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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler
Autoren: Becky Masterman
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»Der Leichnam war mumifiziert.«
    »Das wird ja immer merkwürdiger. Hat er gestunken?«
    »Nein.«
    Ich nickte und notierte mir in Gedanken, mehr Sellerie zu kaufen, bevor ich die Kühlschranktür wieder schloss. »Hat dieser Trucker den Mord gestanden?«
    »Anfangs nicht. Er sagte, er habe den Leichnam am Straßenrand gefunden. Die Tote sei schäbig gekleidet gewesen, und sie habe keine Schuhe angehabt. Vermutlich eine Illegale, die es nicht durch die Wüste geschafft hat. Er sagte, er habe sie lediglich benutzt.«
    »Benutzt? Du meinst, er hat mit der Leiche …?«
    »Ja.«
    »Widerlich.«
    Aber nichts von alledem erklärte, warum Max so lange brauchte, um mir die Geschichte zu erzählen, geschweige denn, warum er sie überhaupt erzählte. Das alles hätte er mir auch bei einem Telefonanruf verklickern können. Weshalb der Besuch? Ich spürte das altbekannte, gefürchtete Gefühl der Unruhe in meiner Brust.
    Ich reichte Max eine der Coladosen und öffnete meine eigene, konnte mich aber noch immer nicht überwinden, mich zu setzen. »Bis jetzt hört sich das nicht nach einem Serienkiller an«, sagte ich. »Ihr habt nur ein Opfer, und dieser Lynch streitet ab, die Frau getötet zu haben.«
    Ich brauchte Max nicht zu sagen, dass es höchstens zu einer Verurteilung wegen einer minderschweren Straftat reichte, der Schändung einer Leiche, was eine kurze Gefängnisstrafe nach sich ziehen würde.
    »Okay, Max«, sagte ich, »aber was hat das alles mit mir zu tun?« Ich nahm einen Schluck aus der Dose.
    »Als die Techniker den Lastwagen unter die Lupe nahmen, fanden sie ein verstecktes Fach mit Notiz- und Tagebüchern.« Max hielt inne und wog seine Worte dann noch sorgfältiger ab als bisher, falls das überhaupt möglich war. »Und Postkarten.«
    Ich verschüttete Cola auf Janes Läufer, so heftig zuckte ich zusammen. »Waren sie adressiert?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Viele Leute kaufen Postkarten«, sagte ich schulterzuckend. »Selbst Trucker.«
    Max atmete tief durch. »Die Tagebücher handeln von den Route-66-Morden.«
    Die Route-66-Morde. Der größte Fall von Sexualmorden in meiner Laufbahn – und der einzige, den ich nicht hatte lösen können. Der Fall, bei dem ich einen jungen weiblichen Agent verloren hatte, Jessica Robertson, das letzte bekannte Opfer des Killers und das einzige, dessen Leiche man nie gefunden hatte.
    Ich wollte die naheliegende Frage nicht stellen, auf deren Beantwortung ich seit sieben Jahren wartete. Also sagte ich stattdessen: »Dieser Trucker … wie hieß er noch gleich?«
    »Floyd Lynch.«
    »Dieser Lynch könnte ein Trittbrettfahrer sein. Oder ein Fan.« Sogar Serienkiller haben Fans. Die übelste Art von Fangemeinde.
    »Nein«, sagte Max. »Die Tagebücher deuten eindeutig auf Lynch als Täter hin. Außerdem wusste er eine Menge. Die Namen der Opfer …«
    »Die kamen in den Nachrichten. Wie sahen die Tagebuchaufzeichnungen aus?«
    »Sehr detailliert. › Ich schnitt ihr die Achillessehnen durch, damit sie nicht weglaufen konnte, ich vergewaltigte sie, ich erwürgte sie langsam, ich spürte, wie ihr Kehlkopf brach … ‹ «
    »Das kam auch in den Nachrichten«, unterbrach ich ihn erneut. »Außerdem könnte der Kerl fantasiert haben. Vielleicht hat er die Geschichte zu seiner eigenen gemacht.«
    » › … Ich schnitt ihr das rechte Ohr ab … ‹ «
    Das war allerdings nicht in den Nachrichten gekommen. Damit war mein Erklärungsversuch gescheitert. Niemand außer den Ermittlungsbehörden wusste von den Trophäen, die der Killer genommen hatte. Niemand hatte je das Ohr eines Opfers gefunden.
    »Das haben wir zurückgehalten«, musste ich einräumen.
    »Ich weiß.« Max wurde nervös, veränderte ständig seine Sitzhaltung und räusperte sich mehrmals. Seine Stimme wurde leise, fast besänftigend, als käme jetzt eine besonders schreckliche Mitteilung. Ich hasse es, wenn Leute das tun. »Als die Techniker dem Gerichtsmediziner George Manriquez erzählt haben …«
    »Ich kenne Manriquez.«
    »… als sie ihm von den Tagebüchern erzählten, besorgte er sich die Unterlagen über den Fall und versuchte einen Zusammenhang mit der mumifizierten Leiche aus dem Lastwagen zu finden. Es ist ihm gelungen. Trotz der Mumifizierung konnte er ein eingedrücktes Zungenbein, eine durchtrennte Achillessehne und ein abgeschnittenes rechtes Ohr diagnostizieren. Es war alles da. Der gesamte Modus Operandi.«
    »Die Mumie im Truck …«, murmelte ich.
    Max nickte. »Genau wie die anderen
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