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Der sterbende Stern

Der sterbende Stern

Titel: Der sterbende Stern
Autoren: Leigh Brackett
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unveränderlich gehalten werden, wurden offenbar vor langer Zeit von den herrschenden Mächten eingesetzt, und zwar als eine Art oberste Wohltäter. Die großen Wanderungen begannen, die nördlichen Zivilisationen lösten sich auf, als die Menschen vor der vorrückenden Kälte zurückwichen, und es gab sicherlich eine chaotische Zeit, in der die verschiedenen Gruppen um neues Land kämpften. Als später die Lage etwas stabiler wurde, hatten die Schutzherren die Aufgabe, die Schwächeren davor zu bewahren, von den Stärkeren allzu sehr bedrängt zu werden. Sie hielten sich an ein einfaches Gesetz: den Schwachen zu helfen, die Hungernden zu ernähren, den Heimatlosen Obdach zu gewähren, so vielen wie möglich das bestmögliche zu verschaffen.
    Es sieht so aus, als sei im Lauf der Jahrhunderte dieses Gesetz über die ursprüngliche Absicht hinaus erweitert worden. Die Wanderer und viele kleinere unproduktive Splittergruppen dieser völlig zersplitterten Kultur sind jetzt in der Überzahl, was zur Folge hat, daß die Stabträger etwa ein Drittel der Bevölkerung im Namen der Schutzherren wie Sklaven halten, um den Rest am Leben zu erhalten.
    Als die Stabträger erfuhren, daß die Irnanier auswandern wollen, ergriffen sie sofort drastische Maßnahmen, um das zu verhindern. Wenn Irnan mit der Auswanderung Erfolg hätte, würden andere Gemeinschaften sicher folgen, und die Stabträger und ihre Schützlinge kämen in eine unangenehme Lage. Ashtons Verschwinden und die gewaltsame Schließung des Konsulats erschreckten uns, konnten uns aber nicht überraschen.«
    Stark wollte jetzt Gelmar ausfindig machen und ihn am liebsten langsam in Stücke reißen, bis er ihm sagte, was er mit Ashton gemacht hatte. Das war wegen der Wanderer, des ergebenen und allzeit bereiten Mobs nicht möglich. Er legte sich also selbst als Köder aus.
    Zwei Tage lang ging er durch die Straßen, setzte sich in die Schenken und unterhielt sich mit allen, die bereit waren, ihm zuzuhören, stellte Fragen und ließ gelegentlich den Namen Irnan fallen.
    Am Abend des zweiten Tages wurde der Köder aufgenommen.
     

 
2.
     
    Er befand sich auf dem Hauptmarkt von Skeg und sah einer Gruppe von Gauklern zu, als sich jemand warm atmend an ihn drängte.
    Er sah hinab. Ein Mädchen, eine Wanderin, ganz nackt, den Leib mit bunten Streifen und Spiralen bemalt. Das lange Haar hing wie ein Mantel über die Schultern hinab. Sie blickte zu Stark auf und lächelte.
    »Ich heiße Baya«, sagte sie. Das hieß Anmut, und der Name paßte. »Komm mit!«
    »Tut mir leid, ich bin nicht auf Abenteuer aus.«
    Sie lächelte weiter. »Es ist auch später noch Zeit für die Liebe, wenn du willst. Oder auch nicht, wie du möchtest. Ich kann dir etwas über diesen Mann Ashton sagen, der der Straße nach Irnan gefolgt ist.«
    Er sagte rasch: »Was weißt du darüber?«
    »Ich gehöre zu den Wanderern. Wir wissen manches.«
    »Na schön. Erzähle mir von Ashton.«
    »Nicht hier. Zu viele Augen und Ohren, und über ihn darf man nicht reden.«
    »Warum willst du dann reden?«
    Ihre Augen und der warme Mund sagten ihm den Grund. »Außerdem halte ich nichts von Vorschriften. Kennst du die alte Festung? Geh jetzt dorthin. Ich komme nach.«
    Stark zögerte, sah sie argwöhnisch an.
    Sie gähnte und sagte: »Die Entscheidung liegt bei dir.«
    Sie verschwand in der Menge. Stark blieb einen Augenblick stehen, ging dann langsam eine Straße zum Fluß hinunter. Früher hatte eine Brücke den Fluß überquert; heute gab es nur noch eine Furt. Ein Mann in einem gelben Gewand watete durch das Wasser, und ein halbes Dutzend Männer und Frauen, die sich an den Händen gefaßt hielten, folgten ihm. Stark ging über das geborstene Pflaster einer Uferstraße.
    Vor ihm lag die Festung, und gegen die niedrigen Felsen schlug sanft das Meer. Der rötliche Stern ging wieder in einem Farbenrausch unter. Das Wasser glänzte, und in der Ferne heulten seltsame Stimmen, die Stark einen kalten Schauer über den Rücken jagten. Der Konsul hatte pflichtbewußt niedergeschrieben, was er über die Kinder des mütterlichen Meeres gehört hatte, aber er hatte es offensichtlich nicht geglaubt.
    Selbst ein dummes Tier hätte gespürt, daß es in eine Falle lief, und Stark war nicht dumm. Neben ihm ragten die alten Mauern der Festung in die Höhe. Er konnte nichts hören, nichts sehen, was nach Gefahr aussah, und doch richteten sich seine Nackenhaare auf. Er lehnte sich an die Steine und sog die scharfe, feuchte Luft
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