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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster
Autoren: Amanda Cross
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so?«
    »Ich habe keine Höhenangst. Und wenn Sie nicht bis zum Büro 142

    des Rektors kommen?«
    »Das wäre Pech für uns beide«, sagte Kate und bog in den Weg ein, der zum Hauptverwaltungsgebäude führte. »Ich habe zwar keinen versiegelten Brief bei meinem Anwalt hinterlassen, den er im Falle meines Todes öffnen soll, aber ich habe meinem Mann alles erzählt und den beiden Kommissaren, die den Fall bearbeiten, ebenso.«
    »Die beiden wollten gestern abend meinen Terminkalender sehen. Ich habe ihnen gesagt, sie sollten sich einen Durchsuchungsbefehl besorgen.«
    »Nicht klug. Wußten Sie, daß die Polizei 1980 in den großen Städten mehr als eine Million Verbrechen verfolgte, daß aber nur fünfzehntausend Durchsuchungsbefehle ausgestellt wurden? Die Bestimmungen der Verfassung, besonders der Paragraph 4, werden nicht immer so strikt befolgt, wie man sich wünschen würde.«
    »Stammen die Zahlen aus offiziellen Berichten oder Ihrer Phantasie, die, fürchte ich, bei Frauen, wenn es um Statistiken geht, sehr blühend ist?«
    »Ich habe die Zahlen in einem Buch gelesen, das Freunde von mir über Rechtsprechung schreiben, und zwar in einem Kapitel über Strafrecht. Wollen Sie genaue Quellenangaben?«
    »Bleiben Sie sofort stehen, Frau Professor Fansler. Ich habe einen Revolver und werde ihn benutzen und sei es nur, um Sie in die Beine zu schießen. Die Bandenkriege breiten sich immer mehr aus; das wissen Sie ja vielleicht.«
    »Machen Sie sich nichts vor, Mr. Noble. Entweder Sie töten mich; dann müssen Sie mit einer gründlichen Ermittlung rechnen, oder Sie verwunden mich, dann müssen Sie mit mir rechnen. Geben Sie lieber auf! Es sei denn, Sie wollen mich zu meiner Verabredung mit dem Rektor begleiten, für die ich schon fünf Minuten zu spät bin.
    Dabei war es sehr freundlich von ihm, mich an einem Samstag zu empfangen, wäre nicht sehr höflich von mir, mich zu verspäten.
    Interessant, wie wenig Leute an einem Samstag auf dem Campus sind, auch wenn es kein Ferienwochenende ist, finden Sie nicht?«
    »Für eine Frau sind Sie ziemlich tapfer.«
    »Das bin ich gar nicht. In völligem Widerspruch zu Freuds Theorie habe ich lediglich ein sehr ausgeprägtes moralisches Empfinden.
    Und das beleidigen Sie!«
    »Ich weiß, daß Sie mich verdächtigen. Ich habe nichts zugegeben. Sie verstehen alles völlig falsch, Frau Professor Fansler.«
    143

    »Dann kommen Sie mit zum Rektor und schildern ihm Ihre Sicht der Dinge. Aber vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn die beiden Kommissare auch dabei wären, jetzt, wo Sie sich angewöhnt haben, einen Revolver zu tragen.«
    »Das war nur Bluff.«
    »Gut«, sagte Kate. »Sie glauben gar nicht, wie mich das erleichtert.« Sie ließ ihn stehen und ging langsam weiter, auf Nobles Feig-heit und Butlers Mut hoffend. Nun, fügte sie im stillen hinzu, während sie das Verwaltungsgebäude betrat und an die Tür des Rektors klopfte, wenn das gutgeht, dann fällt mir wirklich ein Stein vom Herzen.
    Der Rektor begrüßte Kate mit einer Mischung aus Besorgtheit und Bonhomie.
    »Sie hätten Matthew Noble nicht einweihen sollen«, sagte Kate.
    »Ich bat Sie, niemandem etwas zu sagen. Er hat mich gerade mit einer Pistole bedroht. Wenigstens hoffe ich, daß er gar keine hatte, sondern nur so tat.«
    »Ich hätte ihm nichts gesagt«, antwortete der Rektor, »aber er schaute gestern abend herein, und im Laufe unseres Gesprächs habe ich es zufällig erwähnt. Als Sie sagten, ich solle niemandem gegen-
    über ein Wort darüber verlieren, dachte ich nicht, daß Sie meine Mitarbeiter meinten.«
    »Unglücklicherweise meinte ich genau das«, sagte Kate. »Sie sollten sich lieber setzen. Was ich zu sagen habe, wird eine Weile dauern. Und wenn ich fertig bin, sollten Sie einen Buchhalter oder Versicherungsexperten dazu bringen, so schnell zu arbeiten wie noch nie. Das heißt, wenn es Sie interessiert, was mit einem großen Batzen von Universitätsgeldern geschehen ist.«
    Der Rektor sank in den Sessel hinter seinem Schreibtisch. Ehe Kate zu sprechen begann, hatte sie Zeit festzustellen, daß sie bisher noch nie in den Genuß der so ungeteilten Aufmerksamkeit eines Verwaltungsmenschen gekommen war und wohl auch nie wieder kommen würde. Sie hätte sich diese Aufmerksamkeit jedoch lieber für wissenschaftliche Ausführungen gewünscht.
    Als Kate Stunden später das Büro des Rektors verließ, sah sie sich etwas besorgt nach Matthew Noble um, aber er war nicht zu entdecken. Nun, dachte sie, wenn er
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