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Der Tag an dem ich cool wurde

Der Tag an dem ich cool wurde

Titel: Der Tag an dem ich cool wurde
Autoren: Juma Kliebenstein
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wollte, mir eine neue Brille zu kaufen oder besser noch Kontaktlinsen (meine blauen Augen gefallen mir nämlich ganz gut, nur sieht man sie hinter der Brille kaum), hat sie ganz erstaunt gefragt: »Waaaaaas? Die Brille ist doch todschick, richtig peppig schaust du damit aus! Und sie hat eine ganze Stange Geld gekostet.«
    Und damit war das Thema vom Tisch.
    Jetzt könnt ihr euch ja ungefähr vorstellen, dass ich nicht gerade der Schönling der Klasse bin. (Wobei ich finde, mein Gesicht ist gar nicht schlecht.) Mein Papa Eric, der auch ein bisschen beleibt ist, sagt immer, ich soll mir nichts daraus machende älter ich werde, desto schöner werde ich auch (was ich aber nicht so recht glauben kann, er selbst ist nämlich heute dicker als früher), und Mama sagt, es ist sowieso wichtiger, wie man ist, als wie man aussieht. Sie hat da gut reden. Mama ist dafür, dass sie schon fast vierzig ist, noch ganz hübsch. (Sie keift ziemlich oft rum, aber das ist Papa egal, wenn er sie anguckt, glaube ich.)
    Jedenfalls erzähle ich zu Hause nicht so gerne von der Schule, weil Mama und Papa nicht verstehen würden, dass ich dort ständig mit den FabFive Stress habe. Das hat schon am ersten Schultag angefangen.
    Ich weiß noch genau, wie ich damals mit meiner Mutter in der großen Aula saß, zusammen mit vielleicht hundert anderen, und darauf gewartet habe, in meine neue Klasse eingeteilt zu werden.
    Mann, hab ich mich unwohl gefühlt. Meine Mutter hatte mich in ein hellrosa Hemd gezwängt (sie sagte dazu lachsfarben — topmodern!), wegen des festlichen Anlasses und so. Die Farbe des Hemdes hat sich ziemlich mit meiner roten Brille gebissen und außerdem saß es ziemlich knapp. Ich war gerade ein paar Tage vorher wegen meiner Plattfüße beim Arzt gewesen, und der hatte mich schräg angesehen und gesagt, ich hätte wohl wieder zugenommen und da müsste man was machen.
    Ich fühlte mich an diesem ersten Schultag also absolut nicht wohl in meiner Haut. Irgendwie hatte ich schon geahnt, dass das alles nicht so toll für mich laufen würde.
    Auf dem Platz vor mir saß ein Junge mit blonden Haaren und Surferklamotten, der die ganze Zeit Kaugummiblasen machte und sie laut platzen ließ. Seine Mutter störte das nicht, aber meine, weil oben auf der Bühne der Direktor schon mit seiner Begrüßungsrede angefangen hatte.
    »Kannst du mal aufhören mit dem Geknalle«, hat sie gesagt. »Man wird ja taub, und ich hör nicht mehr, was der Direktor erzählt.«
    Der Junge hat sich umgedreht und meine Mutter angegrinst. Er hat eine riesengroße Kaugummiblase gemacht und sie besonders laut knallen lassen.
    »Aber Lucas«, hat seine Mutter zu ihm gesagt. »Jetzt warte doch mal mit deinem Kaugummi bis nachher, ja?«
    Mama sah aus, als ob sie gleich platzen würde. Sie kann es nicht leiden, wenn ihr jemand dumm kommt, und schon gar nicht kann sie es leiden, wenn dieser Jemand auch noch dreißig Jahre jünger ist als sie und aussieht wie ein Möchtegernsurflehrer.
    »Was ist das denn für ein frecher Rotzlöffel«, hat sie wütend gesagt. »Geht mir noch nicht mal bis zum Nabel und führt sich auf wie der King persönlich!«
    Wenn Mama wütend ist, ist sie laut. So laut, dass sich gleich die Leute aus der Reihe vor uns umdrehten. Alle, nur dieser Lucas und seine Mutter nicht. Ich habe aber gesehen, dass Lucas’ Mutter rot geworden war. Ich wurde übrigens auch rot. Mir war das alles peinlich.
    Mama sagte nichts mehr, und die Leute drehten sich wieder nach vorne, wo der Direktor damit begonnen hatte, die neuen Schüler aufzurufen, um sie in Klassen einzuteilen.
    Ich war ziemlich aufgeregt, weil mein Name bald dran sein würde. Ich heiße nämlich Ebermann mit Nachnamen und E ist ja einigermaßen weit vorne im Abc. Der blonde King Lucas aus der Reihe vor mir wurde aber tatsächlich noch früher aufgerufen, weil er Berger heißt. Er ist so lässig nach vorne gegangen und hat dabei Kaugummiblasen gemacht, dass Mama tief Luft geholt und geguckt hat, als wolle sie ihm am liebsten ein Bein stellen. Nachdem Lucas die Treppe zur Bühne hochstolziert war, wurde er in die 5c eingeteilt und stellte sich zu einem blassen Lehrer, der aussah, als würde er gleich vor Müdigkeit nach vorn kippen. Der hat Lucas nur ganz kraftlos die Hand hingehalten und irgendwas vor sich hin gemurmelt. Lucas hat sich breitbeinig oben hingestellt und weiter Kaugummiblasen gemacht. Der Direktor hat zwar die Augenbrauen hochgezogen, aber nichts gesagt. Ich fand es grauenvoll, jetzt
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