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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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    Es war ei­ne Tat­sa­che, über­leg­te Ma­jor Paul Smith, wäh­rend er auf das von Kra­tern über­sä­te Ge­län­de starr­te, das an ihm vor­über­jag­te, daß auf dem Pla­ne­ten Mars Le­ben exis­tier­te.
    Nein, nicht bloß der Lan­dungs­trupp – Kas­tor, McIn­ty­re, Reynolds und Mor­gan –, der die nörd­li­chen Aus­läu­fer des Hel­las­be­ckens er­kun­de­te, son­dern ein­ge­bo­re­nes, mar­sia­ni­sches Le­ben. Bis hin­auf zu und mit größ­ter Wahr­schein­lich­keit ein­schließ­lich ei­ner An­zahl von mit­ein­an­der ver­wand­ten Un­ter­ar­ten kom­ple­xer Spo­ren. Der Be­weis war er­bracht. Zwei Jahr­zehn­te lang hat­te ei­ne Ro­bot­son­de nach der an­de­ren, rus­si­sche wie ame­ri­ka­ni­sche, das Ma­te­ri­al ei­ner ver­mut­lich völ­lig ver­blüff­ten Be­völ­ke­rung auf der Er­de über­mit­telt.
    Es war wie mit der Er­mor­dung ei­nes be­rühm­ten po­li­ti­schen oder re­li­gi­ösen Füh­rers: Man ver­gaß nie, wie man es zum ers­ten Mal selbst er­lebt hat­te. Für Smith war es im letz­ten Jahr auf der Aka­de­mie ge­we­sen, wäh­rend ei­nes Phy­sik­se­mi­nars. Der Do­zent, ein ehe­ma­li­ger NA­SA-Tech­ni­ker, un­ter­brach sei­nen Vor­trag mit­ten im Satz, um eif­rig mit drei strah­len­den Kol­le­gen zu tu­scheln. „Mei­ne Her­ren, mei­ne Her­ren“, sag­te er schließ­lich, der Klas­se wie­der zu­ge­wandt (und sei­ne Hän­de zit­ter­ten wahr­haf­tig; Smith sah jetzt noch vor sei­nem in­ne­ren Au­ge, wie sie ge­zit­tert hat­ten), „so­eben er­fah­re ich, daß man in Pa­sa­de­na an­schei­nend Hin­wei­se emp­fan­gen hat, die dar­auf schlie­ßen las­sen, daß auf dem Mars mög­li­cher­wei­se Le­ben exis­tie­ren könn­te.“
    Angst. Er er­in­ner­te sich an das auf­wal­len­de Ge­fühl wie an einen bit­te­ren Ge­schmack auf der Zun­ge. Angst kroch an sei­nem Rücken hoch, den er straff und fest ge­gen die stei­fe Leh­ne sei­nes Stuh­les preß­te.
    Wir sind nicht al­lein. Grü­ne Männ­chen. Flie­gen­de Un­ter­tas­sen.
    Glit­schi­ge Ech­se­nun­ge­heu­er … Ob sie uns be­ob­ach­ten? Bei­na­he ver­le­gen muß­te Smith jetzt grin­sen, als er dar­an dach­te, wie ganz au­to­ma­tisch die al­ten Kli­schees auf ihn ein­ge­stürzt wa­ren. Trotz der sorg­fäl­tig for­mu­lier­ten Zu­rück­hal­tung des Do­zen­ten hat­te sei­ne See­le ängst­lich ge­bebt.
    Die Schlag­zei­len der Abend­zei­tun­gen hat­ten es oh­ne ir­gend­ein an­schei­nend, mög­li­cher­wei­se oder könn­te ganz un­um­wun­den her­aus­ge­schri­en:
    L EBEN AUF DEM M ARS !
    Und ob­wohl Smith in­zwi­schen wuß­te, daß die­ses „Le­ben“ nichts Schreck­li­che­res be­deu­te­te als das Vor­han­den­sein von or­ga­ni­schen Stof­fen im Mars­bo­den, schlos­sen sich die ei­si­gen Fin­ger wie­der um sei­ne Wir­bel­säu­le.
    Le­ben auf dem Mars. Ganz un­ver­mit­telt sprach Smith die­sen Satz laut in die gruft­ähn­li­che Stil­le des Kom­man­doraums im Or­bit des Mars: vier schlich­te klei­ne Wör­ter. Wenn man an die Stel­le des letz­ten Wor­tes ein be­lie­bi­ges an­de­res Sub­stan­tiv setz­te, war das Er­geb­nis ba­nal bis al­bern. Smith pro­bier­te ein paar Bei­spie­le: „Le­ben auf der Er­de … Le­ben in Ti­bet … Le­ben auf dem Knei­pen­bo­den …“
    „Le­ben auf dem Mars“, wie­der­hol­te Paul Smith. Ein großer Kra­ter zog am Fens­ter vor­bei, und die kreis­för­mi­ge Berg­hän­ge wirk­ten wie die Käm­me auf dem Rücken ei­ner Horn­krö­te. Si­cher gab es Le­ben dort un­ten, aber die al­te Angst war längst er­lo­schen. Selbst die fort­ge­setz­ten Be­rich­te des Lan­dungs­trupps in Hel­las über neue und be­mer­kens­wer­te Le­bens­for­men be­rühr­ten Smith nicht mehr be­son­ders tief. Der mensch­li­che Geist, so fand er, be­saß ein er­staun­li­ches Ta­lent, über­aus phan­tas­ti­sche Wahr­hei­ten in be­mer­kens­wert kur­z­er Zeit in ba­na­le Tat­sa­chen zu ver­wan­deln.
    Bei dem Ge­dan­ken an Zeit fiel ihm ein, daß er sich jetzt wohl bes­ser be­reit­mach­te. Smith hing zu­sam­men­ge­krümmt in der Ecke des Kom­man­dorau­mes, die dem Fens­ter am nächs­ten lag, so daß er auf die vor­über­zie­hen­de Mar­so­ber­flä­che
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