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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler
Autoren: Becky Masterman
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Route-66-Opfer.«
    Ich zitterte am ganzen Körper, als ich die entscheidende Frage stellte. »Ist sie es? Ist sie die Mumie, Max?«
    Seine Antwort war Erleichterung und Enttäuschung zugleich. »Nein, die Tote ist nicht Jessica Robertson. Jedenfalls nicht diesem Drecksack Lynch zufolge.«
    »Oh«, machte ich. Es war ein leises, verschüchtertes Nichts von einem Oh. Wir hatten so dicht davorgestanden, Jessica nach all der Zeit zu finden, und nun war sie es doch nicht.
    Mit wackligen Beinen ging ich zu dem Lehnsessel gegenüber der Couch und ließ mich hineinsinken, als meine Knie endgültig nachgaben.
    »Aber Lynch sagt, er kann uns zu ihr führen«, fuhr Max fort, hastiger als zuvor.
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Er hat gestanden? Einfach so?«
    »Nicht einfach so. Sie haben einen Deal mit ihm gemacht. Er bleibt am Leben, wenn er sie zu Jessica Robertson führt.«
    »Der Mistkerl hat einen Handel geschlossen?« In meinem Innern begann irgendetwas zu vibrieren, was ich lange nicht gespürt hatte. Wie eine gespannte Saite. Wut schoss in mir hoch. »Wo ist Jessicas Leiche?«, fragte ich. Ich war bereit. Von mir aus konnten wir sofort aufbrechen.
    »Angeblich in einem vergessenen Autowrack an der alten Passstraße über den Mount Lemmon.«
    »Wurde ihr Vater schon informiert?«
    Nachdem Max seinen Auftrag erfüllt und festgestellt hatte, dass ich nicht ausgeflippt war, entspannte er sich. Er hörte auf, herumzuzappeln, und ließ sich tiefer in die dick gepolsterte Couch sinken. »Nein. Wir wollen erst herausfinden, ob Lynch die Wahrheit sagt. Aber dich wollten wir jetzt schon informieren. Wegen deiner Beteiligung an dem Fall damals. Ich habe mit Laura Coleman gesprochen, dem zuständigen Special Agent. Kennst du sie?«
    »Ich bin ihr während meiner Zeit im Tucson Field Office hin und wieder begegnet. Ich dachte, sie ist beim Betrugsdezernat.«
    »Nicht mehr. Sie ist zum Morddezernat gewechselt, nachdem du aufgehört hattest. Jedenfalls, Coleman hielt es für angebracht, dich zu informieren. Außerdem hat sie David Weiss hinzugezogen, den Profiler.«
    »Weiss wurde bereits informiert?«
    Meine Stimme schien wieder schrill geworden zu sein, denn Max mühte sich aus den Kissen, setzte sich gerade hin und sagte besänftigend: »Ja. Schließlich war er damals der zuständige Profiler. Deshalb kommt er heute Abend mit dem Flieger her, um Lynch auf Zurechnungsfähigkeit zu untersuchen. Dann sind wir abgesichert, und der Hurensohn kriegt lebenslänglich ohne Aussicht auf Bewährung.«
    »Ich will mitkommen, wenn Lynch euch zu der Stelle führt, an der er Jessicas Leiche zurückgelassen hat«, sagte ich.
    Bevor Max antworten konnte, hörte ich, wie sich das Garagentor öffnete. Die beiden Möpse flitzten los, um ihr Herrchen zu begrüßen. Carlos tiefe, ahnungslose Stimme eilte ihm in unsere offene Küche voraus. »Honey, der Tanqueray war zehn Dollar teurer als in Sam’s Club, deswegen habe ich nur ein paar andere Dinge besorgt, Hundekuchen für die Möpse und eine Salami.« Als er ins Zimmer kam und Max und mich sah, blieb er verwundert stehen. Wir starrten zurück, als wären wir bei dem Versuch überrascht worden, etwas zu verheimlichen. In gewisser Weise stimmte das ja auch.
    »Walgreen’s verkauft Salami?«, fragte ich.
    »Hallo, Max«, sagte Carlo.
    »Hi, Carlo.«
    »Stimmt was nicht?«, fragte Carlo.
    Max öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch ich kam ihm zuvor, indem ich Carlo zuliebe auf normal zurückschaltete.
    »Alles bestens, Schatz«, sagte ich. »Max ist vorbeigekommen, weil er mal wieder eine Runde Poker und ein Gespräch über Philosophie braucht.«

3.
    Vor Jessicas Ermordung hatte es fünf weitere Route-66-Morde gegeben. Die Opfer waren allesamt junge Frauen im Alter von achtzehn bis dreiundzwanzig Jahren. Ihre nackten Leichen hatten in entwürdigenden Haltungen entlang oder ein Stück abseits der State Road 40 gelegen, der einstigen Route 66. Viele Reisende wollten sich das Abenteuer nicht entgehen lassen, per Anhalter die berühmte Strecke von Chicago nach L.A. zu befahren – die dem Appalachian Trail ähnelt, nur dass sie asphaltiert ist –, und sei es nur, um später damit prahlen zu können. Die Mädchen, die dort ermordet worden waren, hatten nie die Chance gehabt, mit ihrer Leistung anzugeben.
    Der Killer trieb sein Unwesen zwischen Amarillo, Texas, und Flagstaff, Arizona, und tötete in jedem Sommer nur ein einziges Opfer. Es war praktisch seine Urlaubsbeschäftigung.
    Es war jedes Mal
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