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Der sterbende Stern

Der sterbende Stern

Titel: Der sterbende Stern
Autoren: Leigh Brackett
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gespenstische Klagerufe aus. Sie bildeten eine lebende Kette über die Felsen hinunter, um Gelmar zu retten. Die erste der drei Damen überzog Himmel und Meer mit Silberglanz. Stark spürte wilde Freude in sich aufsteigen.
    »Schön. Dann will ich eine dritte Frage stellen. Was ist das für eine Prophezeiung?«
    »Gerrith … die weise Frau Irnans. Sie sagte voraus, ein Fremder werde kommen … die Schutzherren vernichten … und zwar wegen Ashton.« Seine Augen sahen sehnsüchtig zu den Felsen hinüber.
    »Ach«, sagte Stark, »das hat sie tatsächlich gesagt? Vielleicht hat sie recht.«
    Er stieß Gelmar auf die ausgestreckten Hände zu, achtete aber darauf, daß sie ihn nicht auch erreichten. Im schwachen Licht war zu erkennen, daß in einiger Entfernung das Wasser wie von Schwimmern aufgewühlt wurde.
    Stark streifte seine Sandalen ab und strebte dem anderen Ufer zu. Das Rauschen seiner Bewegungen übertönte alle Geräusche; trotzdem spürte er, daß der Abstand geringer wurde. Er mühte sich, eine Spur schneller zu werden. Er fühlte, wie das Wasser unter kräftigen Schlägen vibrierte. Er fühlte, wie ein ungeheuer kräftiger, geschmeidiger Körper an ihm vorbeizog.
    Stark änderte nicht seine Richtung, ergriff nicht blindlings die Flucht, sondern stellte sich unvermutet dem Angreifer.
     

 
3.
     
    Stark begriff sofort, daß er einen Fehler gemacht hatte. Möglicherweise seinen letzten.
    Was Stärke und Reflexe anging, war er so sehr Tier, wie es ein Mensch nur sein konnte, doch das Geschöpf, mit dem er kämpfte, war in seinem eigenen Element. Er packte es, und es schoß wie ein Delphin aus dem Wasser und hatte sich aus seinem Griff befreit. Es blickte lachend auf ihn herab und war schon wieder im Wasser verschwunden, war jetzt wieder unsichtbar irgendwo unter ihm.
    Stark drehte sich herum und tauchte. Das Wesen umkreiste ihn, setzte über ihn hinweg, verschwand wieder. Es spielte mit ihm. Stark kehrte an die Oberfläche zurück. Das Planschen und Schwimmen weiter draußen hatte aufgehört. Er konnte runde Köpfe auf und nieder tanzen sehen, konnte die schrecklichen Stimmen heulen hören. Die Horde schien Abstand zu halten, um dem Anführer Gelegenheit zu geben, das Opfer allein zu hetzen.
    Stark sah, daß der Weg zum Ufer frei war. Er schwamm wieder wie wild darauf zu. Eine kurze Zeit geschah nichts. Es war schon so nahe, daß er glaubte, er werde es erreichen. Dann schloß sich eine kräftige Hand um einen Knöchel und zog ihn mühelos unter Wasser.
    Jetzt ging es um Sekunden. Er krümmte sich zusammen, beugte die Knie und tastete nach der seltsamen Hand, die seinen Knöchel umklammert hielt. Das Seegeschöpf tauchte tiefer, und das milchige Licht wurde schwächer.
    Der Arm war lang und behaart, und unter einer dicken Fettschicht saßen kräftige Muskeln. Stark wußte, daß er verloren war, wenn er den Griff um das Handgelenk des Gegners lockerte. Während des Schwimmens hatte er tief geatmet, um Sauerstoff zu speichern, aber er verbrauchte ihn in großen Mengen, und sein Herz begann schon zu hämmern. Er bohrte die Finger in den Arm und riß an ihm.
    Das Wesen tauchte nicht tiefer. Es blickte ihn an, und Stark sah undeutlich das Gesicht, die kleinen Augen, die Blasen, die aus der flachen Nase stiegen. Der freie Arm, der sie in die Tiefe gerudert hatte, schwang auf ihn zu, wollte ihn am Hals packen. Jetzt wurde nicht mehr gespielt. Stark zog den Kopf ein. Er packte mit einer Hand eine Hautfalte an der Achselhöhle. Er streckte sich mit einem gewaltigen Ruck, und der Knöchel war frei. Er zog sich unter dem Arm des Geschöpfes durch.
    Dieses Kind des Meeres hatte ebenfalls einen Fehler gemacht. Es hatte sein Opfer unterschätzt. Die Menschen die ihm sonst in die Hände fielen, ins Wasser gestürzte Fischer, rituelle Opfer, die von Anbetern des mütterlichen Meeres in die See geworfen wurden, waren leichte Beute.
    Stark gelang es, den muskulösen Hals von hinten zu umschlingen, den kräftigen Körper mit den Beinen zu umklammern. Dann drückte er zu. Das Geschöpf drehte sich brüllend, wollte ihn abschütteln. Stark fühlte den eigenen Tod nahen, war jedoch entschlossen, nicht als erster zu sterben.
    Als endlich die Halswirbel brachen, konnte er es kaum fassen. Er ließ los. Der Körper sank auf den Grund. Stark schoß wie ein Pfeil an die Oberfläche. Instinktiv machte er so wenig Lärm wie möglich, versuchte er, so leise wie möglich zu atmen, damit die Horde, die immer noch lachte und heulte, nicht
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