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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe
Autoren: Arto Paasilinna
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knüpften wir mit Seilen zu einer Karawane zu­ sammen, sie liefen hinter unserem Panzer her, während wir über das Eis in Richtung Syväri fuhren. Wir muss-ten uns höllisch beeilen, denn der Feind verfolgte uns. Die Pferde gingen durch, sie hatten Angst vor dem Pan­ zergeräusch, dem Rasseln der Ketten, den Abgasen und der Schießerei. Aber unser Geschützführer kletterte aufs Dach und fütterte die vordersten Pferde mit unserem finnischen Armeeknäckebrot, und es ist ja bekannt, dass die mageren Gäule der Russen ganz wild darauf waren. So kriegten wir sie dazu, weiter hinter uns über den Ladoga zu laufen.«
    Seppo Sorjonen lauschte fasziniert der unterhaltsa­ men und spannenden Geschichte des alten Haudegen über seine winterliche Patrouillenfahrt, deren Ende nicht minder ereignisreich und gefährlich war:
    »Während der Fahrt öffnete ich eine Luke und sah, dass zwei Stormovik über uns durch die Wolken donner-ten, sie warfen Bomben aufs Eis, und mir spritzte Was­ ser in die Augen. Es kostete uns Mühe, die Pferde zu
    halten, aber wir fuhren einfach weiter. Wir versuchten, das Ufer zu erreichen, aber vor uns war durch Granat­ einschlag eine Spalte im Eis entstanden, und da rutsch­ te unser Wagen hinein. Zum Glück war die Stelle so flach, dass der Turm und das Kanonenrohr rausguck­ ten. Wir sprangen aufs Eis und beruhigten erst mal die Pferde, wir redeten leise auf Russisch auf sie ein. Die Flugzeuge setzten uns noch eine Weile zu und zogen dann ab, weil ihnen der Treibstoff ausging und wir sie außerdem mit dem Schnellfeuergewehr beschossen. Die Vickers hatte gleich neben der Kanone ein Schnellfeuer­ gewehr, das war in dieser Situation sehr hilfreich.
    Es war keine Zeit für eine Zigarettenpause, auch wenn uns der Sinn danach stand. Wir wollten schon den Panzer im Ladoga lassen, aber der Geschützführer und ich besannen uns auf die Pferde, wir hatten die Idee, sie mit Ketten anzuspannen und so zu versuchen, den Panzer aus dem Eisloch zu ziehen. Ich riss aus dem Seitenbehälter hundert Meter Kette heraus, und daraus machten wir für die Pferde ein provisorisches Kummet. Das Anspannen war allerdings harte Arbeit, weil die Pferde partout nicht die eisigen Kettenschlingen um die Brust haben wollten, aber als wir ihnen gut zuredeten und Brot zu fressen gaben, gelang es uns endlich. Wir benötigten dafür mehr als eine Stunde, und ständig mussten wir fürchten, dass die Flugzeuge zurückkom­ men und uns bombardieren würden. Wir beteten alle, es möge sich eintrüben und dicker Nebel bilden, aber die Sonne schien weiter, und zum Schluss kamen dann auch die Flugzeuge zurück. Inzwischen hatten wir aber die Pferde schon angespannt und damit begonnen, den Panzer aus dem Wasser zu ziehen.
    In der Nähe war eine Insel, dort rissen wir einen alten Bootssteg ab, aus dem wir Klötze gewinnen konnten, um sie als Unterlage unter die Ketten zu legen. Wir waren gezwungen, die Pferde ein bisschen anzubrüllen, damit sie richtig anzogen, außerdem mussten wir uns wegen der Flugzeuge beeilen. Stück für Stück kam der Wagen hoch, einmal rutschte er wieder zurück, aber als wir die Pferde antrieben, gaben sie ihr Bestes, und schließlich hatten wir das Ding auf dem Eis. Wir versuchten, den Motor zu starten, aber der war inzwischen eingefroren, und so blieb uns nichts anderes übrig, als die Ketten abzumachen und den Panzer von den Pferden ans Ufer ziehen zu lassen. Dort kam uns eine finnische Patrouille entgegen. Unsere Leute hatten auf dem See großen Lärm gehört und wollten nachsehen, ob wir zurückkämen. Wir erreichten den Schutz des Waldes, und als die Feindflugzeuge unverrichteter Dinge abgezogen waren, entzündeten wir ein anständiges Lagerfeuer. Die Pferde wurden als Kriegsbeute fortgeschafft. Sergeant Roponen, der Fahrer, und ich blieben noch für eine Nacht zurück, um die Maschine in Gang zu bringen, und noch vor dem Morgengrauen lief der Motor tatsächlich wieder. Über dem Feuer briet ein Birkhuhn, und als wir das verzehrt hatten, machten wir uns aus dem Weizenmehl der Rus­ sen Plinsen zum Nachtisch. Wir zerließen Speck auf dem Boden des Topfes, und den Teig rührten wir in einer Geschosshülse an, das ging ganz gut.
    Während wir den Nachtisch aßen, sah ich Tränen in Sergeant Roponens Augen. Als ich ihn fragte, warum er so traurig sei, sagte er, dass er bei den Plinsen an seine Mutter und an sein Elternhaus in Kerimäki denken müsse. Er hatte Urlaub beantragt und hoffte, dass er vor der
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