, wo die Patriarchen Jahwes Stimme gehört hatten. An den Quellen
der Flüsse, an den Ufern des Meeres, am Rand der Wüste wurden unbekannte Götzen
verehrt, die in Erdhütten hausten, im Vorbau von Holzgebäuden oder in Alleen
aus gräßlichen Tieren thronten.
    Salomo
glaubte nicht mehr an Jahwe. Er betete zu jeder dieser fremdländischen
Gottheiten in der Hoffnung, sie könnte ihm die Ruhe geben, die er nicht mehr in
Lustbarkeiten und im Rausch fand. Das Volk wehrte sich stumm. Salomo verging
sich gegen das Gesetz des Einen Gottes, doch das Land blieb reich und blühend
und genoß einen dauerhaften Frieden, die Quelle allen Glücks. Befahl der König
nicht den Geistern? Besaß er nicht mehr Wissen als irgendein anderer Mensch auf
Erden? Verfaßte er nicht die schönsten Gedichte, die von den berühmtesten
Sängern an den prächtigsten Höfen zur Lyra vorgetragen wurden? Wurde Salomos
Weisheit nicht von den Mächtigsten bewundert, und sicherte sie Israel nicht das
Glück?
    Als er alt wurde, übernahm
Salomo wieder die Zügel der Regierung. Nach all den Lustbarkeiten betäubte er
sich nun mit Arbeit. Elihap wurde eine niedrigere Stellung zugewiesen, und der
Herrscher prüfte jedes Dokument, empfing jeden Beamten, regelte jede Einzelheit
der Verwaltung. Seine Klarsicht und Klugheit führten zu zahlreichen
Verbesserungen in der Verwaltung der Provinzen und im Handel mit fremden
Ländern. Die Schatzkammer füllte sich. Jeder Hebräer hatte genug zu essen.
    Jede Geburt
wurde von den Familien als Segen aufgefaßt und begeistert gefeiert, und man
dankte dem HERRN, daß man unter der Herrschaft des gütigsten aller Herrscher
leben durfte.
     
     
    Der alterslose König war alt
geworden, doch das hatte seiner Schönheit keinen Abbruch getan. Auf seinem
vollendeten Antlitz gab es nur eine einzige, kaum sichtbare Runzel. Es
herrschte Frieden, das Volk war glücklich, das Land angesehen… In seiner Rolle
als Herrscher hatte Salomo nie Schiffbruch erlitten. Wenn er seine Urteile
sprach, so nie zum Schaden eines seiner Untertanen.
    Salomo war
allein. Er hatte keinen legitimen Sohn, keinen Freund, keinen Ratgeber. Niemand
verstand ihn. Niemand versuchte in die Geheimnisse seines Herzens einzudringen.
Der König begehrte nicht mehr gegen Jahwe auf, er betete zu keiner Gottheit
mehr. Seine tägliche Nahrung war die Verzweiflung. Gerechte wie Bösewichter,
Mensch wie Tier, alles strebte dem gleichen Nichts zu? Alle kamen aus dem
Sternenstaub und kehrten in den Staub der Erde zurück.
    Der, dessen Weisheit so
gepriesen wurde, stieß sich an einer undurchdringlichen Mauer: Gottes Werk. Er
hatte keines seiner Rätsel lösen können und wußte seit langem, daß das auch
keiner schaffen würde. Alles war eitel.
    Als der
Frühling mit Blüten kam, erkannte Salomo, daß es sein letzter war. Er verließ
den Palast und ging zum Tempel, den er seit so vielen Jahren nicht mehr
betreten hatte. Allein im Allerheiligsten hörte er zwar nicht Gottes Stimme,
doch er sah in die Zukunft.
    Eine Zukunft,
in der der Frieden zerbrach, in der sich die Stämme Israels aufs neue
zerfleischten, in der blutlüsterne
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